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Vom Mann zur FrauNRW regelt Umgang mit Gefangenen, die ihr Geschlecht wechseln

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Fenster der Zellen in der JVA in Köln-OssendorfArton Krasniqi

Fenster der Zellen in der JVA in Köln-Ossendorf

Wie behandelt man einen männlichen Gefängnisinsassen, der sich plötzlich zur Frau erklärt? Ein neues Gesetz soll den Justizvollzugsanstalten in NRW Rechtssicherheit geben.

Was macht man mit einem männlichen Gefangenen, der sich nach dem neuen Selbstbestimmungsgesetz kurzerhand zur Frau erklärt? Automatisch in die Abteilung für weibliche Häftlinge kann man ihn/sie kaum verlegen. Um den Anstalten Rechtssicherheit zu geben, plant NRW ein neues Gesetz in NRW. Es regelt auch, wer in derartigen Fällen Leibesvisitationen macht.

Im Begleittext des Gesetzentwurfs der Landesregierung heißt es: „Um das Recht jeder Person auf Achtung und respektvolle Behandlung in Bezug auf die geschlechtliche Identität zu verwirklichen, werden die Grundsätze der Vollzugsgestaltung um den Belang der geschlechtlichen Identität ergänzt.“ Bisher gibt es laut Gesetz im Knast nämlich nur Männer und Frauen.

Daher ist die alte Regelung auch: Männer durchsuchen Männer, Frauen tasten Frauen ab. In dem neuen Gesetz sind viele andere Fälle berücksichtigt: Männer, die laut Standesamt Männer sind, sich aber als Frauen sehen, oder Personen, die sich selbst keinem Geschlecht zugehörig fühlen oder auch Menschen, die ihren Personenstand tatsächlich schon geändert haben.

Keine „genderneutralen“ Trakte

Bei allen wird den Justizvollzugsanstalten in dem Gesetz das Recht gegeben, eine Einzelfallentscheidung zu treffen. Mit anderen Worten: Wenn ein Häftling sich scheinbar nur aus Jux selbst zur Frau erklärt, kann er weiter von einem Mann durchsucht werden. Wenn ein Gefangener sich selbst als divers bezeichnet, wird es eine Absprache geben.

Das gilt auch für die Unterbringung. Es bleibt bei einem Männer- und einem Frauentrakt, es wird also keine „genderneutralen“ Bereiche geben. „Die Zahl der betroffenen Gefangenen im nordrhein-westfälischen Strafvollzug rechtfertigt die Unterbringung in eigenständigen Anstaltsbereichen nicht“, heißt es im Begleittext zum Gesetzesentwurf: „Zudem würde eine solche Unterbringung eine nicht erwünschte soziale Isolation dieser Personengruppe bedeuten.“

Die Anstalten dürfen künftig vom strikten „Trennungsgrundsatz“ von Männern und Frauen abweichen. Das wird bisher schon so gehandhabt – nur ohne rechtliche Grundlage. So haben laut Justizministerium bislang fünf Inhaftierte (vier Männer und eine Frau) nach dem Selbstbestimmungsgesetz ihr Geschlecht gewechselt. Alle kamen in den jeweils anderen Trakt – in einem Fall machte man das aber auch wieder rückgängig.

Minister: Wir schaffen „Handlungssicherheit“

Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Mit dem Gesetzesentwurf werden auch weiterhin angemessene Entscheidungen im Einzelfall ermöglicht. Damit schaffen wir wieder Handlungssicherheit für unsere Bediensteten. Die Interessen und Bedürfnisse der betroffenen Personen, wie auch die der übrigen Inhaftierten sowie die Sicherheit und Ordnung der Anstalten können so in Ausgleich gebracht werden.“

Horst Butschinek, NRW-Chef des Bundes der Strafvollzugsbediensteten, sieht das kritischer. Er sagte dieser Zeitung: „Das Gesetz ist das eine, aber wir brauchen zusätzlich verbindliche rechtliche und organisatorische Vorgaben für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort in den Strafvollzugsanstalten. Die Einzelfallentscheidungen, die auf sie zukommen, müssen nach klaren und überprüfbaren Kriterien getroffen werden – notfalls mit externer Expertise. Aber die Verantwortung für diesen sensiblen Bereich darf nicht einfach bei den Kolleginnen und Kollegen abgeladen werden.“