„Locker vom Hocker“Yasmin H. ätzt mit Ironie gegen Richter im Rizin-Bomber-Prozess

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Die Angeklagte Yasmin H. beim Prozess in Düsseldorf.

Köln – Wenn Yasmin H. am Donnerstag vor dem Staatsschutzsenat des Düsseldorfer Oberlandesgerichts sagte, sie sei eine „IS-Terroristin und ein Vollprofi mit Sonderrechten und hoher Stellung“ in der Terrororganisation Islamischer Staat (IS), war das ironisch gemeint. Auch an anderen Stellen ihrer langen Einlassung, die sie schriftlich vorbereitet hat und an mehreren Verhandlungstagen vorliest, bediente sie sich des Mittels der Ironie, um gegen die Überzeugung der Richter zu ätzen, sie habe zusammen mit ihrem Mann Sief Allah H. der im März zu zehn Jahren Haft verurteilt worden ist, in Chorweiler einen islamistisch motivierten Anschlag mit einer Splitterbombe vorbereitet und dabei den hochgiftigen Biokampfstoff Rizin einsetzen wollen.

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Den „Brüdern“ vom IS würde „die Spucke wegbleiben“, wenn sie „von meinen geheimen IS-Spezialtechniken hören“ würden, sagte die 44-Jährige. Wie man eine Bombe baut und sie mit Rizin präpariert, habe sie ohne jegliches „Training“ gelernt, „wie im Schlaf“. Sie sei eine ausgebuffte Attentäterin, die es verstehe, keine Spuren zu hinterlassen, beherrsche das Terrorhandwerk „locker vom Hocker“ und müsse hinzufügen: „Meinen Kampfnamen darf ich hier leider nicht öffentlich bekanntgeben.“

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Yasmin H. erzählt von Streitigkeiten mit ihrem Mann Sief Allah H.

Hinter all der Ironie steckt bitterer Ernst. Yasmin H., die seit 21 Monaten in Untersuchungshaft sitzt, wehrt sich wortreich gegen den Hauptvorwurf der Anklage, mit ihrem 31-jährigen Mann ein Attentat geplant zu haben, um möglichst viele „Ungläubige“ umzubringen. Eines ihrer gewichtigsten Argumente gegen die Annahme eines gemeinschaftlichen Vorgehens ist, ihre Ehe sei zerrüttet gewesen, eine „regelrechte Achterbahnfahrt. Wenige Tage lief es gut, dann gab es wieder Streit, manchmal tagelang“. 

Wie hätten sie und ihr Mann sich unter diesen Umständen kontinuierlich absprechen, nach und nach das Material beschaffen, zu einer Bombe zusammenbauen und aus mehr als 3000 Rizinussamen Gift extrahieren und zu einer Paste verarbeiten sollen? Das hätte Eintracht vorausgesetzt. In Wirklichkeit habe Sief Allah H. sein Vorhaben verfolgt, ohne sie einzuweihen, wiederholte die Angeklagte; das zeigten zum Beispiel sichergestellte Verläufe von konspirativen Chats mit mutmaßlichen „IS-Brüdern“, in denen er immer nur von „ich“ gesprochen und niemals sie, seine Frau, als Komplizin erwähnt habe.

Yasmin H. war zum Tatzeitpunkt schwanger

Als weiteres Argument gegen ihre Mittäterschaft führte Yasmin H. an, dass sie im Tatzeitraum, von dem die Anklage ausgeht, in anderen Umständen war. Warum hätte der IS gerade ihr, einer schwangeren Frau und Mutter mehrerer Kinder, den „Auftrag“ erteilen sollen, einen Anschlag zu verüben? Kurzum: „Ich habe aus meiner Küche keine Sprengstoffwerkstatt und kein Chemielabor gemacht.“

Überdies erhob sie Vorwürfe gegen das Bundeskriminalamt. Als sie im Juni 2018 – damals noch als Zeugin – zwei Mal vernommen wurde und im Juli – nun als Beschuldigte – ein weiteres Mal, hätten es die Beamten versäumt, ihre Kleidung auf Giftstoffe und Rückstände von Sprengstoffpulver zu untersuchen, obwohl dies nahegelegen habe. „Einfache Tests hätten mich frühzeitig entlasten können“, ist die Angeklagte überzeugt. Am Freitag kommender Woche setzt sie ihre Einlassung, die den anderen Prozessbeteiligten viel Geduld abfordert, fort.  

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