Kommentar zu Waffengewalt in AmerikaTrump feuert Hass auf vermeintlich Fremde an

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Ein Mann trauert in Ohio.

  • Nicht bloß Pistolen, auch halbautomatische Sturmgewehre lagern in US-Haushalten völlig legal.
  • Diese vermeintliche Normalität von Waffengewalt ist ein Verrat an ihren Opfern.
  • Die USA müssen zu einem strengen Waffenrecht finden. Das gebietet auch die zunehmende Polarisierung im Land.

Amerika scheint gefangen zu sein in einem Kreislauf des Schreckens. Mit El Paso und Dayton tauchen gleich zwei neue Schauplätze auf der ohnehin eng gesprenkelten Landkarte von Massakern in den USA auf. Von einem „tragischen Wochenende“ sprechen Politiker, Ermittler und Reporter auch nach den jüngsten Massenerschießungen. Es ist eine beklemmende, eine verräterische Wortwahl.

In Tragödien ist die Katastrophe unabwendbar. Das Ausmaß des Leids aber, das in den USA auf Verbrechen mit Schusswaffengebrauch folgt, ist keineswegs schicksalhaft vorherbestimmt. Es ist die Folge einer Politik, die den privaten Waffenbesitz unter Verweis auf die Verfassung fördert; die Folge einer Stimmung, die ihn verherrlicht. Keine Bürger einer anderen Nation sind derart aufgerüstet.

Nicht bloß Pistolen, auch halbautomatische Sturmgewehre lagern in US-Haushalten völlig legal. Hier wollen nicht Jäger oder Sportschützen ihren Bedarf decken – sondern Bürger, die sich im Kampf wähnen. Indem er dies zulässt, gibt der US-amerikanische Staat sein Gewaltmonopol auf. Und er nimmt die Konsequenzen billigend in Kauf.

Nach Massenerschießungen wie jetzt in Texas und Ohio ist das Entsetzen in der Öffentlichkeit groß. Ein jeder fragt sich, ob es nicht auch ihn oder sie treffen könnte. Schließlich nehmen die Attentäter immer wieder den Alltag der Menschen ins Visier.

Zunehmende Polarisierung im Land

Doch bald nachdem die TV-Kameras von den Tatorten abgezogen sind, kehrt eine dumpfe Stille ein. Achselzucken. Weder die Massaker mit vielen Toten, noch die Berichte über Gangmitglieder, die einander umbringen, oder Kleinkinder, die sich beim Spielen mit Papas Knarre töten, bewirken ein Umdenken. Diese vermeintliche Normalität von Waffengewalt ist ein Verrat an ihren Opfern.

Die USA müssen zu einem strengen Waffenrecht finden. Das gebietet auch die zunehmende Polarisierung im Land. Immer öfter sehen Amerikaner in Amerikanern Feinde. Vor wenigen Tagen gab das FBI bekannt, dass die meisten Terrorakte in den USA von weißen Nationalisten begangen werden.

Auch der mutmaßliche Attentäter von El Paso steht im Verdacht, der Ideologie von der Überlegenheit der Weißen anzuhängen. Darauf lässt ein Text schließen, den der 21-Jährige kurz vor der Tat im Internet veröffentlicht haben soll. Wenig verwunderlich, und doch erschreckend sind die Übereinstimmungen zwischen der Wortwahl in dem „Manifest“ und der Wortwahl des US-Präsidenten. Auch Donald Trump spricht von mittel- und südamerikanischen Einwandern als „Invasoren“. Der Präsident feuert Hass vieler Weißer auf vermeintlich Fremde an.

Er ist gewiss nicht ihr einziger Propagandist, aber zweifellos der mächtigste. Von der Region an der Grenze zu Mexiko zeichnet der Präsident stets das Bild einer Kampfzone. Trump beschwört Kontrollverlust und Anarchie. Dabei zählt El Paso zu den sichersten Städten der USA. Jedenfalls galt dies bis Samstag, als der martialischen Rhetorik eine martialische Tat folgte.

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