„Papa, du warst ein Gesamtkunstwerk“Familie, Politik und Gesellschaft nehmen Abschied von Wolfgang Schäuble

Lesezeit 4 Minuten

Mit einem großen Trauergottesdienst und militärischem Ehrengeleit wurde an den einflussreichen CDU-Politiker erinnert.

Mit einer großen Trauerfeier und militärischen Ehren haben sich am Freitag Familie, Freunde, Politik und Gesellschaft vom gestorbenen CDU-Politiker Wolfgang Schäuble verabschiedet. Der ehemalige Bundestagspräsident und langjährige Minister war nach langer Krebserkrankung am 26. Dezember im Alter von 81 Jahren gestorben.

Tochter Christine Strobl würdigt und erinnert an ihren toten Vater Wolfgang Schäuble

Bewegende Worte fand Christine Strobl. Die Tochter des gestorbenen CDU-Politikers Wolfgang Schäuble nahm so, stellvertretend für die Familie, Abschied von ihrem Vater. „Papa, Du warst ein Gesamtkunstwerk“, sagte sie am Freitag im badischen Offenburg beim Trauergottesdienst mit vielen hundert Gästen vor dem Sarg. Ihr Vater habe gezeigt, was mit Wille möglich sei, dass man nach Niederlagen wieder aufstehen könne, wie man mit sich im Reinen sei und auch, wie man würdevoll sterben könne.

Trauergottesdienst in Offenburg: Christine Strobl, Tochter von Wolfgang Schäuble, steht vor dem Sarg ihres Vaters.

Trauergottesdienst in Offenburg: Christine Strobl, Tochter von Wolfgang Schäuble, steht vor dem Sarg ihres Vaters.

Christine Strobl, ARD-Programmdirektorin und Frau von Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU), erinnerte an den starken Durchhaltewillen ihres Vaters und daran, wie sehr das Attentat, infolgedessen Schäuble auf einen Rollstuhl angewiesen war, die Familie zusammenschweißte.

„Papa ist ohne Mama nicht denkbar gewesen“, sagte Christine Strobl. Sie alle seien immer darauf ausgerichtet gewesen, dass es ihm gut gehe. Als ihre Mutter im Sommer einen schweren Unfall gehabt habe, habe ihr Vater sich zusammengerissen, um ihr etwas zurückzugeben.

Trauergottesdienst für Wolfgang Schäuble in Offenburg: Ein Vater, der niemals aufgegeben hat

Ihr Vater habe viele gesundheitliche Probleme gehabt, die nie in der Öffentlichkeit bekannt wurden. Er habe alle mit unglaublicher Kraftanstrengung gemeistert. Christine Strobl hob aber auch die wichtige Rolle hervor, die Freunde, Beschützer und Pflegekräfte spielten.

Bewunderung und Respekt zeigte die Tochter vor allem dafür, dass ihr Vater niemals aufgegeben habe. Auch kurz vor seinem Tod nicht. So sei ihr Vater am Heiligabend noch morgens in Offenburg im Krankenhaus gewesen, aber nach Hause gekommen. „Er wollte uns nochmal ein gemeinsames Weihnachten schenken.“

Beim Gottesdienst in Offenburg nahmen viele Personen Abschied von Wolfgang Schäuble.

Beim Gottesdienst in Offenburg nahmen viele Personen Abschied von Wolfgang Schäuble.

Das Sterben sei - wie so viele Male zuvor - mal wieder „abgeblasen“ worden. Man habe zusammen „Oh, Du Fröhliche“ gesungen und sei wie immer zusammen am ersten Weihnachtsfeiertag zum Rehrücken-Essen ins Restaurant gegangen. Er habe keine Angst vor dem Sterben gehabt, er sei mit sich im Reinen gewesen. Er habe es nur merkwürdig gefunden, dass er bald weg sein solle.

Friedrich Merz bei Trauerfeier für Schäuble: „Wolfgang, du hast Großes geleistet“

Bei der Trauerfeier hat auch Parteichef Friedrich Merz das Lebenswerk des ehemaligen Bundestagspräsidenten gewürdigt. „Wolfgang: Du hast Großes geleistet - und es ist gut geworden“, sagte Merz bei der Zeremonie in Schäubles Heimatstadt Offenburg am Freitagmittag. Schäuble reihe sich ein „in die erste Reihe der nicht allzu großen Zahl der deutschen Nachkriegspolitiker, die im wahrsten Sinne des Wortes unsere ‚Geschichte geschrieben‘ haben“.

Der Unionsfraktionschef hob Schäubles Rolle bei der deutschen Wiedervereinigung sowie bei der Entscheidung für Berlin als neue Hauptstadt hervor. Außerdem würdigte Merz das Engagement des früheren Bundesfinanzministers für Europa. Schäubles Krisenmanagement in der Staatsschuldenkrise habe den Euro gerettet, sagte Merz.

CDU-Chef Friedrich Merz hält eine Trauerrede für den gestorbene Politiker Wolfgang Schäuble.

CDU-Chef Friedrich Merz hält eine Trauerrede für den gestorbene Politiker Wolfgang Schäuble.

„Überhaupt Europa: Seine Gedanken zu Europa aus dem Jahr 1994 haben bis heute Gültigkeit und werden bis in die jüngste Zeit hinein immer wieder genannt als Vorbild, wie Europa denn besser funktionieren könnte“, sagte Merz weiter. Wolfgang Schäuble habe Entscheidungen getroffen und „dabei tiefe Spuren hinterlassen“. Er bleibe „vielen von uns ein Vorbild“.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nannte Schäuble in seiner Rede einen „großen Sohn unseres Landes“, einen „leidenschaftlichen Demokraten“ und einen „Herzenseuropäer“. Deutschland verliere mit Schäuble eine „ganz große politische Persönlichkeit“.

Wolfgang Schäuble mit großem militärischen Ehrengeleit verabschiedet

Wolfgang Schäuble erhielt am Freitag auch ein großes militärisches Ehrengeleit. Sargträger trugen unter musikalischer Begleitung am Freitagmittag den Sarg mit Schäubles Leichnam aus der Stadtkirche, wo zuvor die Trauerfeier stattgefunden hatte. Soldaten des Wachbataillons beim Bundesministerium der Verteidigung hatten vor der Kirche in Ehrenformation Aufstellung genommen.

Soldaten begleiten nach dem Gottesdienst bei der Trauerfeier für Wolfgang Schäuble den Sarg auf dem Weg zum Friedhof.

Soldaten begleiten nach dem Gottesdienst bei der Trauerfeier für Wolfgang Schäuble den Sarg auf dem Weg zum Friedhof.

Das Heeresmusikkorps Koblenz spielte Schäuble zu Ehren mehrere Musikstücke, darunter die deutsche Nationalhymne und den Trauermarsch aus dem Oratorium „Saul“ von Georg Friedrich Händel. Hunderte Menschen standen hinter Absperrgittern und verfolgten das Geschehen.

Anspruch auf ein Großes militärisches Ehrengeleit haben nur wenige Personen: etwa verstorbene hochrangige Bundeswehrsoldaten und Personen, deren Verdienste eine militärische Würdigung rechtfertigen, und Politiker mit besonderem Bezug zur Bundeswehr. So wurden unter anderen bereits die verstorbenen früheren Bundeskanzler Helmut Kohl und Helmut Schmidt auf diese Weise geehrt. Schäuble war am zweiten Weihnachtstag im Alter von 81 Jahren nach langer schwerer Krankheit gestorben. (mab/dpa/afp)

KStA abonnieren