Personalprobleme führen immer wieder zu Betreuungsengpässen an den Kitas. Eine Reform des Kinderbildungsgesetzes soll jetzt für mehr Stabilität im System sorgen.
Schwarz-Grün stellt Kita-Reform vorGrößere Gruppen sollen Schließungen verhindern

Spielzeug liegt in einer Kindertagesstätte auf dem Boden.
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NRW-Familienministerin Josefine Paul will den Kitas erlauben, in Ausnahmesituationen die Gruppenstärke in den Einrichtungen zu erhöhen. Das geht aus dem Entwurf für eine Änderung des Kinderbildungsgesetzes (Kibiz) hervor, den die Grünen-Politikerin jetzt vorgestellt hat. Danach sollen in den Gruppen für Kinder unter drei Jahren künftig bis zu 13 Kinder betreut werden dürfen, bislang waren zehn Kinder erlaubt. Bei Gruppen mit älteren Kindern dürfen bis zu vier zusätzliche Kinder aufgenommen werden. Die geplanten Änderungen sollen mehr „Verlässlichkeit und Stabilität“ in die frühkindliche Bildung bringen, sagte Paul. Ziel sei es, „die Chancengerechtigkeit für die Kinder in unserem Land zu verbessern“.
Nach einem Bericht der Landesregierung hat es in den Kitas von NRW in diesem Jahr mehr als 30.000 Meldungen über personelle Unterbesetzungen gegeben. In 7355 Fällen mussten Kitas ganz oder teilweise schließen, weil Personal fehlte. Mit der Kibiz-Reform sollen die Kitas jetzt flexibler auf Engpässe reagieren können. Die Ausnahmeregelungen dürfen allerdings nicht länger als sechs Wochen dauern und müssen durch die örtlichen Jugendämter genehmigt werden.
Kernöffnungszeiten sollen kommen
Den Kitas soll es zudem ermöglicht werden, ihr Personal gezielter einsetzen zu können. So soll es künftig möglich sein, dass die Einrichtungen Kernöffnungszeiten zu definieren, in denen eine ausreichende Zahl von Fachkräften präsent sein muss. In den Randzeiten können auch Ergänzungskräfte eingesetzt werden. Einzelheiten dazu sollen noch in einer Personalverordnung festgelegt werden.
Neu festgelegt werden auch die Zahl der buchbaren Betreuungszeiten. Während die Eltern bislang nur 25, 35 oder 45 Stunden buchen konnten, sind künftig auch 30 bzw. 40 Stunden möglich. Damit will man den Bedürfnissen der Eltern entgegenkommen, die bislang oft mehr Stunden bezahlen müssen, als tatsächlich nötig wären. Das Land erhofft sich Einsparungen, weil damit auch der Zuschussbedarf sinkt.
Der Gesetzentwurf sieht zudem eine Personaloffensive vor, für die mindestens 50 Millionen Euro jährlich ausgegeben werden soll. Dafür erhöht das Land die Grundfinanzierung der Träger ab 1. August 2027 um jährlich zusätzlich 200 Millionen Euro. Rund eine Million Euro soll für Zuschüsse bei der Ausbildung und Qualifizierungsformate bereitgestellt werden.
Land will Sozialindex für Kitas erstellen
Viele Grundschulen in NRW beklagen, dass eine große Anzahl von Erstklässlern über zu geringe Sprachkenntnisse verfügen. Das Land will jetzt einen Sozialindex für Kitas erstellen lassen, aus dem hervorgeht, in welchen Stadtvierteln sich die Einrichtungen mit multiplem Förderbedarf befinden. Diese sollen als „Chancen-Kitas“ besonders gut ausgestattet werden, wobei ein Fokus auf der Sprachförderung liegen wird.
Die regierungstragenden Fraktionen von CDU und Grünen begrüßten die geplanten Änderungen. Eileen Woestmann (Grüne) erklärte, mit den Chancen-Kitas würden personelle und finanzielle Ressourcen dort gebündelt, wo der Bedarf am höchsten sei. „Es ist sehr gut, dass dadurch gerade die Kinder und Familien in den Blick genommen werden, die es am meisten brauchen“, sagte Woestmann.
„Fokus auf Sparmaßnahmen“
Jens Kamieth (CDU) betonte, die Eckpunkte der Reform seien gemeinsam mit den Kommunalverbänden, freien und kirchlichen Trägern erarbeitet worden. „Auch die nächsten Schritte gestalten wir im engen Schulterschluss mit den Beteiligten, damit die vereinbarten Leitlinien konsequent und praxistauglich umgesetzt werden“, erklärte Kamieth.
Dennis Maelzer, familienpolitischer Sprecher der SPD, übte hingegen scharfe Kritik an den Plänen. Der vorgelegte Entwurf lege „keinen Fokus auf Qualität, sondern auf Sparmaßnahmen“. Bei den Gruppengrößen lege die Landesregierung den „Rückwärtsgang“ ein. „Das ist keine gute frühe Bildung, das ist zusätzlicher Stress für Kinder und Beschäftigte“, sagte Maelzer. Der Einsatz von Fachkräften soll „künftig nach Kassenlage der Träger“ erfolgen.
