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Skandalrocker Pete Doherty„Manche halten mich für eine Karikatur“

Lesezeit 4 Minuten
Foto Doherty

Musiker Pete Doherty

  1. Der britische Musiker Pete Doherty ist mit einer neuen Band zurück und tritt am Freitag in Köln auf.
  2. Berühmt wurde er vor allem durch seine Drogenexzesse, abgesagte Tourneen, Festnahmen und seine Beziehung zu Model Kate Moss.
  3. Im Interview spricht er über den Soldaten in sich, die Flucht vor den Paparazzi und seine deutschen Lieblingswörter.

Glückwünsch, Mr. Doherty! Sie haben kürzlich Ihren 40. Geburtstag gefeiert. Vor ein paar Jahren hätten nicht viele darauf gesetzt, dass Sie überhaupt die 40 schaffen.

Den überwiegenden Teil meines Erwachsenenlebens habe ich selbst nicht mal erwartet, die nächsten fünf Minuten zu überstehen! Aber ich war nie selbstmordgefährdet. Da ist etwas in mir... eine Art Soldat. Er ist sehr anders als ich: Er ist nicht sensibel, er denkt nicht viel nach, aber er ist verdammt noch mal stark.

Wann haben Sie den Soldaten entdeckt?

Ich glaube, er war immer schon da. Aber er hat sich mir erst vorgestellt an dem Tag, als ich wegen Kokain-Besitzes ins Gefängnis kam. Er tauchte auf und suggerierte mir: Ich übernehme jetzt hier. Halte dich raus und entspann dich einfach.

Für die einen sind Sie ein begnadeter Songpoet. Andere bringen Sie in erster Linie mit Ihren Drogeneskapaden in Verbindung.

Ja, die halten mich für eine Karikatur. Es gibt sogar Leute, die enttäuscht sind, wenn sie mich treffen, weil ich nicht total im A... bin. Das ist wirklich traurig. Aber es war ja auch lange Zeit so. Ständig gab es negative Geschichten über mich und ein schlimmes Foto dazu. Und an den paar Tagen, wo ich klar war, manipulierten sie das Foto oder lichteten mich ab, wenn ich gerade beim Niesen war. Das gab mir das Gefühl, eine gefährliche Person zu sein oder eine Bedrohung für die Gesellschaft.

Foto Moss

Mit Kate Moss 2005 bei einem Festival

Nach einigen Jahren in Hamburg leben Sie jetzt seit zwei Jahren im nordenglischen Küstenort Margate. Sind Sie dort allein unter Rentnern?

Nein, solch eine Stadt ist es nicht. Margate war mal ein Urlaubsort, zu dem die Leute aus London in Scharen mit dem Zug kamen. In den Achtzigern verwaiste es dann, es herrschte hohe Arbeitslosigkeit und viele Verbrechen passierten. Wenn du heutzutage im Zeugenschutzprogramm bist, Asylsuchender oder ein durchgeknallter Teenager, der aus der Schule raus muss, dann schicken sie dich nach Margate.

Aber warum haben Sie dann dort ein Hotel gekauft?

Weil es so günstig war, so unglaublich günstig!

Und Sie haben Einiges investiert?

Klar, das Ganze war Carls Idee (Carl Barât, Dohertys Bandkollege bei The Libertines, Anm. d. Red.). Er beschloss, dass die Libertines ein Hauptquartier bräuchten. Er fand dann das fünfstöckige, alte Stadthaus. Er hat mich dann für fünf Festival-Auftritte nicht bezahlt, weil er weiß, dass ich zur Geldverschwendung neige. Die anderen haben ihren Anteil gespart. Und nun bin ich einer von sechs Investoren. Unser Studio ist bereits fertig, nach und nach soll das Hotel entstehen.

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Ihr Husky soll die Katze der Nachbarin gefressen haben.

Es gibt keinen Beweis dafür, dass die Katze nicht längst tot war, als mein Hund sie für ein paar Sekunden im Maul hatte! Ich nahm mir trotzdem ein Herz, bin zur Nachbarin gegangen und habe mich entschuldigt. Ich bat sie aber auch, damit nicht zur Presse zu rennen. Und dann tat sie es doch. Und die Überschrift lautete dann: „Ich hoffe, er ist ein besserer Sänger als Hundebesitzer.“

Es wurde schon Schlimmeres über Sie berichtet. Trotzdem hat es Sie verärgert?

Klar, denn wegen der Sache standen die Paparazzi wieder vor meiner Haustür. Es war das erste Mal in zwei Jahren, davor war alles friedlich. Es gab nichts Schlechtes über mich zu berichten. Ich war an dem Tag auch freundlich gegenüber den Fotografen. Aber das gefiel ihnen nicht.

Foto Band

2017 mit dem Bandkollegen Carl Barât

Nach den Produktionen mit den Libertines und Babyshambles veröffentlichen Sie nun unter dem Namen Peter Doherty & The Puta Madres ein Debütalbum. Wieso brauchen Sie immer wieder Neuanfänge?

Ich weiß es nicht. Ich mache eigentlich nie Pläne, weil die bei mir sowieso nicht funktionieren. Diese Band ist so was wie ein Auffangbecken verlorener Seelen. Miggles, der französische Bassist, den ich schon lange kenne, war bei der Band The Parisians, wurde danach aber obdach- und arbeitslos. Also lud ich ihn ein, mitzumachen. Auch mein Schlagzeuger Rafa ist eine problembehaftete Seele. Er lebte in Barcelona auf der Straße und spielte für die Touristen.

Wie ist es denn nach den Jahren in Hamburg um Ihre Deutschkenntnisse bestellt?

(auf Deutsch) Nicht so gut.

Haben Sie ein deutsches Lieblingswort?

Radiergummi! Und mir gefällt auch Creutzfeldt-Jakob und Methadon.

Das Gespräch führte
Katja Schwemmers