Kommentar zur EnergiepauschaleStudium und Armut sollten nicht Hand in Hand gehen

Ein Kommentar von
Lesezeit 3 Minuten
Ein Student sitzt in einem ansonsten leeren Vorlesungssaal.

Schnell und unbürokratisch wollte die Bundesregierung Studierenden helfen – eigentlich.

Die 200-Euro-Einmalzahlung wird die Armut vieler Studierender nicht einfach lösen. Ein Kommentar einer Studentin zur Energiepauschale

Seit Monaten warten Studierende in Deutschland auf finanzielle Unterstützung in Form der Energiepauschale. Offenbar ist die Leidenssituation der Studierenden für die Bundesregierung nicht dringend genug, um ihnen schnell zu helfen.

Im September 2022 angekündigt wurde die Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro, die an Studierende und Fachschüler ausgezahlt werden soll. „Neue Strukturen“ mussten nach Angabe der Bundesregierung erst aufgebaut werden, bevor die Anträge gestellt werden können. Ab 15. März soll es losgehen. „Noch diesen Winter“ hieß es im letzten Jahr – nun gut, der kalendarische Winter endet am 20. März.

Bundesregierung wollte Studierenden „schnell und unbürokratisch“ helfen

Nach langer Wartezeit nun endlich frisch aus dem digitalen Ei geschlüpft: einmalzahlung200.de. Dass es ein halbes Jahr dauert, um eine Website aufzusetzen, kann man der Bundesregierung glauben. „Schnell und unbürokratisch“ sollte es eigentlich laufen. Langsam und bürokratisch macht es das Bildungsministerium.

Alles zum Thema Junges Köln

Studierende und Fachschülerinnen werden mit der Einmalzahlung eher belastet als entlastet. Wenn „in Kürze“ – so kündigt es das Bildungsministerium an – der Online-Antrag gestellt werden kann, dann funktioniert das in nur wenigen Schritten: Bund-ID-Konto, Online-Ausweis, ELSTER-Zertifikat. Klingt doch einfach und übersichtlich.

Dass Studierende armutsbetroffen sind, scheint eben zum „Grind“ dazuzugehören. Die Studi-Ästhetik der Paletten-Betten und Bierflaschen-Kerzenhalter paart sich eben gut mit einer Kontoüberziehung. Und Auszubildende wohnen doch sowieso alle noch bei Mama und Papa – und die haben ihre Einmalzahlung ja schon erhalten.

Viele Studierende auch vor Krise schon unter Armutsgrenze

Von älteren Generationen hört man als junger Mensch oft Sätze, wie: „Als ich Student war, war ich auch arm. Das ist halt so und da muss man durch“. Aber nun ehrlich mal: Muss das so sein? Laut der Messung des Mikrozensus lag die Armutsgrenze für einen Einpersonenhaushalt 2021 bei 1148 Euro. Wenn man sich diese Zahl anschaut, dann wird schnell klar, dass ein großer Teil der Studierenden unter dieser Grenze lebt. Viele Studierende und Auszubildende unter der Armutsgrenze: Ist das nicht ein Armutszeugnis für Deutschland? Für mehr Kontext: Der BAföG-Höchstsatz liegt seit dem letzten Wintersemester bei 812 Euro pro Monat.

Und seien wir ehrlich, mit einer Einmalzahlung von 200 Euro kann man sowieso nicht alles auffangen, was durch die Corona-Jahre und die steigenden Lebenshaltungskosten im Zusammenhang mit dem Krieg gegen die Ukraine verloren gegangen ist.

Sogar das BAföG-Amt, nicht gerade bekannt für niedrige bürokratische Hürden, hat es geschafft, schneller Heizkostenzuschüsse an die Beitragsempfänger zu schicken. Und wohlgemerkt hat die Auszahlung der 200 Euro Sofortzahlung noch nicht begonnen. Wer weiß, welche unvorhersehbaren Verzögerungen sich hier noch verstecken.

Die Einmalzahlung ist ein Tropfen auf den heißen Stein – eine Hilfe, die viel zu spät kommt und deren Öffentlichkeitswirksamkeit das peinliche Versagen einer Bundesregierung aufzeigt, die versprochen hatte, alles anders zu machen als ihre Vorgänger. Die Einmalzahlung ist einmal mehr Grund zum Lachen – oder zum Weinen, je nachdem, ob man sich seine Miete noch leisten kann.

KStA abonnieren