Das heftige Erdbeben verursachte Überschwemmungen. Mehrere Länder blieben von größeren Schäden verschont, trotz Verletzten und Evakuierungen.
Nach Erdbeben im PazifikTsunami-Wellen treffen Russland – Millionen Menschen evakuiert

Ein Warnzeichen für unmittelbare Tsunamigefahr: Das Wasser an der Küste zieht sich in kurzer Zeit weit zurück und legt große Flächen Meeresboden frei.
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Ein starkes Erdbeben vor der Halbinsel Kamtschatka im Fernen Osten Russlands hat Tsunami-Warnungen für Millionen Menschen im Pazifik-Raum ausgelöst. Länder wie Japan, China und die Philippinen warnten ihre Bürger vor potenziell hohen Flutwellen infolge des Erdbebens. Auch Hawaii, die US-Westküste und Lateinamerika wurden alarmiert.
In den meisten Ländern, darunter auch Japan und Russland, wurden Warnungen vor einem Tsunami nach einigen Stunden entweder aufgehoben oder heruntergestuft, ohne bisher Berichte über größere Schäden zu erhalten. Tsunamis können sich in Stufen aufbauen, wobei Wellen entstehen.
Stärkstes Beben seit Fukushima 2011 laut US-Erdbebenwache
Bei einem Hauptbeben mit einer Stärke von 8,8, das laut der US-Erdbebenwarte USGS als weltweit stärkstes seit der Katastrophe von Fukushima im März 2011 gilt, handelt es sich um eines der fünf stärksten Beben seit Beginn der Aufzeichnungen.

Lokalisation des Erdbebens vor der Halbinsel Kamtschatka, Russland.
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In der Nacht vor der russischen Halbinsel Kamtschatka ereignete sich laut russischen Angaben ein Beben mit einer Stärke von 8,7. Das Deutsche Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam gab die Stärke des Bebens mit 7,8 an.
Viele Nachbeben
Ein starkes Erdbeben hat Kamtschatka erschüttert, wie die Russische Akademie der Wissenschaften mitteilte. Das Epizentrum des Bebens befand sich in der offenen See, rund 130 Kilometer vor der dünn besiedelten Küste Kamtschatkas, und lag relativ tief unter dem Meeresboden.
In der Region Kamtschatka haben sich in der Folge des Erdbebens dutzende Nachbeben ereignet, von denen viele eine Stärke von über 5 aufwiesen. Die beiden stärksten Nachbeben wurden mit Stärken von 6,9 und 6,3 gemessen, berichtet die USGS.
Verletzte und Überschwemmungen in Russland
In Krankenhäusern auf der russischen Halbinsel Kamtschatka wurden mehrere Menschen aufgrund von Verletzungen behandelt, teilte der regionale Gesundheitsminister Oleg Melnikow in seinem Telegram-Kanal mit. Angaben zur Anzahl der Verletzten wurden nicht gemacht.
In Petropawlowsk-Kamtschatski in Russland liefen besorgte Menschen nach Berichten von Tass barfuß ins Freie, während Kleiderschränke umstürzten und Autos über wackelnde Straßen rutschten. In den nördlichen Kurilen kam es zu Überschwemmungen.
Größte Welle in Russland bisher bis zu fünf Meter hoch
Insgesamt wurden laut Alexander Owsjannikow, dem Verwaltungschef des Kreises Sewero-Kurilsk auf der Insel Paramuschir, vier Tsunami-Wellen registriert. Berichten zufolge drang das Wasser bis zu 200 Meter ins Landesinnere ein. Die größte Welle, so zitierte die russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti Einsatzkräfte, erreichte eine Höhe von bis zu fünf Metern.
Gemäß des Zivilschutzes kam es zu einer teilweisen Überflutung des Hafens von Sewero-Kurilsk sowie eines örtlichen Fischereiunternehmens. Infolgedessen wurden die Bewohner evakuiert, darunter 60 Urlauber. Der Gouverneur der Region Sachalin, Waleri Limarenko, erklärte im Staatsfernsehen, dass keine Verletzten oder schwerwiegenden Zerstörungen gemeldet wurden.
Höhere Flutwellen vor Japans Küsten - Fukushima-Ruine evakuiert
Entlang der Pazifikküste in Japan traf eine Flutwelle von über einem Meter Höhe ein. In einem Hafen in der nordöstlichen Präfektur Iwate wurde eine Welle von 1,30 Metern registriert, wie lokale Medien berichteten. An den Küsten anderer Präfekturen wurden Flutwellen von bis zu 80 Zentimetern beobachtet.
Eine Frau stürzte mit ihrem Auto von einer Klippe und starb. Wie örtliche Medien unter Berufung auf die Rettungskräfte berichteten, soll die 58-Jährige in der Präfektur Mie zuvor eine Nachricht an ihre Familie geschickt haben, dass sie sich angesichts der Tsunami-Warnung auf den Weg in höher gelegene Gebiete machen würde. Vermutlich habe sie dabei das Lenkrad falsch bedient, hieß es. Das Auto sei etwa 20 Meter in die Tiefe gestürzt, hieß es. Die Frau starb im Krankenhaus.
Die Behörden gaben Warnungen vor einem möglichen bis zu drei Meter hohen Tsunami heraus. Geografisch betrachtet liegt der Norden Japans dem Erdbebengebiet am nächsten. Über zwei Millionen Menschen wurden dazu aufgefordert, Schutz zu suchen.

Meterhohe Wellen überfluten einen Deich in der Nähe der Mündung des Hei-Flusses. Vor zehn Jahren am 11.03.2011 verursachten ein Erdbeben und ein Tsunami einen Super-GAU im Atomkraftwerk Fukushima. (Archivbild)
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Der Betreiber des japanischen Atomkraftwerks Fukushima Daiichi hat aufgrund einer Tsunami-Warnung alle Arbeiter aufgefordert, sich in höher gelegenen Gebieten in Sicherheit zu bringen. Die Betreiberfirma Tokyo Electric Power (Tepco) bestätigte gegenüber der „Japan Times“, dass die Evakuierung erfolgreich durchgeführt wurde.
Infolge eines schweren Erdbebens und eines gewaltigen Tsunamis kam es am 11. März 2011 zu mehreren Kernschmelzen im Atomkraftwerk im Nordosten des Inselreichs.
Eine Tsunami-Warnung in Japan führte zu Verkehrsbeeinträchtigungen während der Hochsaison für ausländische Touristen. Der Straßen-, Bahn- und Flugverkehr war teilweise unterbrochen, und Fabriken mussten ihre Produktion einstellen, berichtete die japanische Wirtschaftszeitung „Nikkei“.
In Asien kommen Erinnerungen an Tsunami von 2004 hoch
In der südostasiatischen Region haben die Tsunami-Warnungen bei vielen Menschen sicher schmerzhafte Erinnerungen an den 26. Dezember 2004 geweckt, als ein schweres Unterwasserbeben der Stärke 9,1 vor der Küste von Sumatra eine massive Flutwelle auslöste.

Ein Tsunami zerstört am 26.12.2004 am Strand gelegene Bungalows auf der Insel Phi Phi in Thailand. Bei der furchtbaren Tsunami-Katastrophe von 2004 kommen am zweiten Weihnachtstag mehr als 230.000 Menschen ums Leben. (Archivbild)
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Damals gab es in verschiedenen Ländern, darunter Indonesien, Thailand, Indien und Tansania, zahlreiche Opfer. Etwa 230.000 Menschen verloren ihr Leben.
USA von Hawaii über Alaska bis Kalifornien im Alarmzustand
Auf Hawaii, einem US-amerikanischen Archipel im Pazifik, sind erste Flutwellen eingetroffen. Laut CNN erreichte die höchste Welle eine Höhe von 1,50 Metern. Eine Tsunami-Warnung des staatlichen Tsunami-Warnzentrums, die zuvor für die Inselgruppe gegolten hatte, wurde mittlerweile auf die Stufe Gelb herabgestuft, wie auf der Karte des National Tsunami Warning Center auf der Plattform X zu sehen ist. Strände, insbesondere auf der größten Insel Hawaii, wurden evakuiert.
Die Schifffahrt in allen Häfen wurde eingestellt, während alle Flüge von und nach Maui für Dienstagabend gestrichen wurden, verkündete Gouverneur Josh Green während einer Pressekonferenz. Rund 200 Personen suchten Zuflucht in einem Terminal. Bisher wurden keine Schäden an den Flughäfen festgestellt.
Entlang der US-Westküste, beispielsweise in Kalifornien, haben Behörden vor den Wellen gewarnt und Bewohner einiger Küstenorte aufgefordert, sich in höhergelegene Gebiete zu begeben. Auch in Alaska und der kanadischen Westküstenprovinz British Columbia wurden Maßnahmen ergriffen, um auf die erhöhte Wellenaktivität vorbereitet zu sein.
Entlang der pazifischen Küste Lateinamerikas haben mehrere Länder Warnungen vor Flutwellen herausgegeben. Darunter sind Mexiko, Guatemala, Ecuador, Peru und Chile.
Behörden betonen, dass die Stärke eines Tsunamis nicht zwangsläufig von der ersten Welle bestimmt wird, da sich die Wellen manchmal stufenweise aufbauen können. Somit bedeutet eine erste Welle von weniger als einem Meter nicht automatisch Entwarnung.
China und Philippinen heben Tsunami-Warnungen auf
Am Nachmittag um etwa 15.00 Uhr Ortszeit wurde die zuvor ausgegebene gelbe Tsunami-Warnung für die Küsten der Provinz Zhejiang und von Shanghai von China aufgehoben. Dies gab das zuständige Tsunami-Warnzentrum basierend auf aktuellen Überwachungsdaten bekannt.
Obwohl die Warnung aufgehoben wurde, bereitet sich Shanghai immer noch auf die Ankunft eines Tropensturms vor. Gleichzeitig hat die zentrale Wetterbehörde in Taiwan die Bewohner der Küstenregion aufgefordert, wachsam zu bleiben und angemessene Vorsichtsmaßnahmen zu treffen.
Am Nachmittag hoben die Philippinen ihre Tsunami-Warnung auf, nachdem keine signifikanten Meeresspiegelschwankungen oder zerstörerischen Tsunamiwellen registriert wurden. Das örtliche Institut für Vulkanologie und Seismologie (Phivolcs) teilte mit, dass alle Empfehlungen für die Bevölkerung aufgrund der verfügbaren Daten der Meeresspiegelüberwachungsstationen zurückgenommen wurden.
Die Philippinen und Indonesien haben vorher Anwohner in Küstennähe dazu aufgefordert, Schutz zu suchen. Indonesien meldete geringfügige Tsunamiwellen.
Laut der indonesischen Behörde für Meteorologie, Klimatologie und Geophysik (BMKG) erreichten sie eine Höhe von höchstens 0,2 Metern. Frühere Tsunami-Warnungen galten für mehrere östliche Provinzen, darunter Nordsulawesi. In besonders gefährdeten Küstengebieten wurden präventiv Schulen geschlossen und Evakuierungen gestartet. (dpa)