Tanz-Aufführung in der Kölner OrangerieGetanzter Kolllaps und eine verwundete Seele

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Bibiana Jiménez in „Fractura“

Bibiana Jiménez in „Fractura“

  • In dem Tanzstück „Fractura“ von Andrea Bleikamp in der Kölner Orangerie zeigt die Tänzerin Bibiana Jiménez ihre Verletzungen.
  • Unsere Kritik des Abends.

Man kommt ins Grübeln bei diesem Stück: Wie sähe die eigene Biografie aus, wenn man sie nur entlang der Schmerzpunkte, Verletzung und Bruchlinien beschreiben wollte?

In „Fractura“ machen Andrea Bleikamp und Rosi Ulrich von „WEHR51“ genau das: Sie erzählen das Leben von Power-Tänzerin Bibiana Jiménez anhand von Knochenbrüchen, gescheiterten Beziehungen, Schwangerschaftsabbrüchen, psychischen Kollapsen, Schnittwunden und, auch das gehört wohl zu einer Herkunft aus Kolumbien, erlittenen bewaffneten Raubüberfällen.

Ein düsterer Trip in eine verwundete Seele, bild- und soundgewaltig inszeniert. Hektische Videobilder flimmern über das Bühnenbild, die eher ins Unterbewusstsein sickern, als dass der Verstand sie einordnen könnte. Aus einer Art Strandhäuschen kommt Jiménez im Krebsgang auf die Bühne: Auf Armen und Beinen wie für eine Yogabrücke, der Blick auf die Welt verkehrt herum.

Später trippelt sie auf Spitzenschuhen fürs Pas de deux mit Krücken-Partnern. Die Metallstangen wachsen wie sperrige Verlängerungen aus ihren Gliedern, scheinen ihren Körper hinter sich herzuziehen, rauben ihm die Souveränität. Noch brutaler aber sind die Texte, die die Verwundungen in Jiménez' Leben aufzählen. Eine Schmerz-Bilanz, vorgetragen mit seelenloser Roboterstimme oder als vielsprachiger Choral.

Ein Stück über das Leben als Kampf um Selbstbehauptung – nicht gerade optimistisch, aber in Coronazeiten für Künstler wohl besonders wahr.

Weitere Vorstellungen am 9.-11.07.2020 im Orangerie-Theater im Volksgarten

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