Lecktuch, Kondome, PilleMit Jugendlichen über Verhütung reden – ohne Peinlichkeiten

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Mit jugendlichen Kindern sollte man rechtzeitig über die verschiedenen Verhütungsmethoden wie Kondom oder Pille sprechen. 

Köln – Es gibt ja kaum etwas Unangenehmeres, als mit den eigenen jugendlichen Kindern über Sex zu reden – und zwar für beide Seiten. Gemacht werden muss es natürlich trotzdem. Spätestens dann, wenn das jugendliche Kind seinen ersten Freund oder seine erste Freundin mit nach Hause bringt, kommt man um das Thema Verhütung und Geschlechtskrankheiten nicht mehr herum. Wie man das am besten macht, ohne dass es peinlich und unangenehm ist, erklärt die Sexualpädagogin Laura König von Pro Familia Köln.

Locker, sachlich und mit Humor

Der wichtigste Tipp vorweg: Machen Sie keinen Staatsakt aus dem Gespräch, bleiben Sie locker, es darf auch gelacht werden. Wenn Sie Ihrem Kind verkünden: „So! Heute Abend reden wir über Verhütung!“, wird es wahrscheinlich eher eingeschüchtert sein, vor allem, wenn Sie vorher noch nie miteinander über Körper oder Sexualität geredet haben. Im besten Fall lässt sich das Gespräch in den Alltag einbauen, zum Beispiel weil man gemeinsam eine Werbung sieht, die sich mit Sex befasst.

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Laura König arbeitet als Sexualpädagogin bei Pro Familia Köln.

Eine weitere gute Andockmöglichkeit ist der Sexualunterricht in der Schule. Gerade bei Mädchen gibt es in diesem Zusammenhang auch viele andere wichtige Themen, etwa die erste Menstruation oder der erste Besuch beim Frauenarzt oder der Frauenärztin. „Da kann man das Thema Verhütung gut einbinden“, sagt König. Auch Eltern sollten sich vorab Gedanken darüber machen, was ihnen wichtig ist und welche Sorgen sie haben. „Für viele Eltern ist der Gedanke schwierig, dass ihr Kind überhaupt Sex hat“, sagt König.

Das Gespräch auf keinen Fall aufzwingen

Wann und worüber mit dem Kind gesprochen wird, hängt auch davon ab, wie weit das Kind schon ist und womit es sich beschäftigt. „Wenn ein Jugendlicher noch gar kein Interesse an Partnerschaft hat und auch noch nicht verliebt war, muss man ihm ein solches Gespräch nicht aufzwingen. Man sollte darauf schauen, was das Kind sich gerade wünscht und welche Interessen es hat“, lautet Königs Rat. Und weiter: „Suchen Sie das Gespräch am besten Schritt für Schritt. Fragen Sie immer wieder nach, wie es in der Beziehung läuft, was wichtige Themen sind und was gemacht wird.“

Mehr zu den Angeboten von Pro Familia

Auf dieser Internetseite finden Sie weitere Informationen zu den Angeboten von Pro Familia Köln. Die Gespräche können entweder vor Ort in den verschiedenen Beratungsstellen, aber auch anonym online, per Mail, am Telefon oder per Video stattfinden. Auch Eltern sind jederzeit willkommen.

Informationen für Jugendliche (oder Erwachsene, die ihr Wissen noch mal updaten wollen) gibt es hier.

Dienstags von 16 bis 17 Uhr findet eine offene Jugendsprechstunde statt.

Anfragen für sexualpädagogische Workshops an Schulen und in anderen Einrichtungen richten Sie bitte an jan.gentsch@profamilia.de oder an laura.koenig@profamilia.de 

Für viele Kinder ist es sehr unangenehm, mit ihren Eltern über Sexualität zu reden. Deshalb sollten Eltern nicht von Null auf Hundert starten, sondern lieber immer mal wieder Fragen zwischendurch stellen. König: „Oder fragen Sie das Kind einfach mal, ob es Lust hat, über Sex und Verhütung zu sprechen. Wenn es nicht mit den Eltern sein soll, kann das auch mit einer anderen Vertrauensperson geschehen. Auch wir von Pro Familia stehen für Gespräche zur Verfügung. Manchmal ist es einfacher, mit fremden Menschen über Sex zu reden.“

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Über Verhütungsmittel und Krankheiten sprechen

Thematisiert werden sollten auf jeden Fall die unterschiedlichen Verhütungsmittel und ihre Anwendung, aber auch die Fehler, die man machen kann. „Wichtig ist auch zu vermitteln, dass keines der Mittel zu hundert Prozent sicher ist“, sagt König.

Hilfreiche Bücher für Jugendliche und junge Erwachsene

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Gina Loveless/Lauri Johnston: So überlebst du die Pubertät: für jede*n. Aufklärungsbuch und Ratgeber für Kinder und Jugendliche, Loewe Verlag, 192 Seiten, 14,95 Euro, empfohlen ab 10 Jahren  Darum geht es: In bunten und leicht zugänglichen Fragen werden alle Fragen beantwortet, die Jugendliche umtreiben: Was hat es mit den Pickeln auf sich? Warum rieche ich plötzlich so komisch? Wieso stoße ich überall an? Was ist das da für eine Flüssigkeit in meiner Unterhose? 

Für ältere Jugendliche und junge Erwachsene:Leonie-Rachel Soyel/ Sinah Edhofer: Couchgeflüster. Ein ehrliches Buch übers Erwachsenwerden, K & S Verlag, 207 Seiten, 25 Euro. „Ein Buch wie eine beste Freundin“, versprechen die beiden Autorinnen, die den gleichnamigen Podcast „Couchgeflüster“ betreiben. Es geht unter anderem um die erste Liebe und ihr Scheitern, die erste Wohnung und den ersten Job. 

Dazu gehört auch der Hinweis, dass Verhütungsmittel zwar vor einer Schwangerschaft schützen, aber nur das Kondom und das Lecktuch auch sexuell übertragbare Krankheiten verhindern. Vor allem Chlamydien und HPV-Viren sind sehr weit verbreitet. König: „Reden Sie mit den Jugendlichen über diese Krankheiten. Machen Sie Ihnen klar, dass jeder sie bekommen kann und dass man sich deshalb nicht schlecht fühlen muss. Die meisten Krankheiten sind gut zu behandeln, wenn man sie früh genug entdeckt und zum Arzt geht.“ Eine Übersicht über die bekanntesten sexuell übertragbaren Krankheiten und wie man sie behandelt finden Sie hier.  

Machen Sie Ihrem Kind keine Angst!

So ernst und wichtig das Thema ist: Machen Sie Ihrem Kind keine Angst! „Das ganze Thema Verhütung ist sehr negativ behaftet. Es geht immer um Schutz und Prävention und Krankheiten. Manche denken dann vielleicht, dass sie lieber gar keinen Sex haben wollen, wenn das alles so dramatisch ist“, hat König festgestellt. Versuchen Sie also, im Gespräch sachlich und positiv zu bleiben. „Es geht um die reine Information, wie man mit Verhütungsmitteln umgeht, was die Vor- und Nachteile sind und was zu der jeweiligen Person passt“, sagt König. Achten Sie auch darauf, in welcher Sprache Sie mit dem Kind reden und ob Sie alles ohne Scham ansprechen können. Es ist auch in Ordnung, gemeinsam mit dem Kind zu lachen oder auch mal etwas peinlich zu finden. Wenn es dann wirklich soweit ist, bleibt Ihnen nicht mehr viel übrig, als Ihrem jugendlichen Kind zu vertrauen. Und wenn Sie über alles gesprochen haben, können Sie das auch. 

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