Eine zwei Tage nach dem Attentat auf Charlie Kirk gelöschte Studie sorgt für Wirbel. Der US-Präsident geht derweil auf Reporter los.
Trumps Krieg gegen die WahrheitDiese Studie soll nach dem Kirk-Attentat niemand mehr lesen

US-Präsident Donald Trump im Oval Office. Im Hintergrund ist US-Justizministerin Pam Bondi zu sehen. (Archivbild)
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„Militanter, nationalistischer, gewalttätiger Extremismus weißer Supremacisten hat in den Vereinigten Staaten zugenommen. Tatsächlich übersteigt die Zahl der rechtsextremen Anschläge weiterhin alle anderen Arten von Terrorismus und gewalttätigem Extremismus im Inland. Seit 1990 haben Rechtsextremisten weitaus mehr ideologisch motivierte Morde begangen als Linksextremisten oder radikale Islamisten. Bei 227 Anschlägen kamen über 520 Menschen ums Leben. Im gleichen Zeitraum verübten Linksextremisten 42 ideologisch motivierte Anschläge, bei denen 78 Menschen ums Leben kamen.“
So lauten die ersten Sätze einer Studie des National Institute of Justice, die vom US-Justizministerium in Auftrag gegeben worden war, nun jedoch von der Webseite des Ministeriums ohne Angabe von Gründen entfernt wurde.
US-Medien: Studie kurz nach Attentat auf Charlie Kirk gelöscht
Bis zum 12. September sei die Studie über politische Gewalttaten in den USA auf der Webseite noch verfügbar gewesen, das berichten mehrere US-Medien übereinstimmend. Seitdem sehen Besucher nur noch eine Fehlermeldung. „Die angeforderte Seite konnte nicht gefunden werden“, heißt es dort inzwischen. Auf Bitten um Stellungnahme hat das Ministerium demnach bisher nicht reagiert.
Die Löschung der Studie sorgt jedoch für Argwohn: Zwei Tage vor dem Verschwinden der Erkenntnisse über politische Gewalt in den USA hatte das Attentat auf den rechten Influencer Charlie Kirk das Land in den Ausnahmezustand versetzt. Seitdem nutzt die US-Regierung den Mord an dem populären Unterstützer von US-Präsident Donald Trump, um Stimmung gegen „die Linke“ zu machen.
Gelöschte Studie widerspricht Behauptung von Donald Trump
„Wenn man sich das Problem ansieht, liegt es auf der linken Seite. Es liegt nicht auf der rechten Seite“, hatte Trump etwa am Sonntag (14. September) erklärt. Auf die Nachfrage einer Reporterin, die auf die zahlreichen rechten Gewalttaten in den USA verwies, hieß es vom US-Präsidenten schließlich. „Ich habe nicht gesagt, dass es nur eine Seite ist. Aber ich sage, dass die radikale Linke enorme Gewalt verursacht und sie scheint dies in größerem Ausmaß zu tun.“
Auch Vizepräsident J. D. Vance kündigte nach dem Attentat auf Kirk an, gegen die „wachsende und mächtige Minderheit am äußersten linken Rand“ vorzugehen. Er sprach von einer „Pyramide“ von Politikern, Geldgebern, Journalisten und Aktivisten, die zwar nicht alle selbst einen Mord begehen würden. „Viele dieser Leute schaffen aber ein Umfeld, in der Dinge wie diese unweigerlich passieren“, hieß es von Vance.
„Erzählen Sie uns nicht diesen ‚Beide Seiten‘-Mist“
„Eine Seite ist für die überwiegende Mehrheit der politischen Gewalt in Amerika verantwortlich. Und es ist nicht die Rechte“, verkündete derweil auch der republikanische Senator Eric Schmitt auf der Plattform X. „Erzählen Sie uns nicht diesen ‚Beide Seiten‘-Mist. Darauf fällt niemand mehr herein“, fügte der Republikaner aus Missouri hinzu.
Der Kurs der US-Regierung sorgt derweil für drastische Warnungen aus dem demokratischen Lager – auch weil dort befürchtet wird, dass die eigene Partei ebenfalls ins Visier von Trump, Vance und Co. geraten könnte. Anlass für diese Befürchtung gab zuletzt Stephen Miller, der stellvertretende Stabschef im Weißen Haus. „Die Demokratische Partei ist keine politische Partei. Sie ist eine inländische extremistische Organisation“, hatte Miller Ende August erklärt.
„Trump verbreitet Lüge, dass einzige Bedrohung von links käme“
„Es könnte etwas Dunkles auf uns zukommen“, warnte zuletzt der demokratische Senator Chris Murphy. „Der Mord an Charlie Kirk hätte die Amerikaner vereinen können, um sich gegen politische Gewalt zu stellen“, schrieb Murphy weiter. „Stattdessen scheinen Trump und seine antidemokratischen Radikalen eine Kampagne zur Vernichtung abweichender Meinungen vorzubereiten“, führte Murphy aus und fügte hinzu. „Trump und seine Stellvertreter verbreiten die Lüge, dass die einzige Bedrohung von links käme.“
Das von Pam Bondi geleitete Justizministerium hat mit der Löschung der Studie nun offenbar seinen Teil zu diesem Narrativ der US-Regierung beigetragen. Und auch Trump selbst lieferte zu Wochenbeginn erneut Hinweise daraus, dass es ihm offenbar nicht um die Wahrheit geht.
Donald Trump droht Reportern wegen unbequemen Fragen
Nachdem Bondi angekündigt hatte, gegen „Hassrede“ stärker vorgehen zu wollen, konfrontierte der Chefkorrespondent des Senders ABC, Jonathan Karl, den US-Präsidenten mit den Plänen. „Viele Ihrer Verbündeten sagen, Hassrede sei freie Meinungsäußerung“, hielt er Trump vor und wollte wissen, worauf Bondis Ankündigung abziele.
Der US-Präsident, der sich wie auch Vizepräsident Vance in der Vergangenheit stets als Kämpfer für die freie Rede präsentiert hatte, lieferte eine eindeutige Antwort. Das Justizministerium werde vermutlich „Leute wie Sie verfolgen, weil Sie mich so unfair behandeln“, erklärte der Republikaner. „Sie haben eine Menge Hass im Herzen“, warf Trump dem Journalisten schließlich vor.
„Leute wie Sie verfolgen, weil Sie mich so unfair behandeln“
Einem australischen Reporter drohte Trump kurz darauf derweil, dem australischen Premierminister Anthony Albanese von „seinem Ton“ zu berichten. Zuvor hatte der Journalist John Lyons den US-Präsidenten nach seinem nach der Rückkehr ins Weiße Haus angestiegenen Reichtum befragt.
„Woher kommen Sie?“, entgegnete Trump daraufhin. „Sie schaden den Australiern, nicht wahr? Meiner Meinung nach schaden Sie Australien gerade sehr“, hieß es weiter vom US-Präsidenten, ehe er weitere Nachfragen des Reporters mit einem „Ruhe“ quittierte und sich anderen Fragen zuwandte. Das Weiße Haus legte derweil auf X nach, veröffentliche dort ein Video des Wortwechsels und bezeichnete Lyons als „unverschämten ausländischen Fake-News-Versager“.
„Heutzutage ist das in Amerika nicht mehr der Fall“
ABC-Reporter Lyons äußerte sich ebenfalls zu dem Disput vor dem Weißen Haus. „Wenn es unsere Aufgabe als Journalisten ist, den Mächtigen die Wahrheit vorzuhalten, dann sollte es doch akzeptabel sein, dem Präsidenten der Vereinigten Staaten höflich und berechtigte Fragen zu stellen“, sagte Lyons im Gespräch mit seinem Sender. „Aber heutzutage ist das in Amerika nicht mehr der Fall“, fügte der Reporter hinzu.
Derartige Vorfälle seien ein Indiz dafür, dass Trump einen „Krieg gegen die Medien“ führe, warnte der Reporter. Die Löschung der Studie über politische Gewalt lässt diesen „Krieg“ nun auch wie einen gegen die Wahrheit erscheinen.