Ausruhen kann man lernenWie man im Alltag echte Erholung findet

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Relax: Erholungspausen im stressigen Alltag zu finden, ist gar nicht so leicht.

Köln – Haben Sie auch das Gefühl, einfach nicht zur Ruhe zu kommen? Dann geht es Ihnen wie vielen. Zwei Drittel der Befragten einer weltweiten Ruhe-Studie mit 18.000 Teilnehmern gaben an, dass sie sich mehr Ruhe wünschen würden. Doch was bedeutet Ruhe finden eigentlich genau, warum ist Ausruhen so wichtig und fällt uns dennoch so schwer? Und vor allem: Wie kann es trotzdem klappen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die britische Psychologin Claudia Hammond im Buch „Die Kunst des Ausruhens“ (DuMont Buchverlag, 2021).

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Claudia Hammond, Die Kunst des Ausruhens – wie man echte Erholung findet, DuMont Buchverlag, 2021

„Man kann auf viele Arten ausruhen“, schreibt Hammond, „jeder kommt auf seine eigene Weise zur Ruhe.“ Manche entspannten am besten bei körperlicher Anstrengung, andere in der Badewanne, wieder andere bei einem anspruchsvollen Buch. Doch eins sei ganz wichtig: „Ruhepausen sind kein Luxus, sie sind unverzichtbar, wir sollten sie ernst nehmen.“ Entspannungszeiten könnten dabei helfen, bessere Entscheidungen zu treffen, das Depressionsrisiko zu senken, die Gedächtnisleistung anzukurbeln und Erkältungen vorzubeugen. Andauernd nur Pause zu machen, sei aber wiederum nicht die Lösung. Arbeit und Pausen müssten sich abwechseln. Es gehe um ein „besseres Gleichgewicht zwischen Arbeit, Ruhe und Vergnügen.“

Lesen und Natur – die beliebtesten Aktivitäten zum Ausruhen

Im Buch stellt die Psychologin zehn beliebte Ausruhmethoden ausführlicher vor, nämlich jene Top-Ten-Aktivitäten, die die Teilnehmer der Ruhe-Studie besonders oft als erholsam genannt haben. Sie ergründet und erklärt, warum genau diese Dinge für viele so entspannend sind. Die beliebtesten fünf Ausruhaktivitäten seien an der Stelle bereits schon einmal verraten: Lesen (Platz 1), Zeit in der Natur verbringen (2), Alleinsein (3), Musik hören (4) und nichts Besonderes tun (5).

Echte Ruhe findet man am besten mit sich allein

Auffällig ist, dass fast alle der beliebtesten Ruhe-Tätigkeiten alleine ausgeübt werden – die Punkte „Treffen mit Freunden und Familie“ und „Geselligkeiten“ schafften es bei der Untersuchung dagegen nicht einmal auf die Bestenliste. Viele Menschen fänden erst dann Ruhe, wenn sie alleine und nicht im Kontakt mit anderen seien, schreibt Hammond. „Sie scheinen die himmlische Ruhe, nach der sie sich sehnen, in sich selbst zu finden.“ Es sei eine Zeit zum Nachdenken, um sich den eigenen Gefühlen zuzuwenden, um kreativ zu werden und neue Gedanken zu entwickeln, ohne sich dabei dem Urteil anderer stellen zu müssen. „Wir können sein, wer wir sind.“

Allerdings müsse man unterscheiden zwischen Alleinsein und Einsamkeit. „Alleinsein wird am meisten genossen und ist am nützlichsten, wenn es auf freier Entscheidung beruht und Teil eines ausgewogenen und befriedigenden Lebens ist.“ Habe man keine Wahl, ob man alleine sei oder nicht, dann sei das etwas ganz anderes.

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Rezept zum Ausruhen: Herausfinden, was man erholsam findet

Am Schluss stellt Claudia Hammond die Zutaten des „perfekten Rezepts für Ruhe“ vor und gibt den Lesern eine kleine Anleitung an die Hand, wie man zu echter Erholung kommen kann. Zuallererst müsse man herausfinden, wodurch man selbst am besten entspanne und regeneriere. Und das könne auch eine Kombination von Betätigungen sein. „Was füllt Ihren Energiespeicher wieder auf, wenn Sie erschöpft sind? Was lenkt Sie wirklich von belastenden Gedanken und von den Erwartungen anderer ab?“ Die richtige Antwort darauf sei nicht immer die gleiche und abhängig von der Situation, manchmal brauche man den Fernsehsessel und ein anderes Mal einen Spaziergang.

Pause als Termin: Sich selbst einfach mal Erholung verordnen

Gerade in unserer Welt, in der viele das Gefühl haben, immer etwas tun zu müssen, sei ein Punkt entscheidend: Nämlich sich Ruhepausen überhaupt zu erlauben. Zu oft mache man trotz Müdigkeit weiter, anstatt eine Pause einzulegen. Bei Stress könne es deshalb helfen, sich bewusst 15 Minuten Erholung zu verschreiben und sich mit etwas zu beschäftigen, dass einen beruhige und etwas Abstand bringe. Hammond rät sogar, Auszeiten im Kalender einzutragen. „Überlegen Sie sich zu Beginn des Tages, wann Sie drei oder vier Pausen einlegen wollen. Sie brauchen nicht lang zu sein.“ Und auf keinen Fall solle die Pausenplanung und –umsetzung zu neuem Stress führen. „Werden Sie nicht ausruhsüchtig und kein Entspannungspedant.“

Natürliche Pausen: Herumtrödeln schätzen lernen

Tatsächlich versteckten sich im Tag oft mehr Pausen, als man denke, schreibt Hammond, man müsse sie aber auch wahrnehmen: „Würdigen Sie das Befriedigende, Erholsame des Werkelns und Herumtrödelns. Nehmen Sie es wahr, schätzen Sie es.“ Eine kurze Zeitspanne, die man vielleicht als vergeudet empfinde, das Warten in einer Schlange oder ein paar Minuten vor dem nächsten Meeting, solle man ruhig positiv umdeuten und zum Luftholen nutzen. Einige Momente des Tages könne man auch durchaus bewusst mit weniger Hektik erledigen, zum Beispiel auf dem Weg zum Einkaufen einen kleinen Umweg durch den Park nehmen oder im Zug nicht direkt aufs Handy starren: „Träumen Sie lieber mal mit offenen Augen. Starren Sie ins Leere. Malen Sie Männchen.“

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