Vor 60 Jahren stürmte Drafi Deutschers Hit die Charts. Doch wegen eines Grammatikfehlers wurde der Song vom Bayerischen Rundfunk boykottiert.
Vor 60 Jahren„Marmor, Stein & Eisen bricht“ – Wie ein Grammatikfehler zum Schlager-Boykott führte

Drafi Deutscher in den 60er Jahren beim Auftritt in der „ZDF-Hitparade“. Der dreifache Vater sorgte für Riesenhits und Skandale und starb 2006.
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Ein Lied, das Generationen mitsingen können und das dennoch für Kontroversen sorgte: „Marmor, Stein & Eisen bricht“ von Drafi Deutscher erreichte am 4. Dezember 1965 Platz eins der deutschen Charts, wurde aber von einem Radiosender boykottiert.
Der Ursprung des unvergessenen Hits liegt im Jahr 1965. Wie sich der Musiker Drafi Deutscher später im NDR erinnerte, entstand die Melodie spontan auf der Hochzeitsfeier des Gitarristen seiner Begleitband The Magics. Als ihm der Trubel zu viel wurde, zog er sich zurück: „Da habe ich mich in einen Raum zurückgezogen und die Gitarre gegriffen. Da war der Vers spontan da, das dang-dang-dang-dang ...“.
Begeistert von der Melodie, beauftragte Deutscher den Komponisten Christian Bruhn, der bereits frühere Lieder für ihn geschrieben hatte, einen passenden Text zu verfassen. Das Ergebnis ist Schlagergeschichte: Sobald die Zeile „Weine nicht, wenn der Regen fällt“ erklingt, folgt bis heute der berühmte „dam-dam, dam-dam“-Chor.
Bayerischer Rundfunk boykottiert Hit wegen Grammatikfehler
Doch der Titel des Liedes sorgte für Ärger. Der Bayerische Rundfunk (BR) weigerte sich, den Song zu spielen. Der Grund war ein vermeintlicher Grammatikfehler: Korrekt hätte es „Marmor, Stein und Eisen brechen“ lauten müssen. Der Sender sah sich in seiner Erziehungsverpflichtung als öffentlich-rechtliche Anstalt.

Schlagersänger und Komponist Drafi Deutscher (l) und der Produzent Christian Bruhn (r) am 30.09.1969 in Hamburg im Studio. (Archivbild)
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Komponist Christian Bruhn verteidigte seine künstlerische Freiheit jedoch mit einem poetischen Kniff, dem „Singularis materialis“. Wie Deutscher im NDR erklärte, sei dies auch bei Sprichwörtern wie „Glück und Glas, wie leicht bricht das“ oder „Da ist Hopfen und Malz verloren“ üblich, die grammatikalisch ebenfalls nicht exakt sind.
Auf den schnellen Erfolg folgten private Abstürze
Dem Erfolg tat der Boykott keinen Abbruch. Am 4. Dezember 1965 erreichte „Marmor, Stein und Eisen bricht“ Platz eins der deutschen Charts und hielt sich dort fünf Wochen lang. In den ersten sechs Monaten wurden 880.000 Platten verkauft.

Drafi Deutscher bei einem späteren Auftritt im Jahre 2004. (Archivbild)
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Für Drafi Deutscher, der nach eigenen Angaben zuvor als „Hilfsarbeiter 40 Mark in der Woche verdient“ hatte, war der plötzliche Reichtum überwältigend. Er habe für einen Auftritt von 20 bis 30 Minuten „1000 oder 2000 Mark“ bekommen. „Da ist mir die Birne geplatzt“, sagte er später. Er bezeichnete sich selbst rückblickend als „richtigen Vollspinner“, der Geld verbrannt habe.
Auf den beruflichen Höhepunkt folgten private Tiefs. 1967 wurde der dreifache Vater wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, nachdem er betrunken von einem Hotelbalkon uriniert hatte, als Schulkinder vorbeigingen. Obwohl er weiterhin erfolgreich über 200 Songs für andere Künstler wie Boney M. („Belfast“) und Nino de Angelo („Jenseits von Eden“) schrieb, war sein Leben von Steuerhinterziehung, Schulden und Drogenproblemen geprägt. Am 9. Juni 2006 starb Drafi Deutscher. (red)

