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Friedensnobelpreis für Trump?Serap Güler hätte „kein Problem damit“

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Serap Güler bei den Vereinten Nationen in New York.

Serap Güler bei den Vereinten Nationen in New York.

Die Kölner CDU-Politikerin Serap Güler hat als Staatsministerin des Auswärtigen Amts an der Generalversammlung der Vereinten Nationen teilgenommen. 

Sie haben US-Präsident Trump bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen erlebt. Trauen Sie ihm zu, den Krieg im Gaza-Streifen zu beenden?

Drehen wir es mal um: Wer, wenn nicht die Amerikaner, könnte den Weg zum Frieden ebnen im Nahen Osten? Der 20-Punkte-Plan, den Präsident Trump jetzt beim Besuch von Premierminister Netanyahu im Weißen Haus vorgestellt hat, ist der konkreteste Friedensplan, den es in jetzt fast genau zwei Jahren Krieg gegeben hat. Und es ist ganz klar: Ohne die Generalversammlung der Vereinten Nationen letzte Woche wäre es nicht dazu gekommen. Da liefen die Drähte heiß, auch unsere. Sie können sich das so vorstellen: Während im Saal der Generalversammlung der Vereinten Nationen ein Land nach dem anderen spricht, finden am Rande unzählige Gespräche statt – alle sind in New York und sprechen direkt miteinander. Da haben wir den Wert klassischer Diplomatie live erlebt. Jetzt gibt es wenigstens eine Chance auf Frieden, und wir hoffen sehr, dass auch die Hamas diese Chance ergreift und dieser Krieg endlich ein Ende findet.

Sollte Trump im Erfolgsfall den Nobelpreis erhalten?

Wir warten jetzt, wie die Hamas auf den Plan reagiert. Wenn tatsächlich alle Geiseln freigelassen werden, das Leid und die humanitäre Katastrophe in Gaza beendet werden und es zu keiner Vertreibung kommt, so wie es Trumps Plan vorsieht, dann heißt das zwar noch nicht Frieden, aber wir sind diesem ein ganzes Stück näher. Vielleicht so nah wie kaum zuvor. Wenn das alles so kommt, dann hätte jeder, der daran mitgewirkt hat, eine Medaille verdient. Wenn Trump deshalb den Nobelpreis bekommt, hätte ich kein Problem damit.

Die USA waren ein wichtiger Partner Deutschlands in den Vereinten Nationen. Wie werden sich die Beziehungen entwickeln?

Ich war im Raum, als Präsident Trump die Rede der USA vor der Generalversammlung gehalten hat. Und ja, wenn sie das mit der deutschen Rede des Außenministers vergleichen, ist das schon ein Kontrast. Aber klar ist auch: Die USA sind und bleiben der wichtigste Alliierte und Partner für die EU. Das Fundament ist solide, und darüber spannt sich ein Netz zahlloser Verbindungen.

Deutschland kandidiert 2026 für den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Wie ist Ihr Blick auf die Abstimmung?

Wir Deutschen und Europäer sind aus tiefer Überzeugung Mitglied in den Vereinten Nationen. Wir wissen genau: Gut leben können wir nur in einer Welt, in der das Recht stark ist, und nicht das Recht des Stärkeren gilt. Daher kämpfen wir für eine regelbasierte Welt, für den Multilateralismus und für die Vereinte Nationen. Das verbindet uns übrigens mit einem Großteil der Welt, das habe ich bei der Generalversammlung wieder gemerkt. Unser Angebot an die Welt ist also: Wir wollen im Sicherheitsrat eine starke Stimme des Multilateralismus sein. Dafür haben wir letzte Woche in vielen Gesprächen geworben.

Sie haben in New York auch Präsident Selenskjy getroffen, der die Versammlung nutzte, um gemeinsam mit seiner Frau auf das Schicksal der entführten ukrainischen Kinder aufmerksam zu machen. Was kann die internationale Gemeinschaft unternehmen, um den Verschleppten zu helfen?

Ja, das war ein wirklich besonderer Moment. Man spürte da so richtig, wie Wolodymyr Selenskyj und Olena Selenska das Schicksal der tausenden ukrainischen Kinder und ihrer Familien auf ihren Schultern tragen. Sie haben gebeten, dass Regierungen auf der ganzen Welt den Druck auf Russland erhöhen, damit diese Kinder wieder nach Hause zurückkehren können. Und sie haben um konkrete Hilfe gebeten für die ersten Kinder, die den Weg zurück gefunden haben – ganz konkrete Hilfe, damit die Kinder zu Hause Unterbringung finden und psychologische Betreuung. Deutschland und die EU helfen auch hier der Ukraine. Da war auch sehr viel Dankbarkeit und Verbundenheit im Raum.

Im Bereich Migration rücken Außenpolitik und Innenpolitik immer enger zusammen. Was bedeutet das für das Regierungshandeln?

Absolut. Letztens war Bundeskanzler Merz bei uns im Auswärtigen Amt zur Konferenz aller deutschen Botschafterinnen und Botschafter und das war genau sein Punkt: Im heutigen globalen Kontext verschwimmen die Grenzen zwischen Außenpolitik und Innenpolitik immer mehr. Wir brauchen Außenpolitik aus einem Guss. Unsere Prioritäten sind Sicherheit, Freiheit und Wohlstand – das müssen wir weltweit vertreten, wenn wir es im eigenen Land erreichen wollen. Gemeinsam mit unseren europäischen Partnern, denn nur so haben wir im 21. Jahrhundert Gewicht. Bei der Migrationspolitik wird das sehr deutlich. Keines der Probleme mit irregulärer Migration können wir alleine lösen. Versuchen Sie mal, Rückführung abgelehnter Asylbewerber zu bewerkstelligen, ohne mit unseren Partnern in Europa und Herkunftsländern vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. Da müssen Außenpolitik und Innenpolitik reibungslos zusammenwirken. Und das gilt übrigens genauso für die Gewinnung von Fachkräften, die wir so dringend brauchen. Sie glauben gar nicht, wie viele Menschen sich an mich wenden, weil sie Fachkräfte aus dem Ausland holen wollen, aber an Bürokratie und Wartezeiten für Arbeitserlaubnis und Visa scheitern. Das muss sich ändern, und da arbeiten wir in der Bundesregierung hart dran.

Was ist das Fazit ihres Besuchs bei den Vereinten Nationen?

Mein Fazit ist: Der Multilateralismus ist längst nicht tot – aber wir müssen für ihn kämpfen. Das beginnt bei jedem von uns im Kopf. Es ist so einfach, heute in die Welt zu schauen und die Hoffnung zu verlieren, zu glauben, früher sei es besser gewesen oder wir müssten uns nur in die eigene kleine Welt zurückziehen. All das hilft nicht – wir müssen die Hand ausstrecken und das Herz aufmachen, und dann mit klarem Blick unsere Interessen vertreten und Partner dabei suchen.

Sie haben Ihre Reise für die Richterwahl in Berlin für einen Tag unterbrechen müssen, sind dafür zusätzlich hin und her geflogen. Bereitet Ihnen das – mit Blick auf den Klimaschutz – kein schlechtes Gewissen?

Stimmt, ich musste aus New York nach Berlin und zurück, um meine Stimme für die Richter des Bundesverfassungsgerichts im Bundestag abzugeben – da hätte ich mir auch eine virtuelle Abstimmung gewünscht und die Fliegerei gespart… Aber so ist es, die Aufgabe im Auswärtigen Amt bedeutet eben auch, viel um die Welt zu reisen. Ich habe halt eine dreifache Verantwortung – als Vorsitzende der CDU Köln, als Mitglied des Bundestags in Berlin und als Staatsministerin im Auswärtigen Amt. Letzte Woche kam da alles zusammen: New York, Berlin und am Ende die Stichwahlen in Nordrhein-Westfalen.

Sie sind Vorsitzende der Kölner CDU. Haben Sie nach der Wahlpleite bei der Kommunalwahl an Rücktritt gedacht?

Nein. Ich bin seit April Vorsitzende der CDU Köln. Ich habe den Vorsitz in einer schweren Zeit für die Partei übernommen und werde jetzt in einer erneut schwierigen Zeit nicht einfach hinschmeißen. Zur Wahrheit gehört auch: Wir haben es zwar leider nicht geschafft, den Oberbürgermeister zu stellen, sind aber zweitstärkste Partei geworden, trotz Verlusten, die alle Parteien der Mitte hatten. Die einzigen, die besser abgeschnitten haben, sind die politischen Ränder. Das macht mir Sorge und ich möchte mit meiner Partei dazu beitragen, wieder die Mitte in dieser Stadt zu stärken.