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Nach EskalationIsrael will Waffenruhe in Gaza wieder einhalten – ZDF meldet Rakete auf Produktionsfirma

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Zwei Menschen umarmen sich. Im Hintergrund ein Fahrzeug mit zerstörter Heckscheibe.

Während der Eskalation im Gazastreifen wurde eine Produktionsfirma, die eng mit dem ZDF arbeitet, von einer Rakete getroffen.

Der Konflikt zwischen Israel und der Hamas war trotz vereinbarter Waffenruhe erneut eskaliert. 

Nach heftigen Luftangriffen im Gazastreifen will die israelische Armee nach eigenen Angaben die Gaza-Waffenruhe wieder einhalten. „Auf Anweisung der politischen Führung und nach einer Reihe schwerer Angriffe als Reaktion auf die Verstöße der Hamas hat die IDF (Armee) mit der erneuten Durchsetzung der Waffenruhe begonnen“, hieß es in einer auf Telegram verbreiteten Mitteilung. Zugleich warnte die Armee, sie werde auf jeden Verstoß entschieden reagieren.

Die mühsam vereinbarte Waffenruhe zwischen Israel und der islamistischen Hamas war zuvor gefährlich ins Wanken geraten. Israels Armee hatte der islamistischen Terrororganisation Hamas einen schweren Verstoß gegen die Waffenruhe im Gaza-Krieg vorgeworfen. Die Organisation habe mehrere direkte Angriffe gegen israelische Truppen ausgeführt, teilte ein ranghoher israelischer Militär mit. 

Die Vorfälle ereigneten sich demnach hinter der vereinbarten Linie, auf die die Armee sich am 10. Oktober im Gazastreifen zurückgezogen hatte. Ein ranghoher Hamas-Funktionär versicherte, die Organisation sei weiterhin der Waffenruhe verpflichtet. Israels Polizeiminister Itamar Ben-Gvir forderte eine Wiederaufnahme des Kriegs gegen die Organisation.

ZDF: Rakete hat Produktionsfirma getroffen – ein Mann und ein Kind gestorben

Am Mittag bestätigte Israels Armee dann, als Reaktion auf Angriffe selbst Luftangriffe auf Rafah durchgeführt zu haben. Die israelische Luftwaffe bombardierte nach Medienberichten Dutzende Ziele im Gazastreifen. Insgesamt wurden nach Angaben mehrerer Krankenhäuser bei verschiedenen Angriffen 14 Palästinenser getötet.

Dabei wurde laut einer Pressemitteilung auch eine Produktionsfirma, die mit dem ZDF zusammenarbeitet, in Gaza von einer Rakete getroffen. Gegen 16:30 Uhr Ortszeit wurde der Standort der Firma Palestine Media Production (PMP) in Deir el Balah im Süden des Gazastreifens getroffen. Die Firma arbeitet seit Jahrzehnten unter anderem mit dem ZDF-Studio in Tel Aviv zusammen. Bei dem Beschuss kamen ein 37-jähriger Ingenieur der Firma und der achtjährige Sohn eines anderen Mitarbeiters ums Leben. Ein weiterer PMP-Mitarbeiter (31) wurde bei dem Angriff verletzt.

ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten erklärt: „Wir sind in Gedanken bei den Opfern und ihren Familien, denen wir unser tiefes Mitgefühl aussprechen. Es ist nicht hinnehmbar, dass Medienschaffende bei der Ausübung ihrer Arbeit angegriffen werden.“ Auf Nachfrage des ZDF haben die Israelischen Streitkräfte (IDF) erklärt, der Vorfall werde geprüft.

Angriff hinter der „gelben Linie“ mit Panzerfaust und Scharfschützen

Zuvor seien israelische Truppen mit einer Panzerfaust angegriffen worden, sagte ein Militär. Außerdem habe ein palästinensischer Scharfschütze auf eine israelische Einheit geschossen. Zwei israelische Soldaten seien laut Militär bei einem Hamas-Angriff getötet worden.„Beide Vorfälle ereigneten sich in einem von Israel kontrollierten Gebiet östlich der gelben Linie“, hieß es weiter. „Dies stellt eine dreiste Verletzung der Waffenruhe dar.“ Die sogenannte „gelbe Linie“ markiert die Rückzugslinie der Armee innerhalb des Gazastreifens.

Isat al-Rischek, Mitglied des Hamas-Politbüros, warf Israel in einer Mitteilung seinerseits vor, gegen die Waffenruhe zu verstoßen und „fadenscheinige Vorwände“ zu fabrizieren, „um seine Verbrechen zu rechtfertigen“. Al-Rischek äußerte sich aber nicht eindeutig zu den Berichten über einen Angriff auf israelische Truppen. Er beschuldigte den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, dieser wolle sich vor seinen Verpflichtungen gegenüber den Vermittlern drücken, weil er unter Druck rechtsextremer Koalitionspartner stehe.

Die Hamas und Israel hatten sich gemäß einem Friedensplan von US-Präsident Donald Trump auf eine Waffenruhe geeinigt sowie auf den Austausch von Geiseln und Gefangenen und einen teilweisen Rückzug von Israels Truppen im Gazastreifen. Die Übereinkunft wurde vor knapp einer Woche im ägyptischen Scharm el Scheich formell besiegelt bei einem Gipfeltreffen mit Trump und weiteren Staats- und Regierungschefs. An den Verhandlungen waren auch Ägypten, Katar und die Türkei beteiligt gewesen.

Hamas widerspricht US-Vorwürfen zu geplantem Angriff auf Zivilisten

Die Hamas wies derweil Vorwürfe der USA zurück, dass sie einen Angriff auf palästinensische Zivilisten im Gazastreifen plane. Es handele sich um „haltlose Behauptungen“, die im Einklang mit israelischer Propaganda stünden, hieß es in einer Mitteilung der Hamas.

Das US-Außenministerium hatte vor einem „unmittelbar bevorstehenden“ geplanten Angriff der Hamas auf palästinensische Zivilisten gewarnt. Die USA hätten die Garantiemächte des Gaza-Friedensplans über „glaubwürdige Berichte“ informiert, die auf eine Verletzung der bestehenden Waffenruhe hindeuteten, teilte das Ministerium mit. 

Es hatte nach Inkrafttreten der Waffenruhe und dem Rückzug der israelischen Truppen aus knapp der Hälfte des Küstenstreifens Berichte über Hinrichtungen von palästinensischen Zivilisten im Gazastreifen durch die Hamas gegeben.

Israel stoppt erneut Hilfslieferungen in den Gazastreifen

Laut Sicherheitskreisen hat Israel die Lieferung humanitärer Hilfsgüter in den Gazastreifen infolge der mutmaßlichen Verletzungen der Waffenruhe-Vereinbarung gestoppt. Nach Inkrafttreten der Waffenruhe am 10. Oktober waren die Hilfslieferungen als Teil der Vereinbarung ausgeweitet worden, mit einem Ziel von 600 Lkws am Tag. (dpa)