Reinhard Sager, Präsident des Landkreistages„Wir haben in der Migrationspolitik eine Zeitenwende nötig“

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Reinhard Sager, Präsident des Deutschen Landkreistages, gibt nach dem Flüchtlingsgipfel mit Vertretern der Innenministerkonferenz und der kommunalen Spitzenverbände im Innenministerium eine Pressekonferenz.

Reinhard Sager ist Präsident des Deutschen Landkreistages. Er glaubt, dass die Zahl der Geflüchteten "zahlenmäßig kaum noch zu schaffen“ ist. (Archivbild)

Seit Jahresbeginn sind bereits mehr als 100.000 Menschen aus Drittstaaten mit einem Asylbegehren nach Deutschland eingereist – die Ukrainerinnen und Ukrainer nicht eingerechnet. Die Kommunen appellieren eindringlich an den Bund, in der Migrationspolitik umzusteuern. Der Präsident des Landkreistages Sager: „Sonst werden die Kommunen mit der Situation nicht mehr fertig.“

Der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, hat alarmiert auf den ungebremsten Zuzug von Geflüchteten nach Deutschland reagiert und eine „Zeitenwende“ in der Migrationspolitik gefordert. „Es ist zahlenmäßig kaum noch zu schaffen. Wir haben erhebliche Probleme in der Unterbringung. Wir haben Probleme in der Kita- und Schulversorgung, bei der Integration, weil wir auch erheblichen Personalmangel haben“, schildert Sager die Lage im Video-Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Es kämen schlicht und einfach zu viele Menschen auf einmal.

Landkreistagspräsident Sager: Zustrom nach Deutschland muss abebben

Sager forderte die Bundesregierung zu einem Umsteuern in der Migrationspolitik auf. „Der Bundeskanzler hat ja im letzten Jahr von einer Zeitenwende gesprochen. Das ist wahr. Wir haben auch in der Migrationspolitik eine Zeitenwende nötig. Insofern ist die Bundesregierung hier massiv gefordert“, sagte Sager. Eindringlich appellierte er in Richtung Berlin: „Es muss einfach der Zustrom nach Deutschland zum Abebben kommen. Sonst werden die Kommunen, die Landkreise, in Deutschland nicht mehr fertig mit der Situation. Und so weit darf es nicht kommen.“

Landkreistagspräsident Sager: Es geht nicht in erster Linie ums Geld Mit Blick auf den Streit der vergangenen Monate um die Unterstützung von Ländern und Kommunen bei der Flüchtlingsversorgung betonte Sager, es gehe nicht in erster Linie ums Geld, sondern um ein Abschotten der irregulären Zuwanderung nach Deutschland. Er forderte die Bundesregierung auf, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. „Wir brauchen Harmonisierung in der EU. Wir brauchen keine Weiterleitung von Flüchtlingen auf Kommunen, die von vornherein keine Bleibeperspektive haben, weil hinterher auch das Abschiebungsproblem da ist.“

„Dann kollabiert das System irgendwann“

Sager verwies darauf, dass seit Jahresbeginn bereits mehr als 100.000 Geflüchtete aus Drittstaaten (ohne Ukraine) angekommen seien. Wenn dies in dieser Größenordnungen ungebremst weitergehe, „dann kollabiert das System irgendwann“. Es gehe ja nicht nur darum, Unterkünfte bereitzustellen. „Wir haben das Problem, dass wir die Menschen dann nicht betreuen können, schon gar nicht integrieren. In den Kindergärten, in den Schulen fehlt ja jetzt schon Personal – in sechsstelliger Größenordnung bundesweit.“ Die Kommunen bräuchten viel, viel mehr Kräfte, die sie nicht hätten. „Deshalb gibt es gar keine Alternative dazu, als die Migrationspolitik zu ändern in Deutschland.“

Kritik übte der Landkreistagspräsident auch am aus seiner Sicht zu trägen Vorgehen der Bundesregierung in der Migrationspolitik. Zuletzt hatte ein Treffen von Bund und Ländern im Mai stattgefunden, das ursprünglich vom Kanzler für Ostern zugesagt gewesen war. Der nächste sogenannte Flüchtlingsgipfel soll erst im November, also deutlich nach den Landtagswahlen in Bayern und Hessen, stattfinden. „Man schiebt es jetzt über den Juni auf den November.“ Es sei falsch, wenn die Bundesregierung das Thema weiter schleifen und liegen lasse. Sager betonte: „Wir sind jederzeit gesprächsbereit. Und die Bundesregierung muss eine neue Agenda der Migrationspolitik aufsetzen.“ (RND)

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