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Kölner Kulturrat„Es geht uns darum, kurzfristig Hilfe zu leisten“

Lesezeit 4 Minuten

Leere Stuhlreihen in Theatern sind nur ein Aspekt der sich auf die Kulturszene auswirkenden Corona-Pandemie.

  1. In diesem Jahr wird es keinen Kölner Kulturpreis geben. Stattdessen will Hermann Hollmann möglichst viele Akteure der freien Szene unterstützen.
  2. Im Gespräch sagt der Vorstand des Kulturrats, was es mit dem Projekt einer Kölner Kulturhilfe auf sich hat.
  3. Der Gang zum Jobcenter, sagt er, kann für Künstler, die wegen Corona vor dem Nichts stehen, keine die Lösung sein.

Herr Hollmann, welche Gründe gibt es dafür, in diesem besonderen Jahr auch in Sachen Kölner Kulturpreis ein besonderes Zeichen zu setzen?Der Kulturrat hat sich intensiv mit der Situation der Kultur beschäftigt, seit die Corona-Krise über uns alle hereingebrochen ist. Wir haben uns die Frage gestellt, was eigentlich die wichtigsten Themen und Projekte in dieser Lage sind und haben dabei viel über die regelrechten Notlagen erfahren, in die viele Künstlerinnen und Künstler geraten sind. Das hat uns im Vorstand des Kulturrats in Absprache mit der Jury des Kulturpreises zu dem Entschluss kommen lassen, dass es in dieser Situation nicht angebracht wäre, einige wenige Menschen für Leistungen der Vergangenheit auszuzeichnen. Wichtiger finden wir, nach vorn zu schauen und einen kleinen Beitrag zur Stabilisierung der Kultur insgesamt zu leisten.

Was heißt das konkret?

Konkret hat der Kulturrat einen Fonds gegründet, unter dem Stichwort »Kölner Kulturhilfe«. Darüber werden Spenden eingesammelt, mit denen wir Hilfe in finanziellen Notlagen leisten möchten. Wir waren relativ schnell schon in der Lage, einer nicht kleinen Zahl von Künstlerinnen und Künstlern einen Einmal-Betrag von 1000 Euro auszubezahlen. Ich möchte an dieser Stelle sehr der SK Stiftung der Sparkasse KölnBonn danken, da diese die Prüfung und Bearbeitung der Anträge für uns übernommen hat. Ein besonderer Dank gilt auch den Preissponsoren Bauwens und Ebner Stolz, die sofort damit einverstanden waren, die Preisgelder für den Kulturhilfe-Fonds zur Verfügung zu stellen. Es können noch Anträge gestellt werden.

Hermann Hollmann

Es wird also keinen Kulturpreis geben in diesem Jahr?

Die für den 22. Juni geplante große Preisverleihung findet aus nahe liegenden Gründen nicht statt. Zunächst geht es uns darum, kurzfristig Hilfe zu leisten. Es gibt aber durchaus die Überlegung, gegen Jahresende die Kulturszene, so wie sie sich bei der Preisverleihung sonst trifft, zu einer Art Rückschau zu versammeln. Das könnte eine Gelegenheit sein, einzelne Vertreter der Szene zu ehren. Es würde dann vor allem darum gehen, wer sich 2020 besonders verdient gemacht hat.

Zur Person und zum Kölner Kulturrat

Hermann Hollmann, 1949 in Bad Salzuflen geboren, ist seit 2015 Sprecher des Vorstands des Kölner Kulturrates. Hollmann war zuvor viele Jahre Mitglied der Geschäftsführung und des Vorstands der Ford-Werke in Köln.

Im Kölner Kulturrat vereinen sich die privaten kulturellen Institutionen und Fördervereine der Stadt, seit 2010 vergibt er den Kulturpreis für „herausragende Leistungen und wegweisende Entwicklungen der Kultur in Köln“. (ksta)

Die Krise hat die Kultur in besonderem Maße getroffen. War die Hilfe ausreichend?

Es gibt im Zweifel immer zu wenig. Vom städtischen Notfallfonds profitieren einzelne Einrichtungen der freien Szene, nicht die individuellen Künstlerinnen und Künstler. Deshalb haben wir es sehr begrüßt, dass das Land NRW die Soforthilfe von fünf Millionen auf 32 Millionen aufgestockt hat. Doch es bleibt noch immer viel zu tun, und zwar über die aktuelle Situation hinaus. Es bleibt bei der Problematik, eine längerfristige künstlerspezifische Grundsicherung zu schaffen. Man könnte an Stipendien und Projektförderungen denken, so wie es einige Länder wie Hessen und Baden-Württemberg realisiert haben. Das fehlt in NRW, so dass es erheblichen Bedarf gibt, die Szene am Leben zu erhalten.

Erwarten Sie, dass es zu bleibenden Verlusten kommt?

Die Befürchtung müssen wir leider haben. Wenn nicht mehr geschieht, werden vor allem kleinere Veranstalter auf der Strecke bleiben und auch viele freischaffende Künstlerinnen und Künstler werden es individuell sehr schwer haben zu überleben. Letztlich bleibt ihnen dann nur die Grundsicherung der Jobcenter. Das kann aber nicht die Lösung sein.

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Haben Sie seitens des Kulturrats noch mehr geplant?

Wir wollen einen Kultur-Generator ins Leben rufen, der sowohl spieltheoretisches Experiment, Kunstprojekt und virtueller Kulturladen ist. Auf einer digitalen Plattform treffen sich Kulturschaffende vieler Sparten, aber auch städtische Einrichtungen wie etwa Museen und Bühnen, und alle diese Mitwirkenden stellen Angebote auf dieser Plattform ein – in der Form von materiellen Kunstwerken, aber auch von Erlebnissen wie Direktorenführungen im Museum, von Hauskonzerten, wenn dies wieder möglich ist, bis hin zu Lesungen als Livestream. All diesen Angeboten wird ein bestimmter Wert zugeordnet, zu dem man kaufen kann, wenn man das Angebot wahrnehmen möchte. Das Ganze kommt in einen Solidartopf und wird an alle verteilt, die ein Angebot gemacht haben, sofern sie nicht auf eine Ausschüttung verzichten. Wir wollen mit diesem Instrument den Akteuren neben dem finanziellen Aspekt auch die Möglichkeit bieten, ihre Arbeiten zu präsentieren, und damit die Sichtbarkeit der Szene insgesamt verbessern. Außerdem soll es eine Benefiz-Auktion von gespendeten Kunstwerken und Kunsterlebnissen geben, deren Erlöse dann unserem Kulturhilfe-Fonds zugutekommen werden. Unabhängig von den genannten Aktionen möchte ich darauf hinweisen, dass es in der Umsetzung der Kulturentwicklungsplanung verstärkt darauf ankommen wird, das Überleben und die Sichtbarkeit von Kunst und Kultur nach der Krise zu sichern und dafür Strategien zu entwickeln.