Vor neuer Anklage in GeorgiaAller schlechten Dinge sind vier – Noch mehr Ärger für Donald Trump

Lesezeit 5 Minuten
dpatopbilder - 14.08.2023, USA, Bedminster: Donald Trump, ehemaliger Präsident der USA, spricht mit Menschen in der Menge als er über das 18. Loch schaut, während der letzten Runde des Bedminster Invitational LIV Golfturniers in Bedminster, New Jersey. Foto: Seth Wenig/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Donald Trump bei einem Golfturnier in Bedminster, New Jersey. Dem Ex-Präsidenten droht das vierte Gerichtsverfahren.

Drei Strafverfahren gegen den amerikanischen Ex-Präsidenten laufen schon. Nun steht offenbar die nächste Anklage bevor – dieses Mal wegen versuchter Wahlmanipulation im Bundesstaat Georgia.

Eigentlich wollte sich Donald Trump am Sonntag ein wenig in seinem privaten Golfclub im Bundesstaat New Jersey ausruhen. Am Tag zuvor hatte er die legendäre Iowa State Fair besucht, eine Landwirtschaftsmesse, bei der Präsidentschaftsbewerber ihre Volksnähe unter Beweis zu stellen versuchen. Der 77-Jährige war mit seinem Auftritt zufrieden: Eifrig postete er Videoclips auf seiner Propagandaplattform Truth Social.

Doch irgendwann trübte sich die Laune des Ex-Präsidenten ein. „Was will die verrückte Fani von mir?“, beklagte er sich in mehreren Nachrichten. Dann wetterte er: „Ich habe einen perfekten Anruf getätigt. Das ist eine Hexenjagd!“

Kurz zuvor war bekannt geworden, dass Trump die nächste Anklage droht – dieses Mal im Bundesstaat Georgia. Dort hatte der Ex-Präsident im Januar 2021 den republikanischen Innenminister bedrängt, bei der Auszählung noch 12.000 Stimmen für ihn zu „finden“. Bezirksstaatsanwältin Fani Willis hat zweieinhalb Jahre lang Beweismaterial zusammengetragen und will dies offenbar an diesem Dienstag einer Grand Jury in Atlanta präsentieren.

Noch nie in der US-Geschichte wurde ein Ex-Präsident strafrechtlich verfolgt. Doch nach der nun erwarteten Anklage laufen Verfahren gegen Trump gleich an vier Orten: in New York, Miami, Washington und Atlanta. Damit stellt der Rechtspopulist einen besonderen Rekord auf. Hinter Gittern sitzt er aber noch lange nicht. Seine Anwälte werden alles tun, die Prozesse bis zur Wahl zu verzögern.

So steht es in den einzelnen Verfahren gegen Trump

Schweigegeldzahlung

Um Negativschlagzeilen im Wahlkampf (und mutmaßlich auch Ärger mit seiner Frau Melania) zu vermeiden, wies Trump im Oktober 2016 seinen damaligen Anwalt Michael Cohen an, ein Schweigegeld von 130.000 Dollar an seine Ex-Affäre, die Pornodarstellerin Stormy Daniels, zu zahlen. Das ist an sich nicht strafbar. Doch soll Trump zur Vertuschung Dutzende Finanztransfers in Geschäfts- und Steuerunterlagen falsch deklariert haben.

Stand des Verfahrens

Auf Antrag des New Yorker Bezirksstaatsanwalts Alvin Bragg wurde im April Anklage in 34 Punkten erhoben. Trump erschien persönlich und plädierte auf nicht schuldig. Den afro-amerikanischen Staatsanwalt hatte er als „Rassisten“ beschimpft. Der Prozess soll am 25. März 2024 eröffnet werden – mitten in der heißesten Phase des Vorwahlkampfes.

Dokumentenaffäre

Bei seinem Ausscheiden aus dem Weißen Haus im Januar 2021 ließ Trump Hunderte Kisten mit vertraulichen, geheimen und streng geheimen Regierungsunterlagen unter anderem zu den militärischen Fähigkeiten der USA und ihrer Alliierten in seine Privatresidenz Mar-a-Lago in Florida (und später auch seinen Golfclub in New Jersey) schaffen. Die Fotos der ungesicherten Umzugskisten in Badezimmern und Vorratsräumen gingen kürzlich um die Welt. Anderthalb Jahre lang weigerte sich der Ex-Präsident, die Unterlagen dem Nationalarchiv auszuhändigen. Stattdessen zeigte er, wie eine Tonaufnahme belegt, hochgeheime Pentagon-Pläne für einen möglichen Militärschlag gegen den Iran herum. Nach den am Donnerstag bekannt gewordenen neuen Erkenntnissen der Ermittler wies er zudem vor einer FBI-Razzia im Sommer 2022 seinen Hausverwalter an, Aufnahmen aus den Überwachungskameras zu vernichten, die die versteckten Dokumente zeigen.

Stand des Verfahrens

Die Untersuchung der Dokumentenaffäre wird vom bundesstaatlichen Sonderermittler Jack Smith geleitet. Im Juni wurde in Miami in Trumps Beisein die Anklage eröffnet. Ursprünglich umfasste die Schrift 37 Punkte vor allem wegen „vorsätzlicher Zurückbehaltung“ nationaler Sicherheitsinformationen. Nun hat der Sonderermittler den schwerwiegenden Vorwurf der Verfälschung und Vernichtung von Beweismaterial hinzugefügt. Die für das in Florida laufende Verfahren verantwortliche Richterin Aileen Cannon hat den Prozessbeginn auf den 20. Mai 2024 terminiert.

Anstachelung zum Kapitolsturm

Anderthalb Jahre lang hat ein Untersuchungsausschuss des Repräsentantenhauses die Rolle des Ex-Präsidenten bei der versuchten Manipulation der Wahl vom November 2020 aufgearbeitet und in einem 845-seitigen Bericht detailliert zusammengetragen, wie Trump systematisch Lügen über angebliche Stimmenfälschung verbreitete, zur Ernennung falscher Wahlleute aufrief und schließlich am 6. Januar 2021 den gewaltbereiten Mob zum Sturm auf das Kapitol aufhetzte. Doch das Parlament kann nicht anklagen. Der Bundessonderermittler Smith hat deshalb umfangreiche eigene Untersuchungen durchgeführt und für eine 45-seitige Anklageschrift zahlreiche Beweise zusammengetragen.

Stand des Verfahrens

Am 3. August wurde die politisch wohl schwerwiegendste Anklage in Washington im Beisein von Trump eröffnet, dem unter anderem „Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten von Amerika“ vorgeworfen wird. Der Ex-Präsident erklärte sich für nicht schuldig und polterte kurz darauf bei Truth Social: „Wenn ihr mich verfolgt, werde ich euch verfolgen“. Ankläger Smith fasste dies als Drohung auf und erwirkte eine sogenannte Schutzanordnung: Richterin Tanya Chukan hat Trump gewarnt, dass er keine sensiblen Informationen über Zeugen öffentlich machen darf. Einen Termin für den Prozessbeginn gibt es noch nicht. Nach dem Willen von Smith soll dies aber bereits am 2. Januar 2024 geschehen – das wäre zwei Wochen vor Beginn der republikanischen Vorwahlen in Iowa.

Wahlmanipulation in Georgia

In einem legendären Telefonanruf forderte Trump am 2. Januar 2021 den republikanischen Innenminister von Georgia, Brad Raffensperger, auf: „Ich möchte, dass du 11.780 Stimmen findest.“ Joe Biden hatte den Bundesstaat nämlich mit einem Vorsprung von 11.779 Stimmen gewonnen. Raffensperger weigerte sich. Mit der versuchten Einflussnahme dürfte Trump (und diverse Vertraute, die ihn unterstützten) gegen mehrere Landesgesetze in Georgia verstoßen haben. Nach Berichten amerikanischer Medien stieß Bezirksstaatsanwältin Fani Willis bei ihren Ermittlungen zudem auf weitere mögliche Straftaten. So sollen Trump-Anwälte versucht haben, die Wahlmaschinen in einem ländlichen Bezirk zu manipulieren.

Stand des Verfahrens

Die Grand Jury in Atlanta hat 75 Zeugen befragt und ihren Abschlussbericht vorgelegt. An diesem Dienstag will Willis nun offenbar Anklage erheben, über deren Annahme das Geschworenengericht dann kurz darauf entscheiden dürfte.

KStA abonnieren