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Nato-Chef lässt AufhorchenTrump vergleicht Krieg mit raufenden Kindern – und Rutte nennt ihn „Daddy“

Lesezeit 4 Minuten
US-Präsident Donald Trump zusammen mit Nato-Chef Mark Rutte.

US-Präsident Donald Trump zusammen mit Nato-Chef Mark Rutte. 

So lief der erste Tag des Nato-Gipfels im niederländischen Den Haag – und das steht am Mittwoch auf der Agenda.

Mit Spannung war der Auftakt des diesjährigen Nato-Gipfels im niederländischen Den Haag erwartet worden. Erst wenige Stunden vor Beginn der Tagung der 32 Nato-Mitgliedsstaaten, ihrer Partnerländer und der EU, hatte US-Präsident Donald Trump eine Waffenruhe zwischen den Konfliktparteien ausgerufen, der beide Seiten später zustimmten.

Dass die Nato Trump gefallen wolle, lässt auch eine Textnachricht vermuten, die der ehemalige niederländische Regierungschef und heutige Nato-Generalsekretär Mark Rutte Trump auf dessen Flug nach Den Haag geschickt hat. So dankte Rutte Trump für dessen „außergewöhnliches“ Vorgehen bezogen auf Israel und den Iran. Trump habe etwas gemacht, was sich „niemand zuvor getraut hat.“

Trump vergleicht Krieg mit raufenden Kindern – Rutte nennt ihn „Daddy“

Bevor sich die Regierungschefs zur Beratung über die Höhe der zukünftigen Militärausgaben der Nato-Mitglieder zurückzogen, gaben der Generalsekretär des Verteidigungsbündnisses Mark Rutte und US-Donald Trump eine gemeinsame Erklärung vor der Presse ab.

Angesprochen auf die Ergebnisse des Angriffs der US-Tarnkappenbomber auf iranische Atomanlagen, antwortete Trump zuerst, der genaue Umfang der Zerstörung stehe noch nicht fest, bevor er die beiden Kriegsparteien mit Kindern verglich, die auf dem Schulhof raufen. Da müsse „Daddy“ schon mal auf den Tisch hauen und eine Ansage machen („Daddy has sometimes to use strong language“), stimmte Mark Rutte zu.

Private SMS von Mark Rutte sorgt für Irritationen – „Es wird dein Sieg sein“

Die Reise nach Den Haag werde für Trump „ein Flug zu einem weiteren großartigen Erfolg“, hatte der ehemalige niederländische Ministerpräsident bereits gestern Trump mit auf den Weg gegeben, als dieser sich auf dem Weg in die Niederlande befand. Es sei nicht leicht gewesen, „aber wir haben sie alle dazu gebracht, die 5 % zuzusagen“, heißt es weiter.

Damit bezog sich Mark Rutte auf den Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt, den die Nato-Mitgliedstaaten zukünftig nach Trumps Vorstellung zu zahlen haben. Trump habe Amerika und Europa an einen für beide Seiten wichtigen Punkt getrieben. „Du wirst erreichen, was kein anderer amerikanischer Präsident in Jahrzehnten hinbekommen wird.“ Es wird „dein Sieg“ sein, schloss Mark Rutte die private Nachricht an Trump, die dieser umgehend auf seinem Netzwerk Truth Social veröffentlichte.

Die Veröffentlichung sei für ihn kein Problem, erklärte der Nato-Chef nach Bekanntwerden der Nachricht, die von verschiedenen Medien als Einschleim-Versuch gewertet wurde. Auf die Frage, ob ihm die Nachricht nicht peinlich sei, antwortete Mark Rutte „Absolut nicht – was in dieser Textnachricht steht, ist eine Darstellung von Tatsachen.“ Auch bezogen auf den „Daddy“-Spruch verneinte Rutte später die Frage. Bereits bei seinem Besuch im Weißen Haus im März dieses Jahres fiel der Niederländer manch einem Beobachter im Umgang mit Trump negativ auf. Damals ging es um Trumps Bestreben, Grönland zu einem Teil der Vereinigten Staaten zu machen und welche hilfreiche Rolle der Nato-Generalsekretär dabei spielen könne.

Ziel der Regierungschefs: Trump bei Laune halten

Nicht nur Beobachter wie The New York Times-Journalist Steven Erlanger kritisieren die Regierungschefs der Nato-Mitgliedsstaaten für deren Haltung gegenüber Trump. Ihr Ziel sei es, Trump zu geben, was er wolle, analysiert Erlanger mit Blick auf Merz, Macron, Starmer & Co. und der in Aussicht gestellten Erfüllung der finanziellen Forderungen Trumps an die Nato-Partner.

Donald Trump, über dessen Teilnahme im Vorfeld wochenlang spekuliert wurde, war dann auch die bestimmende Person des ersten Gipfel-Tages und stahl dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, der auch anwesend ist, die Show. Auch bei dem Thema, von dem Selenskyj wie kein anderer direkt betroffen ist: der russischen Invasion in der Ukraine.

Neben dem genannten Krieg auf der Agenda ganz oben steht die angedachte Verpflichtung aller Mitgliedsstaaten, künftig fünf Prozent ihres Bruttoinlandproduktes in den Verteidigungshaushalt zu stecken. Eine Forderung Trumps, der in der Vergangenheit immer wieder die Nato-Länder aufgefordert hatte, sich finanziell mehr zu verteidigen.

Auch das generelle Bekenntnis der USA zu dem transatlantischen Bündnis hängt an dieser Frage, mehr als einmal ließ Trump durchblicken, dass die USA seiner Meinung nach ohne die Nato besser fahren würden.

Das eigentlich beherrschende Thema, befindet Erlanger, müsse aber Russland und der zukünftige Umgang der Nato mit dem Land sein.Doch auch dieses Thema werde von Trump dominiert. So dürfe der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj an der zentralen Sitzung der 32 Nato-Staats- und Regierungschefs aus Rücksichtnahme auf die USA nicht teilnehmen, sagt der Militäranalyst Gustav Gressel. „In dem Moment, wo es um die Ukraine geht, steigen die Amerikaner aus“, so Gressel auf tagesschau.de.

Merz: Erhöhung der Verteidigungsausgaben „eigener Wunsch“

Bundeskanzler Friedrich Merz betonte unterdessen, dass die europäischen Staaten aus eigenem Wunsch die Verteidigungsausgaben erhöhen werden. Die Entscheidungen, die wir treffen, treffen wir nicht, um irgendjemandem einen Gefallen zu tun, sagte er mit Blick auf US-Präsident Donald Trump, der das Ausgabenziel von fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts noch vor seinem Amtsantritt im Januar von den Bündnispartnern eingefordert hatte.

Für den Mittwoch ist in Den Haag lediglich eine zweieinhalbstündige Sitzung zur Beratung über eben jene Verteidigungsausgaben geplant.Weiter mit Spannung wird der Auftritt Donald Trumps erwartet, der bisher noch nicht vor die Presse getreten ist. (mit dpa)