So war die neue Folge „Polizeiruf 110“Letzter Akt für Adam Raczek

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Kriminalhauptkommissar Adam Raczek (Lucas Gregorowicz) und Kriminalkommissaranwärter Vincent Ross (André Kaczmarczyk) beim Camper des Opfers

Ermittlerduo Adam Raczek (Lucas Gregorowicz) und Vincent Ross (André Kaczmarczyk) beim Camper des Opfers

In „Polizeiruf 110: Abgrund“ ermitteln Adam Raczek (Lucas Gregorowicz) und sein neuer Partner Vincent Ross (André Kaczmarczyk) in einem ehemaligen Bergbaugebiet. Es ist Raczek letzter Fall.

Der Fall beim „Polizeiruf 110“

Adam Raczek scheinen die Dinge zu entgleiten. Die Konfrontation mit einer toten Geologin, die im Wald mit einer Plastiktüte zum Ersticken gebracht wurde, rufen Panikattacken in ihm hervor. Er versucht ihnen mit Medikamenten standzuhalten. Seinem Partner Vincent Ross vertraut er sich nicht an. Vielmehr scheint sich das noch wenig eingespielte Team am liebsten aufteilen zu wollen, damit jeder für sich allein ermitteln kann. Wo sie zusammengekommen, kommen sie sich in die Quere und Ross wird skeptisch, als er die Labilität seines Partners bemerkt.

Schauplatz des Mordes ist ein beschauliches Dorf an der polnischen Grenze, an einem stillgelegten Tagebau. Wo die Industrie einmal war und wieder gegangen ist, da bleibt ein Ort an der Grenze des Aussterbens zurück. Verlassene Häuser, Spielplätze und die Bergbaugruben sind schon über die Grenze gefallen wie die tote Geologin. Noch gering bevölkert sind die Kirche und die Kneipe. Dort werden rasch ein paar Tatverdächtige und Zeugen ausgemacht.

„Polizeiruf 110“: Die Ermittlungen führen Adam Raczek und Ross zehn Jahre in die Vergangenheit

Dazu zählt der Freund des Opfers, Tom Grabowski (Patrick Kalupa). Er hat die Leiche gefunden und seine Fingerabdrücke sind auf der Tüte, an der sie erstickt ist. Sein Bruder Dirk (Peter Moltzen), der für den Kohlekonzern arbeitet, steht ihm zur Seite, auch als Raczek ihm auf den Zahn fühlt. Doch auch der Gastwirt (Peter René Lüdicke) hat nur ein schwaches, erlogenes Alibi, und der örtliche Pfarrer (Steven Scharf) verbirgt etwas.

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Eva Wozniak trägt ein schwered Bierfass, ihm gegenüber steht Adam Raczek und bietet ihr seine Hilfe an.

Eva Wozniak und Adam Raczek entwickeln im Verlauf der Folge ein romantisches Verhältnis

Als im Tagebau die Leiche einer weiteren Frau gefunden wird, die bereits vor 10 Jahren getötet wurde, erkennen die Ermittler, dass es sich beim Täter um einen Serienmörder handelt. Raczek findet etwas Linderung bei einer polnischen Mitarbeiterin des Gasthofs, Eva (Anja Antonowicz), die ihm hilft zur Ruhe zu kommen. Doch als sie vom Joggen nicht zurückkommt, erkennt Raczek, dass der Täter sie als nächstes Opfer ausgesucht hat.

Die Auflösung vom „Polizeiruf 110“

Zunächst gibt es ein paar red herrings. Der sexuell gestörte Gastwirt, der seine weiblichen Gäste (und Eva) mit versteckten Kameras bespannt, entspricht dem Profil des Serientäters. Zur Tatnacht ist er aber über die polnische Grenze gefahren und hat sich durch die Scheiben die Sexarbeiterinnen angeschaut. In Ross Abwesenheit setzt Raczek dem  Gastwirt so stark zu, dass er wegen eines Anfalls ins Krankenhaus eingeliefert werden muss.

Auch der örtliche Pfarrer wird als Verdächtiger gehandelt. Die Ermittler finden heraus, dass er in einem Ferienlager dem Opfer von vor 10 Jahren einen Kuss auferzwungen hat, was sie zum Austritt aus der Kirche bewegte. Die Ermittler wollen den Pfarrer stellen und können gerade noch seinen Suizidversuch verhindern. Er kann aber glaubwürdig versichern, dass es sich bei dem Tod des Mädchens um einen Unfall gehandelt hatte. Sie hatte während der Konfrontation mit ihm einen Asthma-Anfall. Der Pfarrer ist aus Angst davongelaufen, was ihren Tod bedeutete. Die anderen Frauen hat er nicht auf dem Gewissen.

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Making-of: "Polizeiruf 110: Abgrund" | Polizeiruf 110

Letztlich ist es nicht Tom, der Freund der Geologin, sondern sein Bruder Dirk. Als Kind hat er Tom vor ihrem Vater beschützen müssen, wurde dadurch aber selbst Opfer von Misshandlungen, die er nun als Täter wiederholt. Ross und Raczek stürmen sein Versteck im Kohlekraftwerk. Von Ross in die Ecke gedrängt, stürzt er sich aus großer Höhe herab und stirbt. Doch die Ermittler kommen zu spät für Eva. Raczek findet sie nur noch tot auf.

Am Ende der Folge ist auch Raczek am Ende. Ross, mit dem er im Verlauf der Folge doch warm geworden ist, findet im Gasthofzimmer nur noch seine Marke und seine Waffe.

Fazit zum „Polizeiruf 110“

Mit Intimität tun sich fast alle Figuren schwer. Raczek und Ross, das scheint am Anfang so wenig zusammenzupassen, dass sie sich aus dem Weg gehen, auch wenn ihre parallelen Ermittlungen so zusammengeschnitten sind, dass die baldige Zusammenarbeit schon vorausgedeutet wird.

Der Gastwirt braucht schützendes Glas zwischen sich und einer Frau, ob über seine versteckte Kamera oder durch ein Schaufenster. Der Pfarrer zwang Intimität einst einem Mädchen auf, was zu ihrem Tod führte, und versucht nun die Intimität innerhalb einer sterbenden Gemeinde zusammenzuhalten, auch wenn die Kirchenaustritte und das gegenseitige Misstrauen ihm allmählich die Möglichkeit dazu rauben. Und der Täter Dirk, der hat Intimität mit seinem Bruder mit schlimmen Misshandlungen seines Vaters erkaufen müssen. Was er krankhafter Weise für Intimität hält, selbst dafür muss er das Gesicht seines Opfers verbergen.

Ein weiter Ausblicam Strand eines Sees, im Hintergrund der ehemalige Tagebau. Links der Camper der Getöteten, in der Mitte das Ermittlerduo.

Die Ermittler untersuchen den Camper des Opfers in der Nähe des verlassenen Tagebaus

Ist das Dorf am Abgrund? Ist es Raczek? Wohl beide. Immerhin findet das Ermittlerduo doch noch zusammen. Als Raczek Eva verliert, da scheinen die beiden zum ersten Mal ein Team zu sein, wenn auch nur kurz. Sein Abschied wirkt in diesem Sinne fast wie eine erneute Flucht vor Intimität. Da sie ihm ständig geraubt zu werden scheint, muss er sie erst gar nicht aufkommen lassen. Vielleicht hat auch Dienstellenleiter Karol Pawlak Recht und er braucht einfach eine Pause. So oder so, es ist ein gelungener Abschied für Lucas Gregorowicz als Ermittler für Polizeiruf 110.

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