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„Einzigartiges Stück Bayern verloren“Berühmte „Eiskapelle“ am Watzmann eingestürzt – Opfer des Klimawandels

3 min
Eiskapelle mit Schmelzwasserbach, Eisfeld am Fuß der Watzmann-Ostwand, Nationalpark Berchtesgaden, Watzmann, Schönau am Königssee, Oberbayern, Bayern, Deutschland, Europa *** Ice chapel with meltwater stream, ice field at the foot of the Watzmann east face, Berchtesgaden National Park, Watzmann, Schönau am Königssee, Upper Bavaria, Bavaria, Germany, Europe Copyright: imageBROKER/HerbertxBerger ibxheb05907221.jpg Bitte beachten Sie die gesetzlichen Bestimmungen des deutschen Urheberrechtes hinsichtlich der Namensnennung des Fotografen im direkten Umfeld der Veröffentlichung!

Die Eiskapelle mit Schmelzwasserbach am Fuß der Watzmann-Ostwand einige Jahre vor ihrem Einsturz (Archivbild)

Forscher hatten es erwartet, wenn auch nicht so schnell: Die berühmte Eiskapelle im südbayerischen Nationalpark ist zusammengebrochen.

Sie war eine besondere Sehenswürdigkeit in den Berchtesgadener Alpen und ist nun ein Opfer der Erderwärmung geworden: Die sogenannte Eiskapelle am Fuß der Watzmann-Ostwand ist eingestürzt. Dies sei eine Folge des fortschreitenden Klimawandels, teilte der Nationalpark Berchtesgaden mit.

Bei der Eiskapelle handelte es sich um einen Hohlraum im Inneren des Firneisfelds auf rund 900 Metern Höhe. Seit Ende 2019 habe die Formation mehr als 575.000 Kubikmeter Firneis verloren, hieß es in der Mitteilung. Forscher hatten deshalb laut Nationalparkverwaltung das Verschwinden der Eiskapelle vorhergesagt, über den frühen Zeitpunkt des Einsturzes seien aber auch die Experten überrascht.

Dieses von der Nationalparkverwaltung Berchtesgaden zur Verfügung gestellte Bild zeigt die sogenannte Eiskapelle am Watzmann nach ihrem Einsturz.

Dieses von der Nationalparkverwaltung Berchtesgaden zur Verfügung gestellte Bild zeigt die sogenannte Eiskapelle am Watzmann nach ihrem Einsturz.

In den sozialen Medien sind Fotos zu sehen, welche die dramatischen Veränderungen der Eiskapelle in den vergangenen Jahren zeigen. So hatte die französische Geologin Melaine Le Roy noch Anfang September eine Bild-Kombo bei X gepostet, die das rasche Verschwinden des Eises zeigt. Sie schrieb dazu, die Eiskapelle sei „diesen Sommer zum ersten Mal fast verschwunden“. Wenige Tage später wurden ihre Befürchtungen dann Realität.

Ein Grund für das schnelle Abschmelzen der Eiskapelle: Die vergangenen Winter waren schneearm und die Sommer zudem sehr warm. Die warmen Niederschläge der vergangenen Wochen hätten den Prozess beschleunigt, so der Nationalpark, bis die Eiskapelle schließlich nach und nach in sich zusammenbrach.

Watzmann-Kapelle eingestürzt: Auswirkungen für Wanderer

Akut bedeutet der Einsturz der Eiskapelle zusätzliche Gefahren für Bergsteiger: „Wir warnen Wanderer eindringlich vor dem Betreten der Reste der Eiskapelle, es herrscht im gesamten Bereich der Eiskapelle akute Steinschlaggefahr. Auch der letzte, noch stehende Eisbogen und die Eiswände am Rand können jederzeit zusammenbrechen“, sagte Nationalparkleiter Roland Baier.

Zunächst hieß es am Dienstag, auch die Zustiege in die Watzmann-Ostwand seien betroffen. Am Mittwoch präzisierten die Verantwortlichen des Nationalparks dann, dass die Zustiege zur Begehung der Watzmann-Ostwand über den Berchtesgadener Weg und den Münchner Weg nicht gemeint seien. Eine Begehung unter der Berücksichtigung der normalen alpinen Gefahren sei möglich.

Nationalparkleiter ist „schockiert“ vom Einsturz der Eiskapelle

„Es ist bedrückend und schockierend zugleich, dass die Eiskapelle, die bereits Alexander von Humboldt im November 1797 besuchte, nun einfach weg ist“, hatte Roland Baier am Dienstag gesagt. „Damit verlieren wir nicht nur eine wichtige regionale Sehenswürdigkeit, sondern auch ein überregional wertvolles Geotop.“ Der Einsturz der Eiskapelle sei ein für alle deutlich sichtbarer Beleg dafür, welche Veränderungen der Klimawandel vor Ort mit sich bringe.

Die Naturattraktion wurde jedes Jahr von tausenden Menschen besucht und galt als das tiefstgelegene permanente Eisfeld der Deutschen Alpen, wie „Spektrum“ schreibt. Sie war ausschließlich per Schiff vom Königssee aus zu erreichen. Von der Halbinsel St. Bartholomä führte ein relativ leichter Wanderweg in einer Stunde hinauf. Das Betreten der Eiskapelle war allerdings wegen der damit verbundenen Lebensgefahr schon immer verboten.

„Einzigartiges Stück Bayern verloren“

„Wir haben ein einzigartiges Stück Bayern verloren“ kommentiert ein Moderator beim Bayerischen Rundfunk den Einsturz der Eiskapelle. Sebastian Grassl, Ranger beim Nationalpark Berchtesgaden erklärt in dem Beitrag, die Eiskapelle sei vom Lawinenschnee aus der Ostwand des Watzmanns gespeist. Der Schnee sei aber immer weniger geworden in den vergangenen Jahren.

Ob sich die Eiskapelle irgendwann neu bilden könnte, ist offen. Am Ende des Eisgrabens am Fuße der Watzmann-Ostwand würden sich auch in Zukunft winterliche Niederschlagsmassen in Form von Lawinenschnee sammeln und ein Firneisfeld mit einem Höhlensystem bilden, erklärte Andreas Wolf, der Vorsitzende des Verbandes der Deutschen Höhlen- und Karstforscher. „In welcher Größe und in welchem Ausmaß, wird die Zukunft zeigen.“ (cme/dpa)