Gastautor Elchanan Rosenheim, israelischer Unternehmer und Dozent, plädiert für ein Ende des Gaza-Kriegs - aber nur unter bestimmten Bedingungen. Die einseitige Kritik an Israel hält er für ein Versagen der Moral.
Krieg der HamasWarum Israel das Richtige tut

Ein Fahrzeug der israelischen Armee fährt in der Nähe der Grenze zwischen Israel und Gaza mit einem Transparent mit der Aufschrift 'Bringt sie jetzt nach Hause' (Bring them home now), auf dem die Freilassung von Geiseln gefordert wird, die im Gazastreifen von der militanten Hamas-Gruppe festgehalten werden.
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Ich bin kein Anhänger der aktuellen israelischen Regierung. Ich habe mich immer offen kritisch gegenüber Premierminister Benjamin Netanjahu und seiner Koalition geäußert und setze mich weiterhin aktiv für seine Absetzung ein. Aber es gibt Momente, in denen politische Differenzen beiseitegelegt werden müssen, in denen moralische Klarheit wichtiger ist als Ideologie. Dies ist einer dieser Momente.
Weltweit werden die Rufe nach einer sofortigen Beendigung des Krieges in Gaza immer lauter. Ich stimme zu: Dieser Krieg muss beendet werden. Aber nicht, bevor die Geiseln freigelassen sind. Nicht, bevor die Sicherheit Israels gewährleistet ist. Und nicht, solange die Hamas an der Macht bleibt, ermutigt durch das Schweigen der Welt oder, schlimmer noch, durch ihre Komplizenschaft. Die Forderung nach einem Waffenstillstand, während die Hamas noch bewaffnet ist, Geiseln gefangen hält und die Kontrolle im Gazastreifen hat, ist kein Aufruf zum Frieden, sondern eine Erlaubnis für die Hamas, sich neu zu formieren, wiederzubewaffnen und ihr nächstes Massaker an israelischen Zivilisten vorzubereiten.

Elchanan Rosenheim
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Die Bilder aus Gaza sind herzzerreißend. Kinder hungern. Familien werden auseinandergerissen. Der Schmerz ist real, und niemand mit einem menschlichen Herzen kann wegsehen. Ich sehe diese Bilder, und auch mein Herz bricht. Aber woran es noch mehr zerbricht, ist die Unfähigkeit oder die Weigerung der Welt, zu fragen, wer wirklich verantwortlich ist. Dies ist nicht Israels Krieg gegen Gaza. Dies ist der Krieg der Hamas gegen die Menschlichkeit.
Die Welt zeigt mit dem Finger aus Israel. Als ob das Frieden brächte.
Israel hat schon vor der jüngsten Öffnung für internationale Hilfe täglich Lebensmittel in den Gazastreifen geliefert. Hunderte von Lkw mit Tonnen von Lebensmitteln und medizinischen Hilfsgütern sind von Israel nach Gaza gefahren, eine immense humanitäre Anstrengung, die nur wenige andere Nationen unter Beschuss unternehmen würden. Und was passiert mit dieser Hilfe? Die Hamas stiehlt sie. Die Hamas hortet sie. Die Hamas verkauft sie zu überhöhten Preisen an das eigene Volk. Und dann, während Kinder hungern, richten sie die Kameras – und die Schuldzuweisung - auf Israel.
Die Hamas hat den Hunger zu einer Kriegswaffe gemacht. Sie verhindert, dass die Hilfe die Zivilbevölkerung erreicht, sie nutzt humanitäre Konvois als Deckmantel für Terror, und sie manipuliert die weltweite Empörung im Dienst ihrer Propaganda. Und die Welt, begierig nach einer schnellen Lösung, verzweifelt verlangend nach moralischer Einfachheit, zeigt mit dem Finger auf Israel. Als ob das Frieden brächte. Als ob das Ignorieren des Bösen es jemals verschwinden ließe.
Alles wird auf eine falsche Gleichwertigkeit reduziert.
Die Tragödie besteht darin, dass die Welt in ihrem Bestreben, human zu erscheinen, moralisch blind wird. Sie unterscheidet nicht mehr zwischen Gut und Böse, zwischen Angreifer und Opfer. Alles wird auf eine falsche Gleichwertigkeit reduziert. „Beide Seiten...“ – „Kreislauf der Gewalt…“ - „Beenden wir den Krieg!“ Aber diesen Krieg zu beenden, ohne den Terror zu besiegen, bedeutet nicht Frieden, sondern Kapitulation.
Wir hätten mit Hitler nicht verhandelt. Wir hätten Winston Churchill nicht gesagt, er solle innehalten und sich mit den Architekten von Auschwitz an einen Tisch setzen. Warum drängen wir dann heute auf einen Kompromiss mit der Hamas, einer Gruppe, deren Gründungsurkunde die Vernichtung der Juden und anschließend die der Christen fordert?
Dies ist nicht nur Israels Krieg.
Die Geschichte hat uns gelehrt, dass böse Ideologien nicht von selbst aufhören. Sie breiten sich aus, wenn sie nicht gestoppt werden. Das „Appeasement“, die Beschwichtigung, hat in den 1930er Jahren nicht funktioniert, und sie wird auch jetzt nicht funktionieren. Die Hamas kämpft nicht für die Würde der Palästinenser, sie kämpft für eine Welt ohne Juden und letztendlich auch ohne Christen. Dies ist nicht nur Israels Krieg. Es ist ein Krieg zwischen Zivilisation und Barbarei.
Die Krise der Hilfsgüter-Verteilung verschärft das moralische Versagen nur noch. Zuerst wurden die USA mit der Lieferung beauftragt. Dann private Organisationen. Jetzt wird - absurd genug - vorgeschlagen, sie an die UN-Organisationen zurückzugeben - dieselben, deren Schulen vor dem 7. Oktober 2023 Hamas-Kämpfer beherbergt haben. Nichts hat sich geändert, außer dass die Lügen jetzt lauter sind und der Preis, ihnen zu glauben, höher ist.
Der Terror gewinnt, nicht wegen seiner Stärke, sondern wegen unserer Schwäche.
Golda Meir (1878 bis 1978), die von 1969 bis 1974 israelische Ministerpräsidentin war, hat einmal gesagt: „Wir können den Arabern vergeben, dass sie unsere Kinder getötet haben. Aber wir können ihnen nicht verzeihen, dass sie uns zwingen, ihre zu töten.“ Das ist eine tragische Wahrheit. Die Hamas gefährdet ihr eigenes Volk, benutzt Kinder als Schutzschilde und gibt dann Israel die Schuld, wenn sie sterben. Die Welt belohnt diese Manipulation mit Entrüstung, nicht über die Hamas, sondern über uns.
Das ist nicht nur ein politisches Versagen. Es ist ein Versagen der Moral. Ein Versagen des Muts. Ein Versagen des Gedächtnisses. Der Terror gewinnt, nicht wegen seiner Stärke, sondern wegen unserer Schwäche.
Die Welt mag glauben, dass sie zum Frieden aufruft. Aber in Wahrheit ebnet sie den Weg für noch mehr Terror, mehr Blutvergießen und mehr Leid. Denn wenn wir es versäumen, das Richtige zu verteidigen; wenn wir auf das Böse schauen und so tun, als wäre es kompliziert, dann öffnen wir die Tür für noch mehr davon.
Lassen wir uns nicht von den Bildern täuschen. Lassen wir auch nicht zu, dass Trauer uns blind macht. Wir müssen nicht nur das Leid sehen, sondern auch seine Ursache. Es ist noch nicht zu spät, moralische Klarheit wiederzugewinnen. Aber diese Klarheit muss mit einer einfachen Wahrheit beginnen: Die Hamas ist der Feind, nicht nur Israels, sondern aller Werte, die die freie Welt zu schätzen vorgibt.
Und wenn wir nicht bereit sind, das zu sagen und danach zu handeln, werden wir alle den Preis dafür zahlen.
Zur Person
Elchanan Rosenheim ist Gründungsgeschäftsführer der Firma „Profimex“, die seit 30 Jahren international im Private-Equity- Immobilieninvestment tätig ist. Er ist Gastdozent und Vortragsredner an verschiedenen akademischen Institutionen sowie Autor für Fachjournale. Rosenheim wurde 1944 in Haifa geboren. Seine Familie hat deutsche Wurzeln. Die Eltern emigrierten in den 1930er Jahren und lernten sich in Israel kennen.