Gastbeitrag„Selbst in Kriegszeiten kamen wir für Kultur zusammen“

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Francois Xavier Roth

François-Xavier Roth

  • François-Xavier Roth, Generalmusikdirektor der Stadt Köln und Gürzenich-Kapellmeister, über Hoffnung während der Krise. Ein Gastbeitrag.

Köln – Hoffnung ist wie Musik. Sie ist flüchtig und existiert nur im Augenblick. Aber ein Leben ohne Hoffnung ist für mich so sinnlos und leer wie ein Leben ohne Musik. Nie war mir das so bewusst wie in der eigenartigen Zeit, die wir gerade gemeinsam durchleben.

Die Krise, in der wir uns befinden, hat als Gesundheitskrise begonnen und inzwischen längst alle Lebens- und Gesellschaftsbereiche ergriffen. Sie hat auch dazu geführt, dass wir Künstler und Künstlerinnen in den vergangenen Monaten unser Tun nicht mehr mit unserem Publikum teilen konnten. Eine für uns alle bislang unvorstellbare Situation. Selbst in Kriegszeiten haben sich die Menschen zum Musizieren und Musikhören getroffen.

Die Bedeutung der Musik für die Gesellschaft

Heute, da wir vermeiden wollen, unseren unsichtbaren Gegner durch Zusammenkünfte zu stärken, wird mir ganz besonders bewusst, welche Bedeutung Musik für unsere Gesellschaft hat. Meine Hoffnung ist, dass auch sie aus dieser Krise mit einem veränderten Bewusstsein hervorgehen wird – und einer noch engeren Beziehung zur Musik.

Hoffnung geben mir in dieser Situation auch die Erfahrungen, die ich in den vergangenen Monaten mit meinem Gürzenich-Orchester sammeln konnte. Wir haben neue Regeln lernen müssen, für das Zusammensein genauso wie für unsere Arbeit.

Dabei haben wir auch andere Seiten an uns kennengelernt: verborgene Unsicherheiten, aber auch ungeahnte Stärken. Wir haben nicht aufgehört zu musizieren, auch wenn uns dabei unser Publikum gefehlt hat. Nur selten, wenn wir im Freien vor Krankenhäusern oder Seniorenresidenzen gespielt haben, waren wir unseren Zuhörern physisch nahe. Stattdessen haben wir noch besser gelernt, für Kameras und Mikrofone zu spielen und das Internet als Brücke zu Ihnen zu nutzen.

Hoffen kann man auch alleine, jeder für sich. Aber die Hoffnung wächst, von je mehr Menschen sie geteilt wird. Hoffnung ist eine Tat. Ich kann es nicht erwarten, wieder für Sie zu musizieren.

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