Kölner Theater wagt ExperimentHier werden die Zuschauer zu Testpersonen

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Ein Mitglied des Ensembles ist als Wissenschaftler verkleidet, er trägt eine Brille und einen weißen Kittel.

Das Stück „Die Gruppe“ des Freien Werkstatt Theaters

In der Koproduktion aus Drama Köln und Freies Werkstatt Theater erhält das Publikum Zugang zu der Geheimstudie eines Forschungsinstituts - und schlüpft selbst in die Rolle als Testperson.

Nach der theatralen Gruppenerfahrung im öffentlichen Raum mit „Der Kreis“, geht es für die neueste Arbeit von Philine Velhagen und ihr Team von Drama Köln nun in die geschlossenen Räume einer Forschungseinrichtung. Die Gruppe hat sich für die Dauer von zweieinhalb Stunden in den Nebenräumen des FWT eingerichtet.

Jeweils 10 Testpersonen durchlaufen hier zwei Versuchsanordnungen, wobei das Los entscheidet, welchen Ort die jeweilige Gruppe zuerst aufsucht. Die Teammitglieder, durch ihre weißen Kittel als „wissenschaftliches“ Personal kenntlich gemacht, geben dabei mehr oder weniger klare Anweisungen, denen die Testpersonen Folge leisten. Ein Ausstieg ist jederzeit möglich, auch wenn kaum einer diese Option wahrnimmt.

„Die Gruppe“ in den Räumen des Freien Werkstatt Theater

In dem Raum, in dem die Frage nach dem Lebenskonzept im Alter gestellt wird, bekommt jede Person dafür ein Gebrechen zugeteilt, das er sich in Form eines Gegenstandes anschnallt, um sich in die Handicaps einzufühlen, die das Altern mit sich bringt. Plötzlich sind gerade noch bewegliche Gliedmaßen steif, fällt das Hören schwer, weil ein Kopfhörer kaum Geräusche durchlässt. Es sind ganz unmittelbare Erfahrungen des Eingeschränktseins im Alltag, die prompt den Wunsch nach Hilfe durch andere Menschen verstärkt.

Ein Wissenschaftler fühlt den Puls einer Testperson. Im Hintergrund eine wissenschaftliche Apparatur.

Freies Werkstatt Theater mit dem Stück 'Die Gruppe'

Allerdings verbleiben die Teilnehmer während des gesamten Verlaufes in dem Zustand der Testpersonen. Aufgaben werden gestellt und ausgeführt, ohne dass Ergebnisse und Erfahrungen im Nachgang beleuchtet werden. Je nach Verlauf und Dynamik der Gruppe, kann das zu Frustration und Langeweile führen. Der dramaturgische Rahmen, der wohl bewusst auf Transparenz verzichtet, ist hier sehr nebulös und droht sich mitunter zu verflüchtigen.

Das Publikum schlüpft selbst in eine Rolle und wird Teil des Stücks

Besonders in der Testsituation, in der das Miteinander einer sich neu zusammengefundenen Gruppe im Fokus seht, sind die Teilnehmer gefordert, um die knapp halbstündige „Freizeit“ im Sinne der Gruppendynamik zu nutzen. Dass die Gruppe dann besser funktioniert, wenn sich möglichst viele Mitglieder einbringen, ist allerdings eine Binsenweisheit, wofür es keines Experimentes bedarf.

Spannender sind da schon die Versuchsanordnungen, die sich mit dem Erinnern beschäftigen. Werden in der Alters-WG noch prägende Kindheitserinnerungen beschworen, so gilt es in der anderen Versuchsanordnung, das unmittelbar Erlebte in unterschiedlicher Form, mit und ohne Worte, zu rekapitulieren. Spätestens nach dem Durchlaufen der beiden Testphasen, die den Zuschauer durchaus gekonnt in eine Testperson verwandeln, wäre ein Resümee, ein Erfahrungsaustausch im Miteinander der beiden Gruppen wünschenswert gewesen. Oder gehört es zum Stück dazu, dass man die Veranstaltung mit einem Gefühl der Leere verlässt?

Zur Veranstaltung

„Die Gruppe“ im Freien Werkstatt Theater (FWT), 03- 05.10., 19 Uhr. Zugweg 10, 50677 Köln. Karten unter: 0221 - 32 78 17. 

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