Kommentar zu Bidens Problemsohn HunterTrumps unfreiwilliger Wahlhelfer

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Joe Biden (r), Präsident der USA, und sein Sohn Hunter Biden. Gegen den Sohn von US-Präsident Biden ist wegen eines Verstoßes gegen waffenrechtliche Vorgaben Anklage erhoben worden.

Joe Biden (r), Präsident der USA, und sein Sohn Hunter Biden. Gegen den Sohn von US-Präsident Biden ist wegen eines Verstoßes gegen waffenrechtliche Vorgaben Anklage erhoben worden.

Der US-Wahlkampf droht endgültig von Gerichtsverfahren überlagert zu werden. Für die Demokratie ist das brandgefährlich. 

Kaum mehr als ein Jahr ist es noch bis zur nächsten Wahl in den Vereinigten Staaten. Angesichts des globalen Vormarschs der Demokratiefeinde, des russischen Vernichtungskrieges in der Ukraine und der ökonomischen Sorgen vieler Bürger sollte es an Themen nicht mangeln. Doch wird von Tag zu Tag klarer, dass der Wettstreit um das Weiße Haus von zwei Strafprozessen überlagert wird – einem gegen den mutmaßlichen republikanischen Kandidaten und einem gegen den Sohn des demokratischen Amtsinhabers.

Ein illegaler Revolver für elf Tage

Die nun eröffnete Anklage gegen Hunter Biden kommt nicht überraschend. Sie ist die Folge eines im Juni geplatzten Versuches, dessen Vergehen in der Zeit seiner Drogenabhängigkeit außergerichtlich abzuräumen. Konkret wirft die Ermittlungsbehörde dem 53-Jährigen vor, dass er beim Kauf eines Revolvers im Oktober 2018 fälschlich behauptete, keine Drogen zu konsumieren, und die Waffe dann elf Tage illegal besaß bis seine damalige Geliebte sie entdeckte und im Müll entsorgte.

Verglichen mit Trumps unerhörtem Versuch, das Ergebnis einer demokratischen Wahl eiskalt und notfalls mit Gewalt ins Gegenteil zu verkehren, klingt das beinahe marginal. Doch wäre es fatal, die öffentliche Wirkung eines Hunter-Biden-Prozesses in der heißen Wahlkampfphase zu unterschätzen. Nicht nur könnte der Staatsanwalt weitere Verfahren gegen den präsidialen Problemsohn etwa wegen verspätet gezahlter Steuern und fragwürdiger Geschäfte mit ausländischen Geldgebern eröffnen. Vor allem werden Republikaner und rechte Medien alles tun, Joe Biden mit dem Fehlverhalten seines Sohnes zu verknüpfen und so die Erzählung vom „kriminellen Biden-Clan“ zu befeuern.

Irgendwas wird schon hängenbleiben

Die vom ultrarechten Republikaner-Flügel erzwungene Eröffnung eines Impeachment-Verfahrens gegen den Präsidenten ist der erste Schritt. Dessen Anlass sind die windigen Geschäfte Hunter Bidens in der Ukraine und in China zur Zeit der Vizepräsidentschaft seines Vaters, dessen Namen er offenbar zu Geld machte. Für eine Verwicklung von Joe Biden in die Deals gibt es jedoch keinerlei Belege. Die mit großem Getöse eröffnete Untersuchung ist eine reine „fishing expedition“: der Auswurf eines großen Netzes, das irgendetwas zu Tage fördern soll.

Und tatsächlich wird etwas hängenbleiben – zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung angesichts der schockierenden Bilder vom koksenden Hunter Biden mit Prostituierten, des Dauerunkens über ein kriminelles Familiensyndikat und der emotionalen Unfähigkeit Joe Bidens, sich von seinem gestrauchelten Sprössling zu distanzieren. Der 53-Jährige ist längst zu einer schweren Bürde für den Vater geworden. Nun droht sein schlagzeilenträchtiger Prozess die politischen Erfolge des Präsidenten zu verdunkeln und die kriminellen Machenschaften des republikanischen Herausforderers zu relativieren. Irgendwie, so der gefährliche Eindruck, sind ja alle Politiker korrupt. Dieses Narrativ ist unfair und falsch. Für die angeschlagene amerikanische Demokratie ist es trotzdem brandgefährlich.

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