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60 Kinder und eine FachkraftNeue Regelung wurde in NRW-Kitas nur selten angewandt

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Kleidung von Kindern hängt in einer Kita.

Die neue Personalverordnung von Dezember lockerte Vorgaben für Personal in Kitas

Seit Dezember 2024 reicht eine ausgebildete Erzieherin für die Betreuung von 60 Kindern. Anträge für diese Regelung gab es aber nur wenige.

Die umstrittene Klausel, nach der bei akutem Personalmangel eine ausgebildete Erzieherin mithilfe von „Ergänzungskräften“ 60 Kinder betreuen darf, wurde von Kitas in NRW bisher selten genutzt. Das geht aus einer kleinen Anfrage der SPD-Fraktion hervor. „Die Personalverordnung war ein Testballon von Schwarz-Grün, ob sich die Probleme der Kitas lösen lassen, indem man weniger Erzieherinnen einsetzt“, sagt der SPD-Landtagsabgeordnete Dennis Maelzer. „Das Ergebnis lautet: Nein.“

Die veränderte Personalverordnung für Kitas trat im Dezember 2024 in Kraft. Die Änderung sollte den Personalmangel in Einrichtungen bekämpfen, beispielsweise durch die Einbindung fachfremder Menschen mit pädagogischem Schwerpunkt. Streitthema war dabei der Paragraf 15. Mit der Maßnahme sollte verhindert werden, dass Kitas wegen Krankheitsfällen tageweise schließen müssen: Die Anforderung an die Betreuung dürfen – zeitlich befristet – gesenkt werden, wenn die Träger einen entsprechenden Antrag stellen.

Das bedeutet: In Kitas mit bis zu 60 Kindern muss bei akutem Personalmangel nur eine sozialpädagogische Fachkraft dauerhaft anwesend sein. Dazu zählen zum Beispiel Erzieher, Heilpädagogen und Sozialpädagogen. Sollte eine Kita diese Regelung anwenden, muss sie sicherstellen, dass die Fachkraft von Ergänzungskräften unterstützt wird: Das können Kinderpfleger, Sozialassistenten und Heilerziehungspfleger sein.

Paul: Einrichtungen können nun Ergänzungskräfte flexibler einsetzen

Laut der Antwort des Familienministeriums auf die Kleine Anfrage gingen bis zum 30. Juli dieses Jahres 23 Anträge nach Paragraf 15 ein.  Sieben Anträge wurden abgelehnt, in 16 Fällen kam die neue Regelung zum Tragen. „Nach mehr als einem halben Jahr lässt sich sagen: Dieser Qualitätsabbau wird vor Ort nicht mitgetragen“, sagt Maelzer, familienpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag.

Nur 16 von mehr als 10.700 Kitas in NRW hätten von der Möglichkeit überhaupt Gebrauch gemacht. „Es wird Zeit, dass Ministerin Paul diesen Irrweg beendet. An der Qualitätsschraube zu drehen und auf Deprofessionalisierung zu setzen, ist keine Lösung“, so Maelzer. „Frühkindliche Bildung braucht Fachkräfte. Wer hier spart, sieht die negativen Folgen spätestens in der Grundschule.“

Familienministerin Josefine Paul verteidigt in ihrer Antwort an die SPD-Anfrage die neue Personalverordnung. „Zu jedem Zeitpunkt wird jede Gruppe von mindestens zwei pädagogischen Kräften betreut“, schreibt Paul. „Die Einrichtungen haben dabei aber nun die Möglichkeit, sogenannte Ergänzungskräfte flexibler einzusetzen.“ Der Paragraf 15 sei in den vergangenen Monaten bei Personalausfällen - „mit regionalen Unterschieden“ - zunehmend genutzt worden. „Die weitere Entwicklung der Nutzung, insbesondere mit Blick auf die anstehenden Herbst- und Wintermonate, bleibt abzuwarten.“