Junge vor ICE gestoßen„Sehr extremer Fall – Aufarbeitung dauert Jahre“

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Ein junger Mann legt am Gleis 7 des Frankfurter Hauptbahnhofs Blumen ab. Hier wurde am 29. Juli ein achtjähriger Junge von einem Mann vor einen einfahrenden ICE gestoßen und getötet.

Frankfurt – Nach der tödlichen Attacke auf einen Achtjährigen im Frankfurter Hauptbahnhof wird die Mutter des Jungen nach Expertenansicht Jahre brauchen, um das Trauma therapeutisch bearbeiten zu können. „Dieses Schicksal ist enorm schwer zu verarbeiten“, sagte Amelie Thobaben, Mitglied des Bundesvorstandes der Deutschen Psychotherapeuten-Vereinigung.

Die Ereignisse von Gleis sieben seien „ganz besonders unfassbar“, weil sie von Menschenhand ausgelöst wurden und nicht etwa durch eine Naturkatastrophe oder einen Unfall.

Ein 40 Jahre alter Eritreer soll am Montag die Frau und ihren Sohn vor einen einfahrenden ICE gestoßen haben. Die 40-Jährige aus dem Hochtaunuskreis hatte sich retten können. Der Junge wurde vom Zug erfasst und getötet. Der Tatverdächtige, der Vater dreier Kinder ist und seit 2006 in der Schweiz lebte, sitzt in Untersuchungshaft.

„Dieser Fall ist sehr extrem“, sagte die Psychologische Psychotherapeutin aus Bremen. Zu Beginn müsse man der Frau helfen, den Alltag zu bewältigen, indem man diesen auf das Nötigste reduziere. „Alles andere ist in der ersten Zeit Überforderung.“ Zugleich gehe es darum, „das Unfassbare auszuhalten“.

Erst später könne man „irgendwann“ das Trauma psychotraumatherapeutisch bearbeiten –  „da sprechen wir von Jahren“. Ein solches Trauma überfordert das autonome Nervensystem und habe Folgen wie Erregungszustände, Wiedererleben der Situation oder Schlafstörungen.

Die Ermittlungen von Staatsanwaltschaft und Polizei gehen unterdessen weiter. Der mutmaßliche Täter wurde in der Schweiz seit dem vergangenen Donnerstag von der Polizei gesucht. Der verheiratete Mann habe seine Nachbarin mit einem Messer bedroht, eingesperrt und sei dann geflohen.

Daraufhin sei er in der Schweiz zur Festnahme ausgeschrieben gewesen, sagte Bundespolizeipräsident Dieter Romann am Dienstag in Berlin bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und BKA-Präsident Holger Münch. „Er war auch im Vorfeld mit entsprechenden Delikten bereits in der Schweiz auffällig.“ Wie die Kantonspolizei Zürich am Dienstag mitteilte, war der mutmaßliche Täter in diesem Jahr in psychiatrischer Behandlung.

Am Montag soll er in Frankfurt auch versucht haben, eine 78-Jährige ins Gleisbett zu stoßen. Die Frau habe sich aber retten können. Die Mutter des getöteten Jungen wird zur Zeit im Krankenhaus behandelt. (dpa) 

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