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In Sachen LiebeMein Partner nimmt Dinge, die mir wichtig sind, nicht ernst

Lesezeit 3 Minuten
Ein Mann schaut süffisant lächelnd auf sein Handy, während eine Frau ihn enttäuscht und traurig anschaut. Beide sitzen auf einem Sofa.

Der Partner nimmt Dinge nicht ernst, die der Partnerin wichtig sind: Dadurch entsteht ein emotionales Ungleichgewicht.

Werden eigene Wertvorstellungen belächelt, entsteht ein emotionales Ungleichgewicht. Carolina Gerstenberg erklärt, was da helfen kann.

Mir ist Gendern total wichtig, und ich achte sehr darauf, gendergerecht zu sprechen. Doch mein Partner belächelt mich deswegen. Ich fühle mich mittlerweile nicht mehr ernst genommen. Wie soll ich damit umgehen? (Luisa, 39 Jahre)

Sprache ist mehr als ein Kommunikationsmittel. Sie spiegelt unsere Werte, unsere Wahrnehmung von Welt und unsere Haltung gegenüber anderen Menschen. Das Gendern – die bewusste inklusive Sprache – ist für manche Menschen eine Herzensangelegenheit, während andere es als unnötig oder übertrieben empfinden. Das Gendern drückt den Wunsch nach Gleichberechtigung, Respekt und Anerkennung verschiedener Identitäten aus. Wird dieses Bedürfnis vom eigenen Partner nicht ernst genommen oder gar ins Lächerliche gezogen, entsteht ein emotionales Ungleichgewicht, das sehr belastend sein kann.

Carolina Gerstenberg

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Psychologisch gesehen berührt die Reaktion Ihres Partners also nicht nur eine sachliche, sondern vor allem eine emotionale Ebene. Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie sich durch das Herunterspielen Ihres Anliegens unverstanden fühlen. Ihre Wertevorstellungen werden nicht gespiegelt und respektiert. Das kann das Gefühl der Nähe und des Vertrauens in der Beziehung untergraben.

In einer gesunden Beziehung gibt es Raum für individuelle Überzeugungen. Unterschiedliche Meinungen sind normal. Wichtig ist, dass sie gegenseitig respektiert werden. Wenn Ihnen Gendern wichtig ist, sollten Sie nicht das Gefühl haben müssen, sich dafür rechtfertigen zu müssen oder belächelt zu werden. Wünschenswert wäre eine aufmerksame, wertschätzende Reaktion mit Rückfragen und Interesse daran, zu verstehen, warum dies für Sie so bedeutsam ist. Wie können Sie das Ihrem Partner deutlich machen?

Gespräch statt Konfrontation

Nehmen Sie sich selbst ernst und sprechen Sie Ihren Partner offen auf Ihr Bedürfnis nach Respekt und Anerkennung an. „Mir ist es wichtig, dass du meine Überzeugungen wertschätzt, weil ich mich sonst missverstanden fühle. Ich wünsche mir einen respektvollen Umgang innerhalb unserer Partnerschaft.“

Die Bedeutung hinterfragen

Fragen Sie sich auch selbst, warum Ihnen das Gendern so wichtig ist. Geht es um persönliche Werte, um Solidarität mit marginalisierten Gruppen oder um Selbstachtung? Indem Sie Ihre eigenen Beweggründe reflektieren, können Sie Ihrem Partner verständlich machen, was gendergerechte Sprache für Sie bedeutet – emotional wie ethisch. Im besten Fall lässt sich Ihr Partner darauf ein, versucht Sie zu verstehen, reflektiert sein eigenes Verhalten und entschuldigt sich für den fehlenden Respekt. Möglicherweise hat Ihr Partner eigene Beweggründe, und durch Ihren Anstoß entsteht ein Bewusstsein dafür. Dies kann ein Umdenken bewirken.

Respektvoller Umgang

Überlegen Sie gemeinsam, wie gegenseitige Wertschätzung konkret aussehen kann, ohne dass einer das Gefühl hat, sich verbiegen zu müssen. Achten Sie darauf, Kompromisse zu finden, die für beide Seiten tragbar sind. Was brauchen Sie, um sich gegenseitig wertgeschätzt zu fühlen? Was wünschen Sie sich voneinander? Wie können Sie mit unterschiedlichen Ansichten umgehen?

Gendern ist eine Frage der Haltung. Sie können nicht erzwingen, dass Ihr Partner Ihre Überzeugung teilt – aber Sie dürfen erwarten, dass er sie anerkennt und respektvoll mit Ihnen und Ihren Werten umgeht. Ein offenes Gespräch ist eine Chance, über Werte und Haltungen zu sprechen und Klarheit darüber zu gewinnen, ob diese in Ihrer Beziehung genug Raum bekommen.


Zur Kolumne

Unser Team von Expertinnen und Experten beantwortet Ihre Fragen in der Zeitung: die Psychotherapeuten Carolina Gerstenberg und Daniel Wagner, die Diplom-Psychologinnen Elisabeth Raffauf und Katharina Grünewald, Sexualberaterin Gitta Arntzen sowie der Urologe Volker Wittkamp. Ihre Zuschriften werden anonymisiert weitergegeben. Schicken Sie Ihre Frage an: in-sachen-liebe@dumont.de