Mehr Deutschlandflaggen?Die Patriotismus-Keule der CDU wirkt absurd

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Eine Deutschlandflagge

Mehr Deutschlandflaggen im öffentlichen Raum fordert die CDU.

Die Union fordert ein „Bundesprogramm Patriotismus“ und will mit Deutschlandfahnen die Integration von Ausländern vorantreiben.

Wer Patriotismus befördern will, der droht immer auch, Nationalismus zu befördern. Es ist ein schmaler Grat zwischen Liebe zum Heimatland und überbordenden Nationalstolz, der sich über andere Staaten erhebt. Daher ist fraglich, ob die Union mit ihrer Forderung nach einem „Bundesprogramm Patriotismus“ auf diesem Grat balancieren kann.

Wie ambivalent das sein kann, zeigte die Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland, bei der es erstmals als gesellschaftlich akzeptiert galt, im Alltag stolz und offensiv mit Deutschlandflaggen herumzulaufen. Der Party-Patriotismus während des Turniers sorgte für ein Wir-Gefühl, wie es Deutschland nicht kannte. Es löste aber auch ein Wir-gegen-Euch-Gefühl aus. Das ergaben spätere Befragungen, wonach die Menschen nationalistischer eingestellt waren als zuvor.

Dass CDU und CSU den Vorschlag machen, um die Integration von Ausländern voranzutreiben, ist absurd. Für Migranten und Menschen mit Migrationshintergrund ist die Bundesflagge leider mitunter mit negativen Bildern verbunden. Man muss sich nur an die rechtsradikalen Pegida-Demonstrationen erinnern, die mit Schwarz-Rot-Gold gegen Ausländer hetzten.

Besser ist die in dem Programm enthaltene Idee eines Grundgesetz-Gedenktages, weil sie zielgerichteter ist: Das Thema ist dieses Jahr in der öffentlichen Wahrnehmung kaum vorgekommen. Wenn künftig Großveranstaltungen diese demokratische Errungenschaft feiern, würde das Bewusstsein für die gesellschaftliche Bedeutung des Grundgesetzes zunehmen.

Ungeachtet dessen ist es offensichtlich, warum die Union die Patriotismus-Keule nun erneut schwingt: Die AfD bekommt aktuell wieder Zulauf. Nächstes Jahr finden in drei Bundesländern im Osten Wahlen statt, und die AfD sitzt der CDU dort im Nacken. Dieses Problem löst man aber nicht, indem man versucht, den Rechtsradikalen ein Thema wegzunehmen, das sie schon lange okkupiert haben.

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