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Keyboarder Ray ManzarekDas Feuer brannte bis zuletzt

Lesezeit 3 Minuten

Der „The Doors“-Mitgründer und Keyborder Ray Manzarek ist nach einem langen Kampf gegen den Krebs in Deutschland gestorben.

Los Angeles – Es war am Ende eines Interviews in Brüssel im Sommer 2004. Ray Manzarek, der Orgelspieler, und Robby Krieger, der Gitarrist der Doors, philosophierten darüber, wer wohl im Leben das bessere Los gezogen hat. War es Jim Morrison, der tote Sänger, oder waren es sie selbst, die Instrumentalisten, die immer noch topfit auf der Bühne standen und die Doors-Nostalgie fleißig befeuerten? Nach einer längeren Pause gab Krieger diese spekulative Antwort: „Wer weiß? Vielleicht ist Jim der Glückliche, und hat da, wo er jetzt ist, viel mehr Spaß als wir.“

Nun hat Ray Manzarek Gelegenheit, sich mit Morrison über die Letzten Dinge auszutauschen. Der Musiker erlag am Montag in einer Klinik im bayerischen Rosenheim einem Krebsleiden, im Alter von 74 Jahren. Auf der Facebook-Seite der Band wurde die traurige Nachricht verbreitet. Seine Frau Dorothy und zwei Brüder seien an Rays Seite gewesen, hieß es weiter.

„Light My Fire“: Nach dem größten Song der Doors nannte Manzarek seine 1998 veröffentlichten Memoiren, und bis zuletzt brannte das Feuer, auch wenn die Konzerthallen kleiner wurden und die Ersatzsänger auf der Jim-Morrison-Position seltsamer. Wenn Manzarek Doors-Klassiker wie „Riders On The Storm“ und „Break On Through“ orgelte, dabei wie immer mit der linken Hand die Parts des Bassisten mitspielte, verausgabte sich der Sohn polnischer Einwanderer bis zur Erschöpfung. Den letzten Song, „Soul Kitchen“, spielte er artistisch mit der Schuhspitze. Abseits der Bühne war Manzarek ein charmant-ironischer, abgeklärter Zeitgenosse. „Wer öfter als zehnmal hingeht, muss zum Psychiater“, sagte er über den Fan-Tourismus zum Grab des Sängers auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise. Dabei wusste Manzarek ganz genau, wie sehr die Legendenbildung um Jim Morrison den Doors-Kult profitabel am Leben hielt. Immer noch werden pro Jahr weltweit eine Million CDs der Band verkauft. Zuletzt befeuerte 2010 der Dokumentarfilm „When You’re Strange“ einen bescheidenen Boom.

Nach seinen Collegejahren in Chicago war Manzarek 1960 nach Los Angeles übersiedelt, wo er fünf Jahre später mit einem anderen erfolglosen Filmstudenten der UCLA, Jim Morrison – einer Zufallsbekanntschaft vom Venice Beach – die Doors gründete. Robby Krieger, der gelernte Flamenco-Gitarrist, und John Densmore, der Drummer mit Jazz-Vergangenheit, komplettierten die Band – Manzarek hatte sie bei einem Meditationskurs kennengelernt.

Neben spiritueller Versenkung waren die Doors, allen voran Morrison, auch bewusstseinserweiternden Stoffen nicht abgeneigt. Schon der Bandname war ein Wink mit dem Zaunpfahl, angelehnt an Aldous Huxleys Essay „The Doors of Perception“ (die Pforten der Wahrnehmung).

Die kurze Karriere der Band wirkt in der Rückschau wie so ein Drogentrip mit fulminanter Beschleunigung und bösem Ende. 1966 nahmen die Doors ihren ersten Song („Moonlight Drive“) auf, etablierten sich als Hausband im angesagten Musikclub Whisky a Go Go. 1967 machte sie „Light My Fire“ (mit Manzareks grandios flirrendem Orgel-Intro) reich und berühmt, im Sommer 1971 war Jim Morrison tot. Manzarek arbeitete danach sporadisch als Produzent, unter anderem für Echo & The Bunnymen, spielte zusammen mit Philip Glass eine postmoderne Adaption der „Carmina Burana“ ein, aber das Doors-Repertoire ließ ihn zeitlebens nicht los.

1979 sorgte Francis Ford Coppola für das erste wesentliche Doors-Revival, als er „The End“ zentralen Sequenzen seines Meisterwerks „Apocalypse Now“ unterlegte. Seitdem ist es praktisch unmöglich, diesen Song zu hören, ohne dabei an den Vietnamkrieg zu denken und an Martin Sheen, der aus dem Off sagt: „Saigon. Ich war immer noch in Saigon.“Bei dem Interview im Jahr 2004 in Brüssel stellte Manzarek frustriert fest, in seinem Land habe sich – von der Wehrpflicht einmal abgesehen – „fast nichts geändert. Amerika befindet sich noch immer im Krieg“.