Götz Alsmann wird 60 Jahre altDer Mann, der aus der Zeit gefallen ist

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In Münster fährt Götz Alsmann - wie es sich gehört - meist mit dem Rad.

In Münster fährt Götz Alsmann - wie es sich gehört - meist mit dem Rad.

Köln – Götz Alsmann sieht auch im Hörfunkstudio aus wie aus dem Ei gepellt: Anzug, Einstecktuch, Krawatte. Das kann man in dem WDR-Film "Götz Alsmann - Fast ein Selbstportrait" bewundern. Nur weil seine Hörer ihn nicht sehen können, wenn er im WDR Jazz- oder Unterhaltungsmusiksendungen moderiert, wird er nicht nachlässig. In Jeans und T-Shirt sieht man den Moderator und Musiker, der an diesem Mittwoch 60 Jahre alt wird, in der Öffentlichkeit nie. Dem Radio ist Alsmann schon seit Jahrzehnten treu, denn mehr braucht es nicht, um seiner großen Liebe, der Musik, den nötigen Raum zu geben. Er habe mit seiner Band schon häufig über die Frage diskutiert, ob sie lieber erblinden und ertauben würde, wenn sie sich entscheiden müssten. Götz Alsmann würde sich dafür entscheiden, sein Gehör zu behalten.

Alsmann als Jugendlicher

Alsmann als Jugendlicher

Musik, „Zimmer frei“ und die Haartolle

Drei Dinge fallen vermutlich den meisten ein, wenn sie an den Münsteraner denken: Musik, "Zimmer frei" und seine Haartolle. Die trägt er seit seiner Jugend, mag es aber nicht, darauf reduziert zu werden. Dabei ist sie ein äußerliches Zeichen dafür, dass sich Alsmann für längst vergangene Zeiten interessiert. Er sammelt etwa - neben vielen anderen Dingen wie Instrumenten und Schallplatten - Keramik aus den 50ern. Und er liebt die Musik jener Jahre, ob Rock'n'Roll, Jazz oder Schlager. Seine Eltern, ein Maurer und eine Näherin, förderten das Talent des Sohnes schon früh. Er lernte Klavierspielen, studierte Musik in seiner Heimatstadt Münster, in der er auch heute noch mit Frau und Sohn lebt, und promovierte über "Nichts als Krach: Die unabhängigen Schallplattenfirmen und die Entwicklung der amerikanischen populären Musik 1943-1963". Im Juli 2011 wurde Alsmann zum Honorarprofessor an der Westfälischen Wilhelms-Universität ernannt. Er lehrt dort die Geschichte der Popularmusik.

Rund 100 Konzerte gibt er im Jahr. Zuletzt nahm er eine musikalische Trilogie auf. In Paris spielte er mit seiner Band französische Chansons ein, in New York folgten amerikanische Evergreens aus den 30er bis 50er Jahren und zuletzt italienische Schlager in Ennio Morricones Studio in Rom - alles jeweils in deutscher Sprache.

Mit Christine Westermann

Mit Christine Westermann

Er sei pingelig, begrenzt kompromissfreudig und wäre deshalb ein katastrophaler Mitbewohner, hat er mal über sich gesagt. Und doch wurde die Suche nach einem solchen in seiner fiktiven "Zimmer frei!"-WG sein größter Erfolg im Fernsehen. 1996 als Programm fürs Sommerloch im WDR gestartet, wurde der anarchische Kindergeburtstag mit den verrückten Spielen schnell Kult und fand erst nach gut 20 Jahren ein Ende. Alsmann, der von sich sagt, schon als Kind immer den Drang verspürt zu haben, der Albernste in der Klasse zu sein, konnte dort neben der Journalistin Christine Westermann mit seiner Spontanität und Schlagfertigkeit punkten. Und mit seiner Musikalität. Jeder Gast musste zur Hausmusik mit ihm antreten. Zum Fernsehen war er Mitte der 80er eher durch Zufall gekommen, es begann mit "Roxy - Das Magazin für den jungen Erwachsenen" im WDR. Das lief allerdings parallel zur "Sportschau" und wurde deshalb kaum gesehen. Er moderierte die "Gong Show" bei RTL, "Avanti" bei Vox.

Seine Musikalität und sein Talent für Klamauk haben ihn bekannt gemacht. Es ist eine Mischung, die ihn auszeichnet. Und doch scheint sie ihn auch manchmal zu stören. Denn über die Clownereien geht manchmal unter, dass Alsmann die Musik stets sehr ernsthaft betreibt.

Er sei ein Perfektionist, immer nur zu zwei Dritteln zufrieden. Und er ist rastlos. Ist er zu lange auf Tour, will er nach Hause; ist er längere Zeit daheim, drängt es ihn auf die Bühne. So wird er wohl auch nach seinem 60. Geburtstag noch lange weitermachen.

Zur Person

Götz Alsmann wurde am 12. Juli 1957 in Münster geboren und studierte in seiner Heimatstadt Germanistik, Publizistik und Musikwissenschaft. Neben seiner Tätigkeit als Musiker ist er seit Mitte der 80er Jahre auch im Radio und Fernsehen tätig. Alsmann wurde mit dem Grimme-Preis für die WDR-Sendung "Zimmer frei!" ausgezeichnet und gewann zweimal den deutschen Musikpreis Echo in der Kategorie "Jazz". Seine neue CD "Götz Alsmann ... in Rom" erscheint am 15. September.

Der WDR hat ihm einen einstündigen Film zum Geburtstag geschenkt. "Götz Alsmann - Fast ein Selbstportrait" ist in der Mediathek des WDR abrufbar.

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