Kommentar zur Krise der DemokratienGute Nachrichten für Putin – Europa verliert die politische Mitte

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Wladimir Putin (r), der Präsident von Russland schüttelt Wang Yi, Außenminister von China, die Hand.

St. Petersburg: Dieses von der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Sputnik via AP veröffentlichte Foto zeigt Wladimir Putin (r), Präsident von Russland, und Wang Yi, Außenminister von China, vor einem Treffen im Konstantin-Palast.

Von Skandinavien bis Rom stimmten im vergangenen Jahr 32 Prozent der Europäerinnen und Europäer für anti-europäische Parteien.

Die Europäische Union hat mal, viele haben das schon vergessen, den Friedensnobelpreis bekommen. Das war im Jahr 2012. Doch was ist aus Europa geworden seit dieser hübschen kleinen Sternstunde in Oslo?

Von Skandinavien bis Rom ist heute neuer Nationalismus en vogue. Im vorigen Jahr stimmten bei Wahlen 32 Prozent der Europäerinnen und Europäer für eine anti-europäische Partei. Das ergab eine Studie der Universität Amsterdam. Vor zehn Jahren lag diese Quote noch bei 20, in den frühen Neunzigern bei harmlosen 12 Prozent.

Wenn es so weiter geht, steuert Europa auf sein Ende zu: Selbstmord durch Populismus. Doch wo bleibt die Kurskorrektur?

Polen, Slowakei und Niederlande tendieren nach rechts

Polen, die Slowakei und die Niederlande tendieren vor den in diesem Herbst anstehenden Wahlen nach rechts. In Frankreich würde Emmanuel Macron heute eine Stichwahl gegen Marine Le Pen verlieren. In Deutschland macht die AfD sich breit wie nie. Allerorten liegt, wie die Friedrich-Ebert-Stiftung festgestellt hat, das größte Problem im wachsenden Wankelmut der politischen Mitte: Die Grauzone zwischen Ablehnung und Zustimmung zu rechtsextremen Einstellungen dehnt sich inzwischen bedenklich aus.

Für Wladimir Putin sind dies alles gute Nachrichten. Russlands Staatschef setzt auf Zwist, Zank und Zersetzung im Westen. Ihm helfen Kriegsängste, Energiekrise und Inflation. Mit erstaunlicher Gelassenheit nahm er hin, dass Russlands Truppen in der Ukraine hier und da Niederlagen einsteckten, mal vor Kiew, mal in Cherson. Die Hauptsache ist für ihn, dass der Krieg weitergeht – und die Nervenproben für die westlichen Gesellschaften nicht aufhören.

Der starke Mann in Moskau fühlt sich inzwischen noch ein bisschen stärker. Diese Konstellation ist doppelt gefährlich, sie bedroht auf Dauer nicht nur die innere Stabilität, sondern auch die äußere Sicherheit Europas. (rnd)

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