SPD-Forderung nach Mietenstopp„Wir brauchen ein Sondervermögen von mindestens 50 Milliarden Euro“

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Neubau-Wohnungen im Berliner Bezirk Schöneberg.

Neubau-Wohnungen im Berliner Bezirk Schöneberg.

Die Mieten sollen um maximal sechs Prozent in drei Jahren steigen dürfen, fordert die SPD. Bauherren warnen vorm Abwürgen von Neubauprojekten.

Der Vorstoß der SPD-Fraktion, Mieterhöhungen bundesweit deutlich zu begrenzen, hat am Montag gemischte Reaktionen ausgelöst: Während sich die Immobilienwirtschaft entsetzt gab, können Mieterverbände und Gewerkschaften dem sogenannten „Mietenstopp“ durchaus etwas abgewinnen. „Es ist doch schon sehr, eigentlich müsste man sagen zu, lange bekannt, dass sich viele Menschen die oft horrenden Mieten nicht leisten können“, sagte der IG-BAU-Vorsitzende Robert Feiger dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) – und forderte zugleich weitere Schritte.

Bekanntgeworden war die Idee am Sonntag, einigen Medien lag eine Beschlussvorlage für die Fraktionsklausur in Wiesbaden vor. Die Fraktion plante demnach ein Maßnahmenpaket, dass unter anderem Indexmieten beschränkt, Eigenbedarfskündigungen erschwert und die Definition von Mietwucher ausdehnt. In sich hat es vor allem die angedachte Verschärfung der Mietpreisbremse: Wie mehrere Medien berichteten, sollen Mieten in Regionen mit angespannten Wohnungsmarkt binnen drei Jahren maximal um sechs Prozent steigen, bislang sind 15 Prozent erlaubt.

Haus & Grund: „Ein Mietenstopp würgt den Wohnungsbau endgültig ab“

In der Immobilienwirtschaft hat dieser sogenannte Mietenstopp Entsetzen ausgelöst: „Jegliche Regulierung, jede Deckelung wird nur dazu führen, dass in Deutschland keine einzige Wohnung mehr errichtet wird“, warnte Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilienausschusses (ZIA). „Mit einem Mietenstopp gewinnt man vielleicht Wahlkämpfe, aber würgt den Wohnungsbau endgültig ab“, ärgerte sich Haus-und-Grund-Präsident Kai Warnecke gegenüber dem Handelsblatt. Weitere Verbände waren ebenso wie einige Ökonominnen und Ökonomen kaum milder gestimmt.

Die Branche befürchtet durchgehend, dass die Aussicht auf geringere Renditen weitere Bauherren von der Errichtung von Wohnungen abschrecken könnte - in einer Zeit, in der schon die von der Bundesregierung angepeilten 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr meilenweit entfernt sind. Gebraucht würden viel mehr Programme um den Wohnungsbau anzukurbeln, sagte deshalb etwa ZIA-Präsident Matthes und rief nach Entbürokratisierung, KfW-Krediten, einem Verzicht auf Abgaben sowie erweiterten Abschreibungsmöglichkeiten, der sogenannte degressiven AfA.

Wie aus einer weiteren Beschlussvorlage vom Montag hervorgeht, ist die deutliche Absenkung der Kappungsgrenze allerdings Zukunftsmusik: „Zeitnah“, so steht es im dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegenden Dokument, strebt auch die SPD-Fraktion die im Koalitionsvertrag vereinbarten maximal 11 Prozent Mietsteigerung binnen drei Jahren an. Im Zuge der ebenfalls in der Koalition vereinbarten Evaluation der Mietschutzregelungen will sich die SPD nun aber auch für den ambitionierteren Mietenstopp einsetzen.

Der Deutsche Mieterbund (DMB) begrüßte das am Montag: Sieben Millionen Menschen seien bereits durch ihre Wohnkosten überlastet, es drohten soziale Verwerfungen. „Es braucht jetzt handfeste Maßnahmen, die den Mieterinnen und Mietern sofort helfen“, sagte DMB-Präsident Lukas Siebenkotten. Dem Bundesjustizminister warf er erneut eine Blockadehaltung bei Mietrechtsthemen vor. Nicht einmal die Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag seien bislang umgesetzt worden, beklagte Siebenkotten.

Staatlicher Wohnungsbau als Ergänzung oder Alternative diskutiert

„Mietsenkend wirkt auf jeden Fall auch der Bau von neuen Wohnungen“, betonte allerdings Gewerkschafter Feiger gegenüber dem RND. „Wir brauchen ein Sondervermögen von mindestens 50 Milliarden Euro, um genügend Sozialwohnungen bis zum Jahr 2025 zu bauen und weitere 22 Milliarden Euro noch in dieser Legislaturperiode, um auch Wohnungen zu erstellen, die bezahlbar sind“, sagte Feiger. Den Mietenstopp begrüßte er ausdrücklich, „der Mix aus beiden Vorschlägen wird sicherlich dazu führen, dass die soziale Schieflage abgemildert wird“, zeigte sich der Gewerkschafter überzeugt.

Ob er damit insbesondere in der SPD Gehör findet, bleibt abzuwarten. Ein öffentliches Wohnungsbauprogramm, wie es auch die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang jüngst forderte, lehnt Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) unter Verweis auf die Schuldenbremse ab. Im SPD-Parteivorstand wirbt neuerdings aber Gustav Horn dafür, staatlicherseits in den kommenden fünf Jahren 50 Milliarden Euro in den Wohnungsbau zu investieren, bevorzugt über kommunale oder gemeinnützige Träger. „Die beste Möglichkeit wäre, das Programm komplett über höhere Steuern zu finanzieren“, schrieb der Wirtschaftsprofessor in einem Aufsatz für das Fachportal Makroökonom.

SPD will mit Forderung vor allem die FDP unter Druck setzen

Zum Mietenstopp signalisierten Grünenpolitiker am Montag Zustimmung, die FDP zeigte sich deutlich skeptischer: „Ein bundesweiter Mietenstopp würde dem Wohnungsmarkt und Millionen von Mieterinnen und Mietern mehr schaden als nützen“, sagte der wohnungspolitische Fraktionssprecher Daniel Föst dem RND. In Berlin sei nach dem vergleichbaren Mietendeckel das Angebot an Mietwohnungen eingebrochen, „diese Mietenstopp-Ideologie hat nie und nirgends funktioniert“.

Ob er den Vorstoß deshalb ablehne, beantwortete Föst indes nicht – was womöglich dafür spricht, dass bei der bevorstehenden Klausur der Koalitionspartner Bewegung ins Mietrecht kommen könnte. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich wollte den SPD-Vorstoß am Montag denn auch vor allem als Ermunterung in Richtung des liberalen Justizministers Marco Buschmann verstanden wissen.

Es gehe um Punkte, die im Koalitionsvertrag vereinbart wurden und bei denen die Fraktion Notwendigkeiten sehe. „Sowohl die Fragen der Mietenpolitik und des Mietrechts spielen eine Rolle, als auch die Ergänzung durch eine aktive Wohnungsbaupolitik“, sagte der SPD-Fraktionschef bei der Fraktionsklausur in Wiesbaden.

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