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EU plant jährliche TÜV-PflichtGefährden Autos, die älter als zehn Jahre sind, die Sicherheit im Straßenverkehr?

Lesezeit 3 Minuten
Ein Fahrer eines alten VW Golf  kam von der Straße ab und prallte gegen einen Baum.

Ein Fahrer eines alten VW Golf  kam von der Straße ab und prallte gegen einen Baum. 

Die Europäische Union will den Straßenverkehr sicherer machen. Kann eine Ausweitung der TÜV-Pflicht für ältere Fahrzeuge einen Beitrag dazu leisten? Im Düsseldorfer Landtag stießen die Pläne aus Brüssel auf massive Kritik.

Die Kinder lieben die bequeme Familienkutsche heiß und innig, die Eltern schätzen die Zuverlässigkeit und die hohe Sicherheit des Kombis. Der Wagen eines skandinavischen Herstellers ist unfallfrei und wird von der Vertragswerkstatt bei den regelmäßigen Inspektionen nach Scheckheft gewartet. Kaum vorstellbar, dass von diesem Modell eine Gefahr für die Verkehrssicherheit ausgehen könnte. Oder doch? Der Wagen wurde 2014 gebaut – ein Alter, das die Europäische Union für kritisch hält.  Die EU-Kommission schlägt vor, dass künftig alle Autos, die älter als zehn Jahre sind, vom TÜV untersucht werden sollen.

Die Reform soll bei einer Überarbeitung der EU-Richtlinie 2014/45/EU umgesetzt werden. Brüssel will mit der neuen Vorgabe die Verkehrssicherheit auf den Straßen erhöhen. Der Schritt soll mit dazu beitragen, die Zahl der Verkehrstoten und Schwerverletzten in der EU bis 2030 zu halbieren – und sich im Jahr 2050 der Zahl Null anzunähern. Auch die Luftqualität soll sich durch die engmaschigeren Kontrollen älterer Fahrzeuge deutlich verbessern.

Bis 2030 soll die Zahl der Verkehrstoten und Schwerverletzten in der EU halbiert werden

Die EU-Kommission hat ihre Pläne vor wenigen Wochen bekannt gemacht. Mittlerweile hat das Kraftfahrt-Bundesamt nachgerechnet, welche Auswirkungen die jährliche Prüfpflicht für Fahrzeuge, die älter als zehn Jahre sind, in Deutschland hätte. Danach wären konkret mehr als 23,4 Millionen Autos betroffen - das sind 47,1 Prozent des Gesamtbestands. Die Prüfstellen müssten jährlich 11,7 Millionen Untersuchungen zusätzlich durchführen. Macht das alles Sinn? Christof Rasche, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Düsseldorfer Landtag, winkt ab: „Der Vorschlag ist ein Paradebeispiel für europäische Überregulierung“, kritisiert der Landtagsvizepräsident der Liberalen.

Aktuell liegen die Prüfgebühren für die Hauptuntersuchung (HU) und die Abgasuntersuchung bei 161 Euro. Für die Autobesitzer würde demnach insgesamt ein finanzieller Mehraufwand von etwa 1,8 Milliarden Euro entstehen. „Gerade einkommensschwächere Haushalte und Menschen in ländlichen Regionen würden durch die jährlichen Prüfkosten überproportional belastet“, erklärt Rasche. Kürzere Intervalle würden die Verkehrssicherheit nicht signifikant verbessern.

Mehrkosten für Autobesitzer insgesamt: 1,8 Milliarden Euro

Im Jahr 2012 waren in der EU technische Mängel für sechs Prozent aller Unfälle verantwortlich. Innovationen in der Verkehrssicherheit haben den Wert mittlerweile auf 0,7 Prozent abschmelzen lassen. „Ein HU-Zwang wäre teuer, bürokratisch und nutzlos“, heißt es bei den Liberalen.

Am Donnerstag wurde im Düsseldorfer Landtag über die Pläne der Europäischen Kommission debattiert. In äußerst seltener Einmütigkeit stimmten CDU, Grüne, SPD und AfD einem Antrag der Liberalen zu, in dem die Landesregierung aufgefordert wird, ihren Einfluss auf Bundesebene geltend zu machen und Widerstand gegen die Pläne zu leisten. NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) signalisierte seine Unterstützung. Die Regulierung des KfZ-Wesens durch die EU habe in der Vergangenheit auch zu Fortschritten geführt, erklärte der Politiker aus Düren. Der aktuelle Vorschlag sei aber „nicht sinnvoll“. Schwere Verkehrsunfälle würden vor allem durch überhöhte Geschwindigkeit, Ablenkung, zu geringem Abstand oder Alkoholkonsum verursacht – und nicht durch Mängel an älteren Fahrzeugen.

Auch der ADAC geht davon aus, dass eine Verkürzung der HU-Fristen auf ein Jahr keinen messbaren Einfluss auf die Verkehrssicherheit hat. Der Umfang der Hauptuntersuchung sei in den letzten Jahren aufgrund der komplexeren Fahrzeuge deutlich erweitert worden. „Dank regelmäßiger, sachverständiger und umfassender technischer Inspektionen zeichnet sich die deutsche Fahrzeugflotte durch eine geringe Quote technischer Mängel aus“, erklärte der Automobilclub. 

Bevor der EU-Vorschlag in Kraft treten kann, müssten das EU-Parlament und die EU-Staaten zustimmen.