Hi-Fi-Laden „Euphonia“ in Köln„Schallplatten hören ist wie Entschleunigung“

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Robin Müller in seinem Hi-Fi-Laden „Euphonia“

Robin Müller in seinem Hi-Fi-Laden „Euphonia“

Köln – Wenn Robin Müller über Schallplatten und die dazugehörigen Spieler redet, dann funkeln seine Augen. „Ich bin Schallplatten-Fan. Ich komme auch einfach noch aus einer Generation, die mit Platten angefangen hat“, sagt er mit einer Tasse Kaffee in der Hand in seinem Ladenlokal. Hinter ihm steht eine Menge Technik, Anlagen, Plattenspieler.

Müller ist Inhaber des Hi-Fi-Handels „Euphonia“ an der Luxemburger Straße 269 in Köln-Sülz. Dass er Schallplatten-Fan ist, ist ein Umstand, den sein Beruf mit sich bringt, wie er sagt. Für Müller erfreulich: Mittlerweile verkauft er rund doppelt so viele Schallplattenspieler wie CD-Anlagen.

Plattenspieler sind wieder im Kommen

Den Trend beobachtet nicht nur der Kölner Vinyl-Experte. Vergangenen Dezember, im Weihnachtsgeschäft, ist etwas Historisches passiert: In England wurde innerhalb einer Woche mehr Umsatz mit Schallplatten-Verkäufen gemacht als mit Downloads. 2,4 Millionen Pfund im Vergleich zu 2,1 Millionen Pfund.

Auch in Deutschland gibt es einen Boom. 2016 wurde rund 70 Millionen Euro Umsatz mit Vinyl-Tonträgern erzielt. 2015 waren es noch rund 50 Millionen Euro. Platten wie das aktuelle Album „25“ der Sängerin Adele erreichen Verkaufs-Rekorde, bekannte Künstler können kaum noch darauf verzichten, ihre Lieder auch auf Vinyl pressen zu lassen.

Robin Müller beobachtet den Trend schon seit einigen Jahren: „Klar, die Schallplatte war nie weg. Hier im Laden hatten wir immer mit Liebhabern zu tun, aber das immer nur eine kleine Menge. Seit so sieben oder acht Jahren geht es nun stetig bergauf. Und ich glaube, dass der Zenit noch nicht erreicht ist.“

Müller hat Sammlung verkauft

Müller selbst hat nur eine kleine Sammlung an Platten. Rund 100 Stück stehen bei ihm zu Hause, sorgfältig ausgewählt und mit der Zeit erworben. Früher waren es mal rund 700 Stück. „Ich weiß noch: Am 1. August 1983 kam die CD raus. Das wurde uns als das neue Medium verkauft. Besserer Klang, robuster. Der »Saturn« hatte damals CDs in den Boden eingelassen, um den Kunden zu zeigen, dass die nicht kaputt gehen.“

Als Konsequenz verkaufte Müller seine Sammlung. Ein Fehler, den viele machten. Mit der CD war die Ära der Schallplatte vorbei, dachte man. Viele Hersteller schmolzen deswegen auch ihre Presswerke ein. Diejenigen, die es damals nicht taten, sind jetzt die großen Gewinner.

Geteiltes Leid

Kaum mehr vor Aufträgen retten können sich die europäischen Hersteller, die ihre Maschinen eingemottet hatten. Das geteilte Leid ist für Müller nur ein kleiner Trost. In seiner Sammlung befanden sich früher auch einige Schätze. Ob er den Verkauf bereut? „Ja, na klar!“

Solche Schätze sind es auch, die einen der vielen Reize von Schallplatten ausmacht. Das muss man sich mal vorstellen: Es gibt Lieder, Alben, die nur auf Vinyl erschienen sind und von denen vielleicht noch 200 Stück im Umlauf sind. Viele davon niemals digitalisiert. Eine ausgewählte Gruppe von 200 Menschen kann also diese Lieder hören, sonst niemand. Auch deswegen werden manche Schätze im Internet für Hunderte und Tausende von Euros gehandelt.

Entschleunigung vom Alltag

Da ist aber noch was, was die Leute an der Platte schätzen“, sagt Vinyl-Experte Robin Müller: „Für meine Kunden ist das Hören von Schallplatten eine Entschleunigung im Alltag. Viele streamen Musik, wenn sie nebenbei etwas laufen lassen. Aber wenn man so richtig Musik hören will, dann greift man zur Schallplatte. Dann wählt man die Platte aus, nimmt sie raus, holt sie aus dem Cover.

Dann dreht man sie vielleicht noch in der Hand, legt sie auf, befreit sie vom Staub. Man zieht die Nadel rüber und setzt sie auf. Und dann hört man Musik.“ Der haptische Aspekt also, den viele Buch-Liebhaber auch beim Lesen schätzen. Auf Reisen, da sei Streaming zum Beispiel praktisch, findet Müller. Aber beim Internet-Streamen oder digitaler Musik höre man eben nicht mehr so genau hin und lasse sich ablenken. „Das ist schade“, findet er.

Beratung und Verkauf

Wer in seinen Laden kommt, der kann sich zum Thema Hi-Fi beraten lassen und Anlagen, Plattenspieler und Zubehör kaufen. Als Service bietet Robin Müller aber auch Beratung rund um das Thema Schallplattenspieler an. „Fast täglich bekomme ich alte Spieler zum Generalüberholen in den Laden gebracht.

Und auch nicht nur von älteren Herrschaften. Mittlerweile sind viele Studenten dabei. Das ist was total Modernes. Der Hype ist da. Die jungen Leute wollen dabei sein und mitreden können“, erklärt Müller.

Vinyl-Treff eingeführt

Auch wegen dieses Hypes hat der Hi-Fi-Fachmann vor einiger Zeit einen Vinyl-Treff in seinem Laden eingeführt. Jeden ersten Dienstag im Monat öffnet er nach Ladenschluss um 19 Uhr noch einmal seine Türen. „Da gibt es dann kein Motto“, erklärt er: „Und auch kein festes Genre, das wir hören.“ Zum Vinyl-Treff sei jeder willkommen. Der jüngste Teilnehmer jemals sei 16 Jahre alt gewesen, der älteste über 80 Jahre. „Ich bin dann mit meinem Know-how hier und kann Fragen beantworten.

Die meisten Interessierten vernetzen sich aber einfach untereinander. Ich habe Kunden, die haben mehr als 4000 Platten. Die sprechen dann über ihre Sammlungen oder tauschen auch schon mal Tonträger aus“, erzählt Müller. Musik läuft beim Vinyl-Treff nur im Hintergrund. Es gehe ihm hauptsächlich um das Beisammensein und eine lockere Atmosphäre. 2016 war der Vinyl-Treff zu jedem Termin gut besucht.

Nächster Vinyl-Treff: 4.4., 19 Uhr, Euphonia, Luxemburger Str. 269

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