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Friedensgespräche
Europa braucht einen eigenen Plan – ohne Trumps Amerika

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3 min
Das Bild zeigt US-Präsident Donald Trump. Foto: Julia Demaree Nikhinson/AP/dpa

Gibt den Friedensprozes vor: US-Präsident Donald Trump

Während die Ukraine in immer größere Bedrängnis gerät, schafft es die EU nicht, eine eigene Strategie gegen Putin zu finden. Das ist ein Fehler.

Als der ukrainische Präsident am Montag nach London kam, traf er zwar die mächtigsten Menschen des alten Europa - neben dem britischen Premier auch die Staatenlenker aus Berlin, Paris und Brüssel und sogar den Chef der einst so mächtigen Nato. Und doch ist das, was sie ihm alle gemeinsam mitgeben konnten, noch immer zum Sterben zu viel, aber zum Überleben zu wenig.

Europa verfällt in Panik

Es ist fast vier Jahre her, dass der russische Angriff auf die Ukraine eine Zeitenwende über Europa brachte. Und neun Jahre, seit Donald Trump seine erste Amtszeit mit der Aussage antrat, die Nato sei obsolet und Amerika gehe ihm über alles. Selbst der Rauswurf Selenskyjs aus dem Weißen Haus jährt sich bald - schon damals bezeichneten ihn viele zu Recht als zweite Zeitenwende.

Trotzdem verfällt Europa gerade zum zweiten Mal binnen weniger Wochen in Panik: Nachdem Trump der Ukraine einen quasi-russischen „Friedensplan“ vorlegte, liest sich nun seine neue Sicherheitsstrategie wie die Scheidungsurkunde vom Bündnispartner Europa.

Dabei waren die Europäer so stolz, dass sie seinen 28-Punkte-Plan etwas aufweichen und der Ukraine Zeit kaufen konnten! Und nun bezeichnet Washington die EU fast schon als strategischen Gegner?

Gezerre und Geschleime

Ja genau. Anders als Europa immer noch hofft, ist Trump so, wie er schon immer sagt - mild gegenüber Putin, begeistert von rechtspopulistischen Bewegungen, offen korrupt. Berlin, London, Paris und Brüssel konnten ihn stets nur mit viel Gezerre und Geschleime davon abhalten, Russland offen zu unterstützen und die Ukraine fallen zu lassen. Und lernten wenig daraus.

Es ist ja richtig, diese Mühe aufzubringen. Ohne die USA wäre es für EU und Nato eine riesige, schmerzhafte Aufgabe, die Ukraine und damit die Nato-Ostflanke gegen die russische Aggression zu verteidigen - immer noch! Aber ein Russland, das die Ukraine einnimmt und dann für seinen nächsten Expansionsschritt berappelt, ist eine Gefahr. Da kann es kaum Europas einziger Plan sein, Trump bei Laune zu halten.

Der Albtraum ist real

EU und Briten stellen zusammen 1,5 Millionen Soldaten und zwei Atommächte - mehr als Russland. Gemeinsam hat Europa etwa die zehnfache Wirtschaftskraft. Reicht das wirklich nicht, um Putin aufzuhalten und abzuschrecken, ohne einen heißen Krieg zu riskieren?

Der EU fehlt jeder strategische Prozess, um pro-aktiv einen langfristigen Anti-Putin-Kurs ohne Washington zu finden. Zwar hat Merz nach seinem Wahlsieg seine 100-Milliarden-Rüstungsschulden aufgelegt, weil er kurz, aber fest mit einem Nato-Austritt der USA rechnete. Doch als der nicht kam, atmete er nur auf, wie nach einem Albtraum.

Doch der Albtraum Trump ist real. Und falls goldene Golfschläger, erfundene Fifa-Friedenspreise und andere Formen kollektiver Selbsterniedrigung irgendwann nicht mehr reichen, um Trump bei Laune zu halten, muss es ohne ihn gehen - wohl oder übel.