„Bin mit 88 Folgen durch – mehrfach“Das „Bibi & Tina“-Universum – aus Vatersicht

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Die Hexe Bibi Blocksberg und ihre Freundin Tina lieben Pferde!

Köln – Es gibt Hörspiel-, Buch- und Filmfiguren, an denen Eltern eigentlich nicht vorbei kommen. Selbst wenn sie versuchen, abends immer nur selbst ausgedachte Einschlafgeschichten zu erzählen, bringt das Kind früher oder später den Mainstream aus der Kita mit nach Hause und redet plötzlich andauernd von Bobo, Conni, Sam oder Elsa. Und stimmt ziemlich sicher irgendwann diesen einen Ohrwurm von den Mädchen und den Pferden an: „Ja, das sind Bibi und Tinaaaa – auf Amadeus und Sabriiiiina…“.

Die Väter vom Blog „Ich bin dein Vater“ kennen das auch. Hier ihr kleiner Info-Guide zum Hörspiel-Kracher „Bibi & Tina“:

„Ich kann offiziell vermelden, dass wir mit allen 88 Episoden von „Bibi und Tina“ durch sind – mit den meisten mehrfach. Und wenn ich „wir“ schreibe, meine ich übrigens auch „wir“: Bibi und Tina haben in den letzten Monaten unsere Küche erobert, unser Auto und mittlerweile auch unseren Fernseher. Aus dem Kinderzimmer sind sie eh nicht mehr wegzudenken. In meinem Kopf hat sich folglich so viel profundes Halbwissen rund um den Martinshof und seine Bewohner angesammelt, dass es einfach mal raus muss. Also, liebe Miteltern, das hier solltet ihr über die Protagonisten von einer der erfolgreichsten Jugendserien Deutschlands (über 36 Millionen verkaufte Hörspiele) wissen, bevor ihr bei Episode eins auf Play drückt!

Bibi Blocksberg – die unbestrittene Heldin

Die für immer 13-jährige Bibi Blocksberg ist ein Kind der 70er Jahre und ganz emanzipiert in die nach ihr benannte Serie gestartet – zumindest war das der Anspruch ihrer Erfinderin Elfie Donnelly. Knapp 40 Jahre später ist sie im Ableger auf dem Reiterhof gelandet – und im Mainstream. Ihre Hobbys und Interessen sind überraschend einfallslos: Bibi verbringt jede freie Minute auf dem Martinshof, hat Frühstücks- und Stalldienst etwas widerwillig im Griff und wirkt besonders dann tollpatschig-süß, wenn sie ihren Schwarm, den ungarischen Meisterreiter Mikosch, anhimmelt.

Und jetzt mal ehrlich: Eine Junghexe, die mit ihrem fliegenden Besen Kartoffelbrei das coolste Transportmittel überhaupt am Start hat, setzt sich stattdessen lieber auf eine schimmelige Stute namens Sabrina? Ich weiß ja nicht. Was soll’s, ich mag Bibi trotzdem: Sie ist witzig, erfinderisch und stellt die Erwachsenenwelt immer wieder in Frage. Das macht sie zu Recht zur unbestrittenen Heldin der Serie.

Tina Martin – ein echter Kumpel

Tina lebt gemeinsam mit ihrer Mutter Susanne und ihrem älteren Bruder Holger auf dem Martinshof, der als Feriendomizil für reitwütige Kinder den Familienunterhalt mehr schlecht als recht sichert. Deswegen müssen alle auf dem Hof mit anpacken. Ihr Vater ist früh bei einem Unfall ums Leben gekommen und der Küchenpsychologe in mir sieht darin den Grund, warum sie ihren Freund, den Junggrafen Alex, schon mit 14 Jahren enger am Zügel führt als ihren Hengst Amadeus. Für eine kleine Eifersuchtsszene oder eine Episode „beleidigte Leberwurst“ ist Tina auf jeden Fall immer gerne zu haben.

Ansonsten ist Tina wahrlich eine Schwiegertochter aus dem Bilderbuch: Zuverlässig, fleißig und höflich wie sie ist, könnte sie auch direkt als Familienmutter in einem Heimatfilm aus den 60er Jahren anheuern. Übel nehmen kann man es ihr trotzdem nicht, denn sie ist gleichzeitig ein echter Kumpel und steht Bibi stets zur Seite.

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Alexander von Falkenstein – Grafensohn ohne Allüren

Alex – wie wir Freunde ihn nennen – ist der Typ, der im Schulbus eigentlich am Tornister heruntergezogen würde. Wird er aber nicht, denn er bewegt sich nur auf seinem schwarzen Hengst Maharadscha fort und ist außerdem ein junger Graf. Trotz seiner aristokratischen Herkunft sucht er sein privates Glück bei seinen bürgerlichen Freundinnen vom Martinshof und die Serie wird nicht müde, zu betonen, wie wenig er sich aus seiner Kohle und Abstammung macht. Das macht wiederum müde. Er ist ein guter Junge, aber wahr ist auch, dass er als Revolutionsführer eher ungeeignet ist. Wenn der gräfliche Vater ruft, dann spurt der gräfliche Sohn ohne Widerworte. Aber nun gut, damit will die Serie uns wahrscheinlich nur helfen: Wenn die Kids nämlich mal nicht gehorchen, steht der Weltuntergang nur wenige Szenen später bevor.

Susanne Martin – die gute Seele

Frau Martin hält den ganzen Laden namens Martinshof zusammen: Ich beneide sie um ihre Ruhe, Ausgeglichenheit und Gutmütigkeit – und ich bin nicht allleinerziehend, selbstständig und permanent am Rand des Existenzminimums unterwegs. Susanne hat stets ein offenes Ohr für alle Sorgen und Nöte dieser Welt – und in der Regel löst sie jedes Problem so mutig wie pragmatisch. Nur mit der Kohle klappt es nicht, so dass regelmäßig Ponys in Verkaufsgefahr schweben oder Löcher in Scheunendächern ungeflickt bleiben. Vor meinem geistigen Auge würde sie eine super Figur als grüne Bürgermeisterin einer mittelgroßen, deutschen Studentenstadt abgeben – stattdessen wird sie in der Serie weniger ob ihrer zwischenmenschlichen Talente geschätzt als wegen ihrer Fähigkeit, einen hervorragenden Butterkuchen aus der Röhre zu zaubern. Irgendwie traurig.

Ein besonders gutes Verhältnis pflegt die Martin zum Grafen Falko – wohl nicht zuletzt, weil er einerseits ihr Verpächter ist und sie andererseits mal was miteinander hatten. Schmutzige Details zur ständeübergreifenden Liaison spart sich die Serie allerdings – Altersfreigabe und so…

Falko von Falkenstein – blasierter Graf mit gutem Herzen

Der Graf ist ein Aristokrat zum lieb haben und mein absoluter Favorit. Er hat zwar einen Stock im Hintern, aber dieser reicht nicht bis an sein gutes Herz. Der blasierte Falko stinkt vor Kohle, legt Wert auf Etikette und Außendarstellung. Besonders gern hört er sich selbst reden, Zuhören ist dagegen nicht seine Stärke und so bringt er so manches Schlamassel höchst selbst ins Rollen. Er gibt sich gerne streng und kühl, aber wenn es hart auf hart kommt, öffnet er sein Herz – und oft genug auch sein Portmonee. Der Graf wohnt standesgemäß in einem Schloss und ihm gehört neben zahlreichen Ländereien auch der Martinshof.

Der etwas verklemmte Falko macht „Bibi und Tina“ auch für Erwachsene erträglich – viele Gags rund um seinen Charakter verstehen die Kinder noch gar nicht, reißen uns Eltern aber regelmäßig aus der Zuhörer-Lethargie. Ach ja, auf Pferde steht der Graf natürlich auch – wer nicht?!

Holger Martin – Bruder und Reitlehrer

Der 18jährige Holger hat es auch nicht leicht: Während seine Mutter die Probleme der Welt löst und seine kleine Schwester mit der Hexe abhängt, bleibt die ganze Knochenarbeit auf dem Martinshof an ihm hängen. Kein Wunder, dass der Reitlehrer hier und da mal versucht, eine ältere Schwester der Ferienkinder in der Dorfdisco aufzureißen. Dafür, dass er sich verpflichtet hat, lebenslang bei Mama auf dem Hof zu bleiben und zu schuften, hält er sich wacker.

Was bleibt hängen von „Bibi und Tina“?

Es ist der reine Wahnsinn, was sich rund um die Hörspielwelt von Bibi Blocksberg, Benjamin Blümchen und Co. analysieren lässt. Ob die Hörspiele aus politikwissenschaftlicher Sicht pädagogisch wertvoll sind, oder die „als positiv bewertete weibliche Emanzipation häufig auf Kosten verschobener Unterdrückungsmechanismen operiert“ steht in meiner privaten Einordnung nicht ganz so im Fokus. Für mich zählt, ob die Serie einigermaßen akzeptable Rollenbilder vermittelt und vor allem, ob sie Spaß macht. Und das tut sie! Die Reihe ist humorvoll, steht für Werte wie Zusammenhalt, Freundschaft und Loyalität und – was ich insbesondere einem Mädchenthema hoch anrechne – misst Äußerlich- und Oberflächlichkeiten keinen Wert bei. Also: auf die nächsten 88 Folgen!

Der Text erschien ursprünglich auf dem Blog Ich bin dein Vater.

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