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Kommentar

Unmut
Merz hat den Rentenstreit mit Junger Union selbst eskalieren lassen

Ein Kommentar von
3 min
Der Auftritt beim „Deutschlandtag“ der Jungen Union lief für Friedrich Merz nicht gerade ideal.

Der Auftritt beim „Deutschlandtag“ der Jungen Union lief für Friedrich Merz nicht gerade ideal.

In der Auseinandersetzung über die Rente beweist der CDU-Chef kein gutes Gespür. Er hat die Debatte außer Kontrolle geraten lassen. Ausgang offen.

Für den Kanzler und CDU-Chef war der Besuch beim „Deutschlandtag“ der Jungen Union ungemütlich. Dass es bei dem Jahrestreffen des Parteinachwuchses zu einem Showdown im Rentenstreit kam, daran ist Merz selbst Schuld. Und dass die Lage danach noch verkorkster ist als vorher, das hat er sich auch selbst zuzuschreiben.

Ein Blick zurück: Merz und sein Führungszirkel sind sehenden Auges in die Auseinandersetzung mit den Jungen in der Union reingesteuert. Die trugen ihre Bedenken intern schon vor Monaten vor, doch sie wurden nicht gehört. Stattdessen segnete das Bundeskabinett das Rentenpaket trotz eines umstrittenen Zusatzes ab, den die Sozialdemokraten darin verewigten. Merz und sein Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) hätten vorhersehen können, dass die Jungen das nicht still hinnehmen. Im besten Fall hätten sie den Aufstand abwenden können. Das haben sie versäumt.

Als die Junge Gruppe ihren Unmut schließlich öffentlich machte und eine Blockade im Parlament ankündigte, äußerte Merz dann großes Verständnis und sagte, die junge Generation dürfe nicht über Gebühr belastet werden. Er erklärte das Thema zur Chefsache, versprach, sich persönlich darum zu kümmern und weckte damit große Erwartungen.

Ein Fall von kommunikativer Fehlleistung

Merz sprach danach aber nicht mit den Jungen, sondern ließ nach längerem Schweigen auf anderem Wege indirekt durchsickern, dass ihm der Koalitionsfrieden wichtiger sei. Dem Parteinachwuchs sagte er das direkt aber erst beim „Deutschlandtag“ auf offener Bühne. Das ist kein guter Stil und hat große Verärgerung ausgelöst.

Es ist wieder ein Fall von kommunikativer Fehlleistung, wie er in Merz‘ Regierung öfter vorkommt. Diskussionen, die in der Sache vollkommen legitim sind, werden durch schlechte oder fehlende interne Abstimmung viel größer, viel dramatischer und in der Außenwirkung viel schädlicher als sie sein müssten. Merz hat die Sache von Anfang an schlecht gemanagt.

Beim „Deutschlandtag“ trat er nun schroff und von oben herab auf. Damit hat er internen Gräben nur vertieft, anstatt zur Annäherung beizutragen. Die Art, wie die Debatte geführt wurde, hinterlässt Spuren bei den Jungen.

Das Problem ist nicht gelöst

Vor allem hat der Kanzler das Problem nicht gelöst. Der CDU-Chef hat sein politisches Gewicht in die Waagschale geworfen und sich an einem Basta probiert. Die jungen Unionsabgeordneten machen aber keine Anstalten, ihre Blockade im Parlament aufzugeben.

Dafür ist der politische Spielraum, um eine Lösung zu finden, nun noch kleiner als vorher. Nachdem sich Merz so klar auf die Seite der SPD gestellt, hat die nun gar keinen Grund mehr sich zu bewegen. Und Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) hat die undankbare Aufgabe, trotzdem eine Lösung zu finden, mit der er die Abweichler in den eigenen Reihen umstimmen kann.

Dem CDU-Chef ist anzurechnen, dass er sich immerhin einer offenen Aussprache zu dem Thema gestellt hat. Der Frust der Jungen in der Sache ist damit aber keineswegs verflogen. Stattdessen ist der Zusammenhalt in der Union auf die Probe gestellt – und das für ein Thema, bei dem es nicht einmal um ideologische Meinungsverschiedenheiten geht und auch nicht um die laufende Legislaturperiode.

Auch die Anführer der internen Rebellion sind nun in einer schwierigen Lage. Sie haben sich derart aus dem Fenster gelehnt, die Auseinandersetzung zu einer Art Schicksalsfrage erhoben, die über Glaubwürdigkeit der Union und Vertrauen in die Partei entscheide. Sie haben lautstark getönt, auf keinen Fall einzuknicken. Davon können sie nicht einfach abrücken, ohne selbst jede Glaubwürdigkeit zu verlieren.

Damit ist ungewiss, wie es mit dem Rentenpaket weitergeht. Das Ringen dürfte sich noch länger hinziehen. Ob das bei den Wählern gut ankommt, ist fraglich.