Verantwortlich für Gürzenich-Orchester und OperReker stellt neuen Generalmusikdirektor der Stadt vor

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André Orozco-Estrada ist der Neue in Köln.

André Orozco-Estrada ist der Neue in Köln.

Andrés Orozco-Estrada wird 2025/26 neuer Kölner Generalmusikdirektor. Er wird damit der Nachfolger von François-Xavier Roth.

„Tja, man sieht sich halt immer zweimal im Leben.“ Locker-amüsiert, in leicht wienerischem Tonfall reagiert Andrés Orozco-Estrada auf den Hinweis, dass er vor zehn Jahren schon einmal als Kölner Generalmusikdirektor  im Gespräch war. Damals habe es halt noch nicht so richtig gepasst, zumal wegen der seinerzeit ungeklärten Zukunft der Oper.

Dieses Hindernis ist jetzt (hoffentlich) ausgeräumt, von der Spielzeit 2025/26 an wird der gebürtige Kolumbianer des Jahrgangs 1977 als Nachfolger von François-Xavier Roth die musikalische Verantwortung für Gürzenich-Orchester und Oper tragen. Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Kulturdezernent Stefan Charles gaben die Personalentscheidung, damit dem Votum einer hochkarätig besetzten Findungskommission folgend, in Anwesenheit des „Neuen“ am Donnerstag im Rathaus bekannt.

Gürzenich-Orchester soll Entwicklung zu einem der herausragenden deutschen Orchestern fortführen

Orozco-Estrada ist als Dirigent beim Gürzenich-Orchester tatsächlich seit vielen Jahren gut eingeführt und kommt auch in der kommenden Spielzeit wieder. Noch im November leitete er ein Abo-Konzert in der Philharmonie mit Werken von Weber, Bruch und Strauss, das der „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit dieser Kritik bedachte: „Überhaupt führte Orozco-Estrada eindrucksvoll vor, dass man die frühe, die mittlere und die späte Romantik so servieren kann, dass es an allen Ecken und Enden brennt und lodert, dabei die Konturen scharf bleiben und sich nirgendwo mystischer Nebel verbreitet.“

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„Mit Andrés Orozco-Estrada gewinnt“, führte Reker in diesem Sinne während der Vorstellung aus, „die Stadt Köln einen außergewöhnlichen, innovativen Musiker und Kommunikator, der durch Energie, Eleganz und Esprit besticht.“ Charles ergänzte: „Mit seiner musikalischen Integrität und Authentizität, seinem breiten Repertoire von der Klassik bis zur Gegenwart und seiner spürbaren künstlerischen Leidenschaft wird er die von seinen Vorgängern eingeleitete Entwicklung zu einem der herausragenden deutschen Orchester fortführen und die internationale Ausstrahlung der Kulturmetropole Kölns weiter stärken.“

Orozco-Estrada zeigt sich der Stadt Köln dankbar

Opernintendant Hein Mulders, Orozco-Estradas künftiger Spannmann, war gleichfalls des Lobes voll: „Auf die Zusammenarbeit und ein Wiedersehen mit ihm freue ich mich sehr, weil ich ihn in meiner letzten Tätigkeit als Konzerthausintendant als ausgewiesenen Dirigenten für Vokalmusik und feingefühligen Musiker mit viel Sensibilität für Details kennenlernen durfte.“ Mit seinen „authentischen, reflektierten und zugleich emotionalen Interpretationen der Meisterwerke des symphonischen Repertoires“ inspiriere er Publikum und Musiker, gab Stefan Englert, Geschäftsführender Direktor des Gürzenich-Orchester zu Protokoll.

„Ich bin“, bedankte sich der künftige GMD für die Lorbeerkränze, „der Stadt Köln dankbar für das Vertrauen und widme mich mit vollem Engagement und mit Leidenschaft dieser großartigen Aufgabe.“ Er wolle „alle Kölnerinnen und Kölner mit Musik und für die Musik begeistern und die Musikstadt Köln international repräsentieren und präsentieren“.

Der kolumbianische Dirigent war unter anderen Chefdirigent des hr-Sinfonieorchesters

Orozco-Estrada erhielt in seiner Heimat schon als Kind und Jugendlicher Geigen- und Dirigierunterricht und kam 1997 zum Musikstudium nach Wien (wo er heute lebt), das er 2003 mit Auszeichnung abschloss. Nach einem Einspringer mit Bruckner und Strauss beim Tonkünstler-Orchester Niederösterreich als „Wunder von Wien“ gefeiert, startete er schnell eine internationale Karriere, mit Chefdirigentenposten in Graz, im texanischen Houston, beim hr-Sinfonieorchester in Frankfurt und bei den Wiener Symphonikern.

Derzeit ist er „frei“ und dirigiert als Gast regelmäßig führende europäische und amerikanische Orchester, darunter die Wiener und Berliner Philharmoniker. Als Operndirigent war er an der Berliner und Wiener Staatsoper sowie bei den Salzburger Festspielen zu erleben.

Orozco-Estrada will mit klassischer Musik in die Breite der Gesellschaft wirken

Ein Schwerpunkt in Orozco-Estradas Repertoire ist die deutsch-österreichische Klassik und Romantik. Dass das Gürzenich-Orchester mit seiner einschlägigen Uraufführungs-Tradition (Brahms, Mahler, Strauss) der eigenen Orientierung zupass kommt, war für den Kolumbianer, wie er am Donnerstag ausführte, ein wichtiger Aspekt bei seiner Köln-Entscheidung.

Hinzu kommt die intensive Befassung mit den Zeitgenossen, mit aktueller Musik aus Österreich, Spanien und Südamerika. Apropos Südamerika. Bekommt das Kölner Publikum jetzt mehr „Fiesta“ mit Villa Lobos, Ginastera und Piazzolla zu hören? Vielleicht, antwortet Orozco-Estrada, „aber entscheidend für mich ist immer die Werkqualität, nicht die geografisch-kulturelle Herkunft.“ Unbedingt fortsetzen will er die Kölner Initiativen, mit klassischer Musik in die Breite der Gesellschaft zu wirken, sie besonders Kindern nahezubringen.

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