Ende Oktober. Höchste Zeit, den langen weißen Wurm, der sich Impfpass nennt, aus der Schublade zu ziehen, in der er sein Dasein fristet. Ausgestellt von der Bundeswehr kurz nach der Einberufung zum Wehrdienst. Das war 1978. Heute ist Grippe-Impfungstag 2025. Unter den ganzen Stempeln und Aufklebern, die sich in den knapp 50 Jahren angesammelt haben, hat die Corona-Pandemie die frischesten noch leserlichen Spuren hinterlassen.

Habe ich das Impf-Merkblatt in all den Jahren nicht gelesen? Was zieht man an zum kleinen Pieks? Was bitte versteht der Mediziner unter impffreundlicher Kleidung?  In Pandemie-Zeiten haben wir uns ganz andere Fragen gestellt. Da gab es nur ein Thema. mRNA-Impfstoff oder Vektor? Moderna oder Astrazeneca? Die Ständige Impfkommission hat so ziemlich alles geregelt. Outfit-Empfehlungen waren nicht darunter.

Eh zu spät. Im Warteraum schwant mir, dass mein körperbetontes Langarm-Oberhemd mit verdeckter Knopfleiste den Impfvorgang unnötig in die Länge ziehen dürfte. Das weiße T-Shirt darunter hingegen scheint perfekt zu sein, glaubt man dem ersten Google-Treffer, der auf die Internetseite zu einer Impfaktion des DRK in der Stadthalle Tettnang führt. Nur möglichst weit sollte es sein. Genau das ist es nicht.

Ich ahne schon den vorwurfsvollen Blick der Ärztin und lasse die Regenjacke draußen liegen, weil sich der Reißverschluss dauernd mit dem Stoff in die Wolle kriegt und verhakt. Schon wieder so ein Impfmodemuffel, der den ganzen Betrieb aufhält. Nichts dergleichen. Die Ärztin bleibt freundlich. Der Impfpass-Wurm kriegt seinen frischen Stempel und ich beschließe, mich vor dem nächsten Pieks an Moderna zu wenden. Und dort ein impffreundliches Hemd bestellen. Kurzarm, XXL. Haben die bestimmt. Bei dem Firmennamen. Muskelshirts stehen mir leider nicht.