Brainpool-Mitarbeiter über Stefan Raab„Eigentlich nimmt niemand Stefan Raab seine Entscheidung übel“

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Stefan Raab kehrt der TV-Branche den Rücken.

Stefan Raab kehrt der TV-Branche den Rücken.

Köln – Fast scheint es ein ganz normaler Tag auf der Schanzenstraße zu sein. Mitarbeiter der ansässigen Firmen lehnen rauchend an den Backsteinfassaden, tippen auf ihren Smartphones, holen sich in einer der umliegenden Imbissbuden ihr Mittagessen. Für die Belegschaft der Kölner TV-Produktionsfirma Brainpool in Köln-Mülheim ist dieser Mittwoch jedoch alles andere als normal. 80 von insgesamt 230 Mitarbeitern werden betriebsbedingt ihren Job verlieren.

Informiert wurde die Belegschaft bei einer Mitarbeiterversammlung am Dienstag, die Kündigungen werden zum Jahresende wirksam. Grund sei der Wegfall der Stefan-Raab-Produktionen im Jahr 2016, erklärt Brainpool-Sprecherin Katja Plüm. Nach 22 Jahren hatte der Moderator und Entertainer vergangene Woche seinen TV-Ausstieg für Ende des Jahres angekündigt. Betroffen ist davon nun auch rund ein Drittel der Brainpool-Belegschaft, darunter laut Branchendienst DWDL alle direkt an der Produktion von „TV total“ beteiligten Mitarbeiter. Hinzu kommt eine Vielzahl weiterer Beschäftigter, die für andere Raab-Formate tätig waren.

„Er hat es sich nicht einfach gemacht“

„Natürlich war das ein Schock für uns alle“, sagt ein langjähriger Mitarbeiter von Brainpool, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte. Allen wäre es ohne Frage lieber gewesen, Stefan Raab hätte noch ein paar Jahre weitergemacht. Seine Entscheidung habe der TV-Star den Mitarbeitern persönlich mitgeteilt. „Da war schon zu sehen, dass er es sich nicht einfach gemacht hat“, so der Brainpool-Mitarbeiter. Er selbst könne gut verstehen, dass Stefan Raab nach so langer Zeit offenbar genug von der Show-Bühne habe. „Das gilt auch für das Gros meiner Kollegen, seine Entscheidung nimmt ihm eigentlich niemand richtig übel.“

Obwohl bei den Kündigungen einige Härtefälle dabei seien. Familienväter etwa oder ältere Kollegen, die es auf dem Arbeitsmarkt nicht leicht haben dürften. Allerdings hätten die Mitarbeiter auch lange Jahre vom Erfolgsmodell des Entertainers profitiert, durch langfristige Verträge beispielsweise. „Das findet man in unserer Branche ja sonst eher selten.“

Brainpool schweigt zu Zukunftsplänen

Ob Raab-Formate beim Sender Pro Sieben fortgesetzt werden und wie es nun weitergeht, das ist unklar. Die Produktionsfirma jedenfalls will sich derzeit nicht zu ihren Zukunftsplänen äußern.

Beim Geschäftspartner Lanxess-Arena sorgt das aber nicht für Nervosität. Geschäftsführer Stefan Löcher geht davon aus, dass Brainpool auch weiterhin attraktive Events aus dem Hut zaubern wird. „Da mache ich mir keine großen Sorgen.“ In der Arena hatte Stefan Raab regelmäßig große Veranstaltungen wie die Autoball-WM oder seinen Boxkampf gegen Regina Halmich stattfinden lassen. „Brainpool ist kreativ genug, um sich neue Publikumsmagneten einfallen zu lassen“, glaubt Löcher. Außerdem seien ja nicht alle Formate an die Person Stefan Raab gebunden.

Die Brainpool TV GmbH wurde 1994 gegründet und hat ihren Sitz seit 2002 an der Schanzenstraße in Mülheim. In ihren Studios produziert sie unter anderem für Pro Sieben die Raab-Sendungen „TV Total“ und „Schlag den Raab“. Noch beschäftigt das Produktionsunternehmen 230 Mitarbeiter. Gut 90 Millionen Euro Umsatz erzielte die Brainpool-Gruppe im Jahr 2013, unter dem Strich standen 5,5 Millionen Euro Gewinn. (cmi)

Andreas Kossiski sieht das anders. Es sei erschreckend, dass bei Brainpool das Geschäftsmodell und damit der Unternehmenserfolg offenbar komplett von einer Person abhängig sei, sagte der SPD-Landtagsabgeordnete und DGB-Chef der Region Köln-Bonn. „Das ist für mich nicht nachvollziehbar.“

Dass sich die Entscheidung eines Einzelnen so fatal auf das Schicksal von 80 Mitarbeitern auswirke, sei für ihn ganz klar auch „eine Fehlleistung der Geschäftsführung“. Nach der Mitarbeiterversammlung hatte Kossiski mit Betroffenen gesprochen. „Die waren in Schockstarre“, berichtet er. „Von heute auf morgen wurde vielen erfahrenen, gut ausgebildeten Mitarbeitern ihre Lebensgrundlage entzogen.“

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