Die von Trump ausgerufene Waffenruhe im Israel-Iran-Krieg könnte der Anfang vom Ende des Regimes in Teheran sein, sagt der Terrorismus-Experte.
Peter Neumann„Trump hat sein Ziel, den Konflikt zu beenden, erreicht“

US-Präsident Donald Trump am Mittwoch beim Nato-Treffen in Den Haag
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Seit Dienstagmittag hält die Waffenruhe im Krieg zwischen Israel und dem Iran. In den zwölf Tagen des Krieges hat vor allem das iranische Regime gelitten, nicht nur wegen des US-Angriffs auf das iranische Atomprogramm. Das Regime im Iran wurde gedemütigt, sagt der Terrorismusexperte Peter Neumann im Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Nicht sofort, aber bald könne ein Machtwechsel im Iran bevorstehen.
Herr Neumann, sollte die Waffenruhe halten und Frieden einkehren: Wäre das auch ein Erfolg über den Terrorismus, der vom Iran ausgeht?
Die Erfolge gegen den Terrorismus des Irans wurden zum Teil schon vor diesem Konflikt erzielt. Israel hat die Stellvertreter des Irans, wie etwa die Hamas und die Hisbollah, stark geschwächt. Dazu ist nun auch das iranische Regime extrem geschädigt. Es wird kaum in der Lage sein, die „Achse des Widerstands“ am Leben zu erhalten. Die terroristischen Aktivitäten, die vom Iran ausgehen, sind durch diesen Konflikt deutlich geschwächt worden.
Bedeutet das auch eine verbesserte Sicherheitslage in Deutschland und Europa?
Zunächst ja. Es wäre fast schon absurd, wenn der Iran jetzt seine terroristischen Aktivitäten in Westeuropa forcieren würde. Ich halte es deshalb für unwahrscheinlich, dass der Iran beispielsweise über Hisbollah-Netzwerke hier eine neue Front eröffnet.
Das könnte eher dann passieren, wenn die Existenz des Regimes akut gefährdet ist. Dazu könnte es vielleicht in ein bis zwei Jahren kommen – aber nicht jetzt und nicht durch den Druck von außen. Das Regime muss sich im Inneren neu sortieren. Dennoch müssen wir natürlich weiter achtsam sein: Der Iran hat hier Netzwerke und bereits in der Vergangenheit terroristische Anschläge versucht und zum Teil sogar durchgeführt.

Terrorismus-Experte Peter Neumann (Archivbild)
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Also könnten die aktuellen Entwicklungen der Anfang vom Ende des iranischen Regimes sein?
Das könnte sein. Es wird für das Regime ganz schwierig, seine Autorität wieder aufzubauen. Das liegt zum einen am durch die USA beschädigten Atomprogramm, zum anderen an den gezielten israelischen Angriffen. Sie haben strategische Positionen des Regimes inklusive der Befehlskette außer Gefecht gesetzt. Das iranische Regime ist geschwächt und gedemütigt.
Allerdings ist die Hoffnung der Israelis unrealistisch, dass es zu einem sofortigen Regimewechsel kommen wird. Wenn der Druck von außen nachlässt und die Situation im Inneren instabil bleibt, könnten Oppositionsgruppen davon profitieren. Das wird die Geschichte der nächsten ein oder zwei Jahre sein.
Welche Rolle spielt dann der Westen?
Es ist wichtig, dass sich der Westen auf diese Szenarien vorbereitet. Europa und die USA sollten sich überlegen, was sie unternehmen können, um die Opposition im Iran zu stärken. Und auch für die Zeit danach, wenn das Regime gestürzt ist, sollten jetzt schon Pläne erarbeitet werden, wie es weitergehen kann.
US-Präsident Donald Trump überschüttet sich nach dem Erreichen der Waffenruhe mit Lob. Tut er das zu Recht?
Er hat sein Ziel, den Konflikt zu beenden, erreicht. Das kann man ihm nicht absprechen. Er hat das iranische Atomprogramm stark beschädigt und dabei eine Situation herbeigeführt, in der sich die USA wieder aus dem Konflikt zurückziehen können. Er wird mit Recht sagen, dass er etwas geschafft hat, woran sich die Europäer und andere US-Regierungen viele Jahre lang die Zähne ausgebissen haben – nämlich das iranische Atomprogramm deutlich zurückzuwerfen. Auch, wenn noch nicht klar ist, wie lange das halten wird, ist das ein Erfolg. Die große Frage ist, was er daraus macht.
Glauben Sie, dass die Waffenruhe zwischen Israel und dem Iran hält?
Noch gibt es Spannungen und einige kleinere Angriffe. Aber eigentlich ist dieser Krieg vorbei. Der Iran hat bereits am Montag signalisiert, dass er an einem weiteren Konflikt nicht interessiert ist – auch durch den sehr moderaten Vergeltungsschlag gegen die USA. Und wenn Trump den Israelis sagt, dass der Krieg vorbei ist, müssen sich die Israelis daran halten, weil sie von den USA abhängig sind.