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Kommentar zu Pipelines und Co.Deutsche Abhängigkeit von Russland: Es ist höchste Zeit für Aufklärung

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Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) steht wegen der Affäre um die Klimaschutzstiftung massiv unter Druck. In Sachen deutscher Abhängigkeit von Russland gibt es allerdings noch viel mehr aufzuklären. (Archivbild)

Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD, l.) steht wegen der Affäre um die Klimaschutzstiftung massiv unter Druck. In Sachen deutscher Abhängigkeit von Russland gibt es allerdings noch viel mehr aufzuklären. (Archivbild)

Medienberichte belasten Manuela Schwesigs Landesregierung erneut in Sachen Nord Stream 2. Was die jahrelange Nähe der deutschen Politik zu Russland angeht, gibt es noch viel mehr aufzuklären. Ein schonungsloser und maximal transparenter Umgang damit quer durch die politischen Lager ist dringend notwendig, kommentiert Felix Huesmann.

Die Russland-Verbindungen der deutschen Politik in den vergangenen Jahren müssen endlich umfassend, schonungslos und mit größter Transparenz aufgeklärt werden. Das machen die jüngsten Medienberichte über die mutmaßlich intensivere Beteiligung des russischen Staatsunternehmens Nord Stream 2 an der Gründung der umstrittenen Klimastiftung in Mecklenburg-Vorpommern ein weiteres Mal deutlich.

Pipelines nach Russland: Zu viele Jahre bedenklicher Nähe zu Russland

Anders als bislang angegeben war demnach auch eine international tätige Wirtschaftskanzlei an der Erstellung der Satzung für die Stiftung beteiligt – eine Kanzlei, die auch für die Nord Stream 2 AG tätig war. Die Stiftung stand ohnehin seit ihrer Gründung in der Kritik, unter anderem weil sie mit einem vermeintlich klimafreundlichen Anstrich helfen sollte, die Nord-Stream-2-Pipeline trotz verhängter US-Sanktionen fertig zu bauen.

Doch genau die bräuchte es jetzt dringend. Nach Jahren bedenklicher Russlandnähe an vielen Stellen in der deutschen Politik, nach Jahren der zunehmenden Energieabhängigkeit Deutschlands von Russland, braucht es eine ehrliche Aufklärung. Es reicht kein Fingerzeig auf eine einzelne Partei, auf eine einzelne Ministerpräsidentin.

Alles muss jetzt auf den Tisch. Wie konnten deutsche Politikerinnen und Politiker Gasspeicher in russische Hand legen, die für unsere Versorgungssicherheit so elementar wichtig sind? Wie konnten auch weitere Teile unserer Versorgungsinfrastruktur unter die Kontrolle russischer Staatsunternehmen geraten? Und warum wurden die Zeichen der Zeit von den Entscheiderinnen und Entscheidern der deutschen Politik erst dann erkannt, als es eigentlich schon zu spät war?

Zeichen zu spät erkannt

Die gewaltsame Annektion der Krim 2014. Die Vergiftung von Sergej Skripal 2018. Der Mord an einem Georgier in Berlin 2019. Es gab in den vergangenen Jahren viele Ereignisse, die in aller Deutlichkeit aufzeigten, dass die Regierung Wladimir Putins keine vertrauensvolle Partnerin der deutschen und europäischen Politik sein kann.

Mythen vom „Wandel durch Handel“ hielten sich trotzdem lange. Und vor allem blieb eine Frage, deren Beantwortung nie ein leichtes Unterfangen war: Woher sollen wir das Gas nehmen, wenn nicht aus Russland – und wieviel mehr sind wir dafür zu zahlen bereit?

Viele deutsche Politikerinnen und Politiker haben sich verschätzt

Die meisten Politiker, die Deutschland in den vergangenen Jahren immer weiter in die Abhängigkeit von Russland getrieben haben, dachten dabei wohl, sie täten das Richtige. Doch sie haben sich verschätzt. Was alles dazu beigetragen hat, wie groß der Einfluss der russischen Regierung und russischer Staatsunternehmen auf die deutsche Politik wirklich war, das gehört bis ins letzte Detail aufgeklärt.

Dabei geht es um die Frage, was nicht nur aus heutiger Sicht falsche Entscheidungen waren, sondern was schon mit dem damaligen Kenntnisstand verwerflich war. Es geht aber auch darum, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen, um in Zukunft klüger handeln zu können – etwa wenn es um die Wirtschaftsbeziehungen mit China geht.

Deutschland kann sich im internationalen Handel nicht vollständig unabhängig von Autokratien machen. Doch es kommt darauf an, diese Abhängigkeiten zumindest so weit zu reduzieren, wie es sinnvoll und möglich ist. Die deutsche Russland-Politik der vergangenen Jahre vor dem Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine kann dafür nur als negative Blaupause dienen.

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