„Wir impfen, was das Zeug hält”Kölner Praxen sind wegen Booster-Impfungen am Limit

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Ein Hausarzt in Köln bei einer Corona-Impfung.

Köln – Corona-Impfungen und kein Ende. Seit gut einem halben Jahr impfen die Haus- und Fachärzte so viel sie können, aber an eine Verschnaufpause ist nicht zu denken. Denn mitten im Herbst und mitten in der vierten Pandemie-Welle wollen immer mehr Kölner ihre Immunisierung durch eine Booster-Impfung auffrischen. Auch Hausarzt Tim Kümmerle, der eine Praxis am Ebertplatz betreibt, sieht sich einem zunehmenden Ansturm der Patienten ausgesetzt. Seine Praxis platze aus allen Nähten. „Wir sind zu 140 Prozent ausgebucht.“

Damit er so viel wie möglich impfen kann, hat Kümmerle seine Praxis auch am Samstag geöffnet. „Bislang bekommen wir noch alle Patienten unter“, sagt er. Für Patienten, die aber nicht zu seinen Stammkunden gehören, sei schon jetzt kein Platz mehr. „Es gibt Menschen, die schreiben uns bereits verzweifelte E-Mails.“ Die Sprechstunden seien morgens schnell ausgebucht, auch weil derzeit zahlreiche Patienten mit Erkältungskrankheiten in seine Praxis kämen.

Mitarbeiter am Limit

Ähnlich ist die Lage bei Hausarzt Micheal Paetzold, der eine Praxis in Kalk betreibt. „Wir impfen, was das Zeug hält. Unser Telefon steht nicht mehr still“, sagt er. 90 Patienten pro Woche würden in seiner Praxis eine Impfung erhalten. Damit das klappt, impft Paetzold, der auch für die SPD im Stadtrat sitzt, zusätzlich am Dienstagnachmittag und freitags nach der regulären Sprechstunde. Dennoch müssen Patienten mit mehreren Wochen Wartezeit rechnen. Mehr könne sein Team aber nicht stemmen. „Meine Mitarbeiter sind am Anschlag.“

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„Die Praxen haben das ganze Jahr über am Limit gearbeitet“, sagt auch der Vorsitzende des Hausärzteverbands Nordrhein, Oliver Funken. Das nun nur noch jeder dritte Hausarzt impfe, sei nicht verwunderlich: „Wir können einfach nicht mehr.“ Hinzu komme, dass auch das Personal ausgelaugt sei und teilweise abspringe. Neue Kollegen zu finden sei, auch wegen der schlechten Bezahlung, überaus schwierig. „Der Markt ist wie leergefegt.“

Funken hält daher die Hausärzte mit den Booster-Impfungen für überfordert. „Die Praxen können das nicht stemmen.“ Stattdessen müsse die Stadt wieder Impfangebote machen. Das Impfzentrum müsse aber nicht öffnen, besser wäre es, den Menschen dezentrale Angebote zu machen. Impfungen sollten niederschwellig etwa in Kirchengemeinden, Kitas oder Schulen angeboten werden.

Bürokratie erschwert Arbeit

„Man muss darüber nachdenken, ob das Impfzentrum nicht wieder geöffnet werden kann“, sagt dagegen Mediziner Paetzold. Dezentrale Lösungen seien zwar für ältere Menschen gut. Allerdings sei der logistische Aufwand hoch, wenn etwa in Bürgerzentren nur an manchen Tagen geimpft werde. Man müsse schließlich die Logistik auf- und wieder abbauen. Mobile Impfteams wie sie am kommenden Montag und Dienstag in Kalk unterwegs seien, seien freilich eine gute Ergänzung zum Angebot der Haus- und Fachärzte. Helfen würde es auch, wenn die Bürokratie verringert würde. Der Impfvorgang selbst sei schnell erledigt, die Dokumentation sei aber umfangreich.

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