Nachdem die USA mit ihrer Sicherheitsstrategie bereits Europa ins Visier genommen haben, legt US-Präsident Trump nun persönlich nach.
US-Präsident auf EskalationskursTrump attackiert „impotentes“ Europa – Gegenwind von Merz

US-Präsident Donald Trump hat die europäischen Staaten in einem Interview erneut harsch attackiert. (Archivbild)
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Der Disput zwischen den USA und Europa um den richtigen Umgang mit Russland und amerikanische Attacken auf die europäische Demokratie geht in die nächste Runde: US-Präsident Donald Trump hat erst auf seiner Plattform Truth Social einen Artikel der „New York Post“ verbreitet, der Europa „Impotenz“ attestiert und dann in einem Interview selbst erneut gegen die europäischen Staaten ausgeteilt.
Europa bestehe aus einer „verfallenden“ Gruppe von Nationen, die von „schwachen Menschen“ angeführt werden, behauptete der US-Präsident gegenüber dem US-Medium „Politico“ und kritisierte die europäischen Staatschefs dafür, dass sie es angeblich nicht schaffen würden, die Migration zu kontrollieren und Russlands Krieg zu beenden.
Donald Trump hetzt gegen Europa und Migration
Städte wie Paris oder London stellte Trump dar, als würden sie unter der Last der Migration aus dem Nahen Osten und Afrika zusammenbrechen. Ohne eine Änderung der Grenzpolitik würden einige europäische Staaten „keine lebensfähigen Länder mehr sein“, hieß es weiter von Trump, der insbesondere gegen Londons muslimischen Bürgermeister Sadiq Khan hetzte.
Khan sei eine „Katastrophe“, die nur wegen hoher Einwanderung gewählt worden sei, behauptete Trump ohne Beleg. „Er wird gewählt, weil so viele Leute gekommen sind. Die wählen ihn jetzt“, raunte der US-Präsident, was ihm bei „Politico“ die berechtigte Anmerkung einbrachte, es handele sich hierbei um „höchst hetzerische Rhetorik“ des US-Präsidenten.
„Ich habe Viktor Orbán unterstützt“
Trump kündigte außerdem an, dass er weiterhin seine Lieblingskandidaten bei Wahlen in europäischen Ländern unterstützen werde. „Ich habe schon Leute unterstützt, aber auch Leute, die viele Europäer nicht mögen. Ich habe Viktor Orbán unterstützt“, erklärte Trump etwa mit Blick auf den rechtspopulistischen ungarischen Ministerpräsidenten, der einen prorussischen Kurs fährt und die Europas Unterstützung der Ukraine mehrfach zu blockieren versucht hat.
Bei den Bemühungen um ein Kriegsende in der Ukraine messe er Europa ohnehin nur noch geringe Bedeutung bei, erklärte Trump. „Sie reden, aber sie handeln nicht, und der Krieg geht einfach immer weiter“, behauptete der US-Präsident, der sich weigerte, Europa jegliche Zusicherungen mit Blick auf die Ukraine zu geben. Russland befinde sich eindeutig in einer stärkeren Position als das angegriffene Land, erklärte der US-Präsident.
Trump-Attacke folgt auf anti-europäisches Strategiepapier
Die jüngsten Aussagen des Republikaners stellen eine neue Eskalationsstufe amerikanischer Attacken auf Europa dar. Zuvor hatte bereits die neue nationale Sicherheitsstrategie der USA bei den europäischen Ländern für Entsetzen und Empörung gesorgt. Dort kündigte Washington ebenfalls Einmischungen in die Innenpolitik europäischer Länder an, etwa durch die Unterstützung von Parteien wie der AfD.
Außerdem behaupten die USA in dem Dokument, Demokratie und Meinungsfreiheit seien in Europa in Gefahr. Viele europäische Staaten rangieren unterdessen im renommierten Demokratie-Index des „Economist“ vor den USA, darunter auch Deutschland, das dort als „vollständige Demokratie“ geführt wird, während die USA als „unvollständige Demokratie“ eingeordnet werden.
Friedrich Merz reagiert auf neue US-Sicherheitsstrategie
Bereits zu Wochenbeginn hatte es scharfen Gegenwind für Trump aus Europa gegeben. „Verbündete drohen nicht damit, sich in das demokratische Leben oder die innenpolitischen Entscheidungen der Verbündeten einzumischen – sie respektieren sie“, rügte etwa EU-Ratspräsident Antonia Costa die US-Regierung und ihr neues Strategiepapier.

US-Präsident Donald Trump empfängt Bundeskanzler Friedrich Merz im Juni vor dem Weißen Haus.
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Am Dienstag reagierte dann auch Bundeskanzler Friedrich Merz auf die Sicherheitsstrategie und die darin enthaltenen Attacken auf Europa. „Manches darin ist für uns aus der europäischen Sicht inakzeptabel“, erklärte der CDU-Politiker und fügte hinzu: „Dass die Amerikaner nun die Demokratie in Europa retten wollen, dafür sehe ich keine Notwendigkeit. Wenn sie zu retten wäre – das würden wir schon alleine hinbekommen.“
Friedrich Merz: „Ihr braucht auf der Welt auch Partner“
Merz warnte die USA zudem vor einer zunehmenden Isolierung und bot die Partnerschaft Deutschlands an. „Ich sage in meinen Gesprächen mit den Amerikanern: ‚America first is fine‘, aber ‚America alone‘ kann nicht in eurem Interesse sein.“ Seine Botschaft an die USA sei vielmehr: „Ihr braucht auf der Welt auch Partner, und einer der Partner kann Europa sein. Und wenn Ihr mit Europa nichts anfangen könnt, dann macht wenigstens Deutschland zu eurem Partner“, sagte Merz bei seinem Antrittsbesuch in Rheinland-Pfalz.
Die neue US-Sicherheitsstrategie bestätige ihn derweil in seiner Einschätzung, dass Europa und Deutschland „sicherheitspolitisch sehr viel unabhängiger werden müssen von den USA“, sagte Merz außerdem. Die Europäer müssten sich darauf vorbereiten, dass die USA nicht mehr als Bündnispartner zur Verfügung stünden.
Kritik auch in den USA: „Trump hasst die Demokratien Europas“
Mit der „Bewahrung von Freiheit, Sicherheit und Frieden auf unserem Kontinent“ hätten Europa und die USA ein gemeinsames Ziel, erklärte Merz. „Ich hoffe, dass uns die Amerikaner auf diesem Weg folgen“, fügte der Bundeskanzler hinzu. „Wenn das anders sein sollte, sollten wir zumindest gedanklich und eines Tages auch tatsächlich darauf vorbereitet sein“, warnte Merz jedoch auch. Dass Deutschland sich auf diesen Fall vorbereite, kann man bereits jetzt „in unseren Verteidigungsausgaben sehen“, fügte der CDU-Politiker hinzu.
Trump bekommt derweil auch in den USA deutliche Kritik zu hören. Bereits in den letzten Tagen musste sich der US-Präsident auch aus der eigenen Partei mitunter deutlichen Gegenwind gefallen lassen. Zu Wochenbeginn teilte nun auch der populäre demokratische Senator Bernie Sanders gegen den US-Präsidenten aus und attestierte Trump niedere und demokratiefeindliche Motive.
„Trump hasst die Demokratien Europas, weil sie über eine allgemeine Gesundheitsversorgung, ein starkes Sozialsystem und eine hohe Gewerkschaftsdichte verfügen“, schrieb Sanders auf der Plattform X und attackierte den US-Präsidenten. Trump bevorzuge „das Saudi-Arabien von MBS, wo eine billionenschwere Familie eine brutale Diktatur führt“, erklärte der Demokrat mit Blick auf den saudischen Machthaber Mohammed bin Salman, der oft mit „MBS“ abgekürzt wird. Trumps Kurs sei ein „Verrat an den amerikanischen Werten“, fügte Sanders hinzu. (mit afp)

