In Italien ist von einem „Skandal“ die Rede, die AfD will ihn ausschließen. Doch Alexander Eichwald lieferte nicht die einzige Nazi-Anspielung beim AfD-Kongress.
AfD-Mitglied aus NRW„Skandal“ um Rede im Hitler-Stil – Empörung auch in Europa

Der Auftritt Alexander Eichwald beim AfD-Jugendkongress in Gießen sorgt für Empörung. (Archivbild)
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Der Auftritt mit rollendem „R“ erinnerte stark an Reichskanzler Adolf Hitler – und hat auch im europäischen Ausland für Aufsehen gesorgt. In Deutschland habe es einen „Skandal um die Hitler-ähnliche Rede eines AfD-Kandidaten“ gegeben, titelte etwa die italienische Zeitung „La Repubblica“ am Sonntag. Die Rede ist von Alexander Eichwald, der mit seinem Auftritt beim AfD-Jugendkongress am Samstag (29. November) in Gießen Erinnerungen an die Nazi-Zeit geweckt – und damit auch innerhalb der eigenen Partei für Aufregung gesorgt hat.
Bei der in Teilen rechtsextremen Partei war man nach Eichwalds Auftritt schnell um Distanzierung bemüht und brachte dafür sogar Spekulationen über eine V-Mann-Tätigkeit Eichwalds ins Spiel.
AfD kontert hitlerartige Rede mit V-Mann-Verdacht
„Egal ob linker Provokateur, V-Mann oder einfach verrückt – wer so auftritt, hat in der AfD und ihrer Jugendorganisation nichts verloren“, sagte etwa der frisch gewählte Chef des AfD-Nachwuchses Generation Deutschland, Jean-Pascal Hohm. „Der Auftritt von Alexander Eichwald hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig es ist, bei Aufnahmegesprächen genau hinzuschauen, wen man in die Partei aufnimmt und wen nicht“, fügte Hohm hinzu.
Eichwald hatte mit einem an Hitler oder dessen Propagandaminister Joseph Goebbels erinnernden Tonfall für Verwirrung und Kritik im Saal gesorgt. Er sprach die Teilnehmer mit „Parteigenossen und -genossinnen“ an und rief in den Saal: „Die Liebe und Treue zu Deutschland teilen wir uns hier gemeinsam“ und „es ist und bleibt unsere nationale Pflicht, die deutsche Kultur vor Fremdeinflüssen zu schützen“.
Zwölf Prozent der Stimmen für Alexander Eichwald
Eichwald bewarb sich mit seiner Rede um einen Posten im Vorstand der frisch gegründeten Generation Deutschland. Er unterlag zwar deutlich gegen Mitbewerber Alexander Claus, bekam aber immerhin zwölf Prozent der Stimmen – trotz des an Hitler erinnernden Auftritts zuvor.
Die V-Mann-Theorie der AfD wurde unterdessen bereits im Saal in Gießen das erste Mal vorgebracht. Ein Redner im Saal stellte laut die Frage, ob Eichwald ein V-Mann des Verfassungsschutzes sei. Gefragt wurde auch, ob es sich um eine provokative Satire-Aktion handele – und wer hinter einer solchen Aktion stecken könnte.
AfD-Parteispitze schaltet sich ein
Am Sonntag schaltete sich dann auch die AfD-Spitze ein. Parteichef Tino Chrupalla kündigte eine Prüfung der Daten und Mitgliedsrechte Eichwalds an, der erst seit Oktober Mitglied der NRW-AfD in Herford sein soll. Mit Inhalt sowie Art und Weise seines Bewerbungsvortrags habe sich Eichwald von den Grundsätzen der Partei distanziert, was der Bundesvorstand missbillige, erklärte Chrupalla.

AfD-Parteichef Tino Chrupalla umarmt den frisch gewählten Vorsitzenden des AfD-Nachwuchses Generation Deutschland, Jean-Pascal Hohm. (Archivbild)
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Michel Schneidermann, Fraktionschef der AfD im Stadtrat Herford, sagte der „Bild“-Zeitung unterdessen, er kenne Eichwald erst seit zwei Monaten und habe nichts von der Kandidatur gewusst. In einer Mitteilung distanzierte sich der Kreisverband ausdrücklich von Eichwald und forderte ihn mit sofortiger Wirkung zum Austritt aus der Partei auf. Gleichzeitig bereite der Kreisvorstand den Parteiausschluss vor, hieß es in dem Schreiben.
Später am Montag wurde schließlich bekannt, dass die AfD in Herford Eichwald aus ihrer Fraktion im dortigen Stadtrat abgezogen hat. Der Bielefelder AfD-Politiker Maximilian Kneller bestätigte den Schritt gegenüber mehreren Medien. Eichwald war als sachkundiger Bürger beratend für die AfD im Stadtrat tätig. Nun wird er als fraktionsloser, sachkundiger Bürger geführt.
Scharfe Kritik an Auftritten bei AfD-Jugendkongress
Eichwald hatte nach seiner Rede sein auffällig rollendes „R“ damit begründet, Russlanddeutscher zu sein. Sein Auftritt sei ernst gewesen, erklärte er beim Verlassen der Tagungshalle in Gießen kurz und knapp.
Nach dem an die Nazi-Zeit erinnernden Auftritt Eichwalds wird unterdessen scharfe Kritik an der AfD laut. „Es ist schon entlarvend, dass es bei der Kritik der AfD an dieser Rede nur darum geht, WIE er Dinge gesagt hat und nicht, WAS er gesagt hat“, schrieb etwa Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen, auf der Plattform X.
Lamya Kaddor: „Was für eine Schande“
„80 Jahre nach der Hitlerdiktatur maßen sich Personen wie Höcke oder dieser Herr an, Reden in völkischer Nazi-Rhetorik zu halten. Was für eine Schande“, schrieb derweil Parteikollegin Lamya Kaddor. „Die AfD behauptet absurderweise immer, nichts mit Nazis zu tun zu haben – solche Videos beweisen das Gegenteil!“, schrieb die Grünen-Politikerin weiter zu einem Ausschnitt aus Eichwalds Rede in Gießen.
Der skurrile Auftritt des AfD-Mitglieds aus NRW blieb jedoch nicht die einzige Anlehnung an die Nazi-Zeit, die es beim AfD-Jugendkongress zu hören hab. Auch andere Kandidaten schlugen bei der Wahl des Vorstandes der neuen AfD-Jugendorganisation stramm rechte Töne an.
AfD-Jungpolitiker nutzt Leitsatz der Hitlerjugend
So rief etwa der schleswig-holsteinische AfD-Jungpolitiker Kevin Dorow, der in das Führungsgremium der AfD-Nachwuchsorganisation gewählt wurde, dazu auf, sich weder vom sogenannten Vorfeld, noch „von denjenigen, die außerhalb der etablierten Parteistrukturen für dieselben Ziele kämpfen wie wir“ zu distanzieren.
Stattdessen müsse das sogenannte Overton-Fenster verschoben werden, forderte Dorow. Gemeint ist damit die Verschiebung des Sagbaren. „Wie es Björn Höcke vor wenigen Monaten rezitiert hat, Jugend muss durch Jugend geführt werden, und dieses Prinzip muss unser Leitstern sein“, erklärte Dorow. Der Ausspruch „Jugend wird durch Jugend geführt“ war einer der Leitsätze der Hitlerjugend.
Andere später erfolgreich in den Vorstand von neu gegründeten Generation Deutschland gewählte Kandidatinnen und Kandidaten bekamen unterdessen viel Applaus für ihre Forderungen nach „millionenfacher Remigration“. (mit dpa)
Der Artikel wurde mit den Angaben von AfD-Politiker Maximilian Kneller aktualisiert.

