In den USA werden zunehmend Zweifel an der „kompletten Auslöschung“ des iranischen Atomprogramms durch das US-Bombardement laut.
Friede den Mullahs, Krieg den MedienUS-Regierung reagiert hart auf Zweifel an Erfolg im Iran

Pete Hegseth trug einen stahlblauen Anzug mit dem üblichen Einstecktuch im Muster der US-Flagge. Aber der amerikanische Verteidigungsminister hatte sich auf einen regelrechten Kampfeinsatz vorbereitet, als er die Pressekonferenz im Pentagon eröffnete.
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Pete Hegseth trug einen stahlblauen Anzug mit dem üblichen Einstecktuch im Muster der US-Flagge. Aber der amerikanische Verteidigungsminister hatte sich auf einen regelrechten Kampfeinsatz vorbereitet, als er die Pressekonferenz im Pentagon eröffnete. „Auf der Suche nach Skandalen, beim Versuch, Keile einzuschlagen und Geschichten zu erfinden, verpassen sie die historischen Momente“, attackierte er die „Fake News“ im Raum. „So viele Aspekte dessen, was unsere tapferen Männer und Frauen geleistet haben, werden durch den Hass dieses Pressekorps untergraben.“
Während er sich mit feindsinnigem Blick immer weiter nach vorne über das Rednerpult beugte, steigerte sich der einstige Fox-News-Moderator in eine wüste Beschimpfung seiner Ex-Kollegen hinein. Schließlich ging er die Reporterin seines Ex-Senders persönlich ab: „Jennifer, Du bist die Schlimmste. Du verdrehst die Dinge am absichtlichsten.“
Trump will Reporter feuern lassen
Der für westliche Politiker eher ungewöhnliche Auftritt dürfte eine Auftragsarbeit für den Präsidenten gewesen sein. Der wütet nämlich seit Tagen gegen die Medien, weil sie den Umfang des amerikanischen Erfolges beim Bombardement der iranischen Atomanlagen anzweifeln. „Die Fake-News-Reporter von CNN und der New York Times sollten gefeuert werden – sofort!!!“, verlangt Donald Trump. Sie würden die Leistung von „tapferen Patrioten“ schmähen. Der „New York Times“ drohte er zudem mit einer Klage.
Auslöser der präsidialen Empörung ist die Berichterstattung über den „streng geheimen“ Bericht des Militärgeheimdienstes DIA zu den Zerstörungen durch die Operation „Midnight Hammer“. Das Nuklearprogramm der Mullahs ist nach dieser Einschätzung mit dem amerikanischen Bombardement nur „um einige Monate“ zurückgeworfen worden. Das widerspricht diametral der Darstellung von Trump, der unmittelbar nach dem Angriff eine „komplette Auslöschung“ der iranischen Atombomben-Ambitionen verkündet hatte und sich dafür seither feiern lässt. Doch auch Äußerungen von Rafael Grossi, dem Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde, zum Verbleib des angereicherten Urans nähren Zweifel an Trumps Triumph-Geheul.
Konnte Uran beiseite geschafft werden?
Unabhängige Institutionen können die Lage vor Ort bislang nicht überprüfen. Für ein abschließendes Urteil über die Wirkung des US-Angriffs ist es nach Expertenangaben zu früh. Aber amerikanische Medien äußern zunehmend die Vermutung, dass ein großer Teil des bereits angereicherten Urans aus der Anlage in Fordo, die vom US-Militär mit bunkerbrechenden Bomben attackiert wurde, rechtzeitig beiseitegeschafft werden konnte. Es könnte also sein, dass die Zentrifugen in Fordo zerstört wurden und der Iran deshalb kein neues Uran anreichern kann, die Mullahs aber trotzdem über genügend Material für den Bau einer Atombombe an einem anderen Standort – etwa in Isfahan - verfügen.
Ein geheimes Briefing für US-Senatoren am Donnerstagabend scheint diese besorgniserregende Hypothese nicht widerlegt zu haben. „Es besteht kein Zweifel, dass dem Programm Schaden zugefügt wurde“, resümierte der demokratische Senator Chris Murphy anschließend: „Aber der Präsident hat die Öffentlichkeit absichtlich getäuscht, als er sagte, das Programm sei ausgelöscht worden.“ Die Vermutung liege nahe, „dass uns das nur ein paar Monate gebracht hat“.
Zweifel bei den Senatoren
Zwar priesen Murphys republikanische Kollegen den Präsidenten überschwänglich. So sprach Tom Cotton, der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses, von einem „schweren Schlag“. Sein Parteifreund Lindsey Graham beharrte: „Ihre operativen Fähigkeiten wurden ausgelöscht. Heute Abend arbeitet dort (in Fordo, d. Red.) niemand mehr.“ Doch beide Politiker ließen sich eine bemerkenswerte Hintertür offen. „Es war nie der Auftrag, alles angereicherte Uran zu zerstören“, betonte Cotton. Und Graham sagte vieldeutig: „Das Problem ist nicht vorbei.“
Verteidigungsminister Hegseth scheinen solche Sorgen nicht zu plagen. Seine Mission an der heimischen Meinungsfront war jedenfalls ein voller Erfolg. Kaum hatte der TV-Profi das Pult verlassen, postete Trump auf seiner Onlineplattform eine begeisterte Fernsehkritik: „Eine der großartigsten, professionellsten und bestätigendsten Pressekonferenzen, die ich je gesehen habe“, jubelte der Präsident. Hegseth repostete eilig das Lob – mit dem Zusatz „Danke, Herr Präsident!“.