Sänger Aphrodite's ChildDemis Roussos ist tot

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Der griechisch-ägyptische Sänger Roussos performt während einer Generalprobe für die ARD.

Der griechisch-ägyptische Sänger Roussos performt während einer Generalprobe für die ARD.

Athen – Ein bärtiger Riese mit schwarzen Fusselhaaren sitzt inmitten deutscher Normalbürger. Sie tragen Dauerwelle, beige Blusen, Karohemden. Er trägt einen weiten, orange-gelben Kaftan, bewusstseinserweiternd gemustert. Als er selig lächelnd zu singen beginnt, wundert man sich, wie hoch die Stimme des Kolosses tönt. Hoch, aber so voluminös, dass sie durch die Schepper-Lautsprecher des 70er-Jahre-Fernsehers dringt und das Wohnzimmer erfüllt.

Wenn Demis Roussos in der „Hitparade“ oder anderen Schlager-Sendungen auftrat, wirkte das stets, als wäre Dionysos mitsamt seiner Satyrn in Deutschlands tristen TV-Alltag eingezogen. Mit „Goodbye My Love, Goodbye“ eroberte der große Grieche 1973 die Spitze der Charts. Damals war er überall erfolgreich, und schien, göttergleich, in jeder Unterhaltungsshow Europas aufzutreten.

Markerschütternde Weckrufe

Geboren 1946 in Alexandria, musste Roussos während der Suez-Krise mit seinen Eltern zurück ins griechische Ursprungsland fliehen. Schon in Ägypten hatte er im Chor der orthodoxen Kirche gesungen, als Teenager gründete er zum Entsetzen seiner Eltern seine erste Beat-Combo. Seine eigentliche Karriere begann erst, als er 1966 den Keyboarder Evangelos Odysseas Papathanassiou traf, bekannt unter seinem Künstlernamen Vangelis. Zusammen gründete sie die Band Aphrodite’s Child – und hatten gleich mit ihrer ersten, unter prekären Bedingungen aufgenommenen Single „Rain And Tears“ einen europaweiten Hit.

Vangelis war schon bald mit dem an Procul Harum gemahnenden Sound der Band unzufrieden, er wollte höher greifen, viel höher. Und so verwandelte Demis Roussos auf „666“ – dem finalen Doppelalbum von Aphrodite’s Child – die gewaltigen Bilder, mit denen sich der Prophet Johannes einst die Apokalypse ausgemalt hatte, in markerschütternde Weckrufe.

Statt mit überlangen Improvisationen füllten die Griechen ihre Prog-Rock-Offenbarung mit Ideen für 666 Alben, ein durchgedrehtes Meisterstück, dass ihre Plattenfirma erwartungsgemäß überforderte. Als sie es nach anderthalb Jahren endlich veröffentlichte, hatte sich Roussos längst in jenen dionysischen Kaftan-Träger verwandelt, als der er fürderhin mit unfassbar eingängigen Melodien die halbe Welt berauschen und dabei sagenhaften 60 Millionen Tonträger verkaufen sollte.

Am Samstag ist Demis Roussos, wie das Athener Krankenhaus Ygeia erst gestern bekanntgab, im Alter von 68 Jahren gestorben.

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