„Jüdische Gemeinschaft belogen“Zentralrat der Juden verurteilt falsche Antisemitimus-Vorwürfe von Gil Ofarim

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Der deutsche Musiker Gil Ofarim steht im Saal des Landgerichts in Leipzig. Ofarim hatte gestanden, einen Mitarbeiter eines Leipziger Hotels fälschlicherweise des Antisemitismus beschuldig zu haben.

Der deutsche Musiker Gil Ofarim steht im Saal des Landgerichts in Leipzig. Ofarim hatte gestanden, einen Mitarbeiter eines Leipziger Hotels fälschlicherweise des Antisemitismus beschuldig zu haben.

Gil Ofarim hatte überraschend gestanden, in einem Video über die vermeintlichen Antisemitismus-Vorwürfe gelogen zu haben.

Der jüdische Musiker Gil Ofarim ist nach seinem überraschenden Geständnis im Verleumdungsprozess wegen falscher antisemitischer Anschuldigungen scharf kritisiert worden. Der Zentralrat der Juden erklärte in einem Statement, Ofarim habe durch sein Verhalten all denen „großen Schaden zugefügt“, die tatsächlich von Antisemitismus betroffen seien.

Gil Ofarim hatte am Dienstag vor dem Landgericht Leipzig erklärt, dass er in einem viral gegangenen Instagram-Video einen Hotelmitarbeiter fälschlicherweise des Antisemitismus beschuldigt habe. „Die Vorwürfe treffen zu. Ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen. Es tut mir leid“, sagte Ofarim im Gerichtssaal.

Gil Ofarim: Zentralrat der Juden verurteilt falsche Antisemitismus-Vorwürfe nach Geständnis scharf

Das Gericht hält Gil Ofarims Geständnis für glaubhaft, das Verfahren wurde gegen Auflagen eingestellt. Der 41-Jährige muss nun 10.000 Euro zahlen. „Die Kammer ist davon überzeugt, dass das heutige Geständnis des Angeklagten der Wahrheit entspricht“, sagte der Vorsitzende Richter, Andreas Stadler am Dienstag.

„Wir verurteilen das Verhalten von Gil Ofarim. Er muss in jeder Hinsicht die Konsequenzen für seine Lüge tragen“, schreibt der Zentralrat der Juden in seinem Statement weiter. Neben der Öffentlichkeit habe der Musiker mit seinem Verhalten auch „die jüdische Gemeinschaft belogen“.

Gil Ofarim: Antisemitismus-Vorwürfe gegen Hotelmitarbeiter – Video aus Leipzig geht viral

Ofarim hatte behauptet, im Oktober 2021 wegen einer Davidstern-Kette antisemitisch beleidigt worden zu sein. In einem später viral gegangenen Video schilderte Ofarim die antisemitischen Vorwürfe durch einen Hotelmitarbeiter und kämpfte mit den Tränen. Der Hotelmitarbeiter hatte ihn daraufhin der Verleumdung bezichtigt, so kam es zum Prozess. Während ihrer Ermittlungen hatte die Staatsanwaltschaft bereits erhebliche Zweifel an der Darstellung des 41-Jährigen bekommen.

Unter anderem wurden dabei in dem Leipziger Hotel die Geschehnisse mit Statisten nachgespielt. Ein vor Kurzem öffentlich gemachtes Gutachten soll zudem belegen, dass Ofarim zum Zeitpunkt des Streits die Davidstern-Kette gar nicht getragen habe. Dafür wurden zahlreiche Überwachungskameras aus der Hotellobby ausgewertet.

Geständnis von Gil Ofarim: „Bärendienst“ – Zentralrat der Juden fällt deutliches Urteil

Der Zentralrat der Juden erklärte am Dienstag, dass Gil Ofarims erhobene Vorwürfe in ihrer Form problematisch gewesen seien: „Es ist richtig, bei einem Antisemitismusvorwurf auf der Seite des Betroffenen zu stehen, ihm beizustehen und die Antisemitismuserfahrung zunächst nicht infrage zu stellen. Umgekehrt darf so ein Vorwurf niemals grundlos erhoben werden. Und das ist hier leider passiert.“

Philipp Peyman Engel, Chefredakteur der Zeitung „Jüdische Allgemeine“, zeigte sich ebenfalls schwer getroffen: „Was Gil Ofarim mit seinen Lügen angerichtet hat, ist ein Schlag ins Gesicht für jeden Juden, der wirklich Opfer von Antisemitismus geworden ist. Und Letzteres trifft leider auf so ziemlich jeden von uns zu. Ich bin fassungslos.“

Journalistin und Autorin Marie von der Benken schrieb zu dem Urteil auf der Plattform X: „Das ‚B‘ in ‚Gil Ofarim‘ steht für ‚Bärendienst‘. Immer, insbesondere jedoch in diesen Zeiten, einfach eine vollkommen unnötige, saudumme Lüge [...].“ Moderator Micky Beisenherz kommentierte das Urteil mit: „Bärendienst. Gewaltig.“

Gil Ofarim: Gericht stellt Prozess wegen Verleumdung nach überraschendem Geständnis ein

Gil Ofarims Video hatte im Oktober 2021 eine Antisemitismus-Debatte in Deutschland ausgelöst, viele Prominente hatten sich nach den Vorwürfen mit dem 41-Jährigen solidarisiert. Bis zuletzt hatte Ofarim die von ihm erhobenen Vorwürfe verteidigt, für den Prozess vor dem Leipziger Landgericht waren noch mehrere Verhandlungstage vorgesehen.

Neben Ofarim waren auch die Musiker Jeanette Biedermann und Gregor Meyle als Zeugen vorgeladen. Beide hatten die TV-Show moderiert, zu deren Aufzeichnung Ofarim am 4. Oktober 2021 in Leipzig war. Im Anschluss daran soll sich der Antisemitismus-Vorfall zugetragen haben, der, so wie von Ofarim beschrieben, nie stattgefunden hat. (shh)

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