GesundheitAb 30 geht es um den Erhalt

Besser als jede Vitaminpille: Täglich Obst und Gemüse essen.
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Uralt werden, körperlich und geistig fit bleiben – „Cronies“ können das. Die Abkürzung steht für „calorie restriction with optimal nutrition“, also: mager und wenig essen. Der Cronie kommt aus Amerika, und liefert bisher vielversprechende Ergebnisse. In der Zeitschrift Focus wird so ein schlankes Cronie-Paar beschrieben. Sie ernähren sich von Obst, Gemüse, Vollkorngetreide und Nahrungsergänzungsmitteln – bis mittags. Danach gibt es nichts mehr. Werden sie eingeladen, schlürfen sie Kräutertee, während die Tisch-Gesellschaft Steaks kaut und Rotwein trinkt. Fraglich ist, ob man mit so einer Lebensweise hundert und älter werden will?
Vitamin D mit Calcium
Vielleicht nicht so alt, aber so gesund wie möglich, das streben Dr. Robert de Dycker und Dr. Kirsten Klamroth für ihre Patienten an. Bei der Menge an Nahrungsergänzungsmittel, die sich Cronies zuführen, können die beiden Ärzte allerdings nur die Köpfe schütteln.
Der Gynäkologe de Dycker und die Allgemeinmedizinerin Klamroth arbeiten seit Jahren zusammen. Lebensstil, Ernährung, Körperbalance, der hormonelle Status, die Angst vor Brustkrebs und Osteoporose sind Gebiete, auf denen sie kooperieren. Kirsten Klamroth ist zudem ausgebildet in traditioneller chinesischer Medizin (TCM), Akupunktur, als Schmerztherapeutin und Ernährungsmedizinerin.
„Bereits ab dem 30. Lebensjahr“, so der Gynäkologe Robert de Dycker, „sollten sich Frauen um die Festigkeit ihre Knochen kümmern. Von da an gilt nur noch, den Status quo zu erhalten – so lange wie möglich.“ In den Wechseljahren leiden Frauen häufig an Vitamin D-Mangel in Kombination mit Hormonmangel. „Zum Schutz der Knochen muss oftmals Vitamin D substituiert werden“, rät de Dycker. Zusammen mit Calcium. „Wird Vitamin D ohne Calcium verabreicht, sind keine guten Ergebnisse zu erwarten.“ Das Vitamin D ist das Auto, das das Calcium in die Garage, also in den Knochen fährt. Ein Mangel an Vitamin D kann zudem Ursache sein für Darmentzündungen, chronische Schlappheit, Rückenschmerzen, Altersdiabetes, Herz-Kreislauf-Probleme und Bluthochdruck.
Wer bereits an Osteoporose leidet, der muss eine langwierige Therapie ertragen, oft verbunden mit Nebenwirkungen. „Bei einigen Mitteln, die man über einen längeren Zeitraum nimmt, können Übelkeit, Bauchschmerzen, Erbrechen und Durchfall auftreten. Schlimmstenfalls fallen die Zähne aus und der Kieferknochen bildet sich zurück.“ Zur Basistherapie für Osteoporose gehört laut de Dycker die Behandlung mit Antikörper-Mitteln wie Prolia.
Während also Vitamin D zusammen mit Calcium eine gute Prophylaxe für Knochen ist, sind andere Vitamingaben lieber zu vernachlässigen. Robert de Dycker: „Rund vier Millionen Euro geben die Deutschen jährlich für Vitamine aus.“ Nur in Apotheken kann man sich mit hochdosierten Vitamin-Mengen versorgen. Discounter und Drogeriemärkte dürfen nur niedrigdosierte Vitamine anbieten.
Kirsten Klamroth: „Vitamine sind nicht unbedenklich. Sie sind oft schon in Lebensmitteln als wildes Gemisch vorhanden, wie in den angeblich gesunden Fruchtgetränken und Müslis.“
Eine fatale Eigenschaft haben die so heiß begehrten Vitamine A, D, E und K. Klamroth: „Sie sind fettlöslich. Abgesehen von Vitamin E werden sie im Körper gespeichert. Das macht sie gefährlich.“ Hochdosierte A- und E-Vitamingaben können den Körper dauerhaft Schaden zufügen. Sowohl de Dycker als auch Klamroth warnen: „Es ist keine Seltenheit, dass Männer und Frauen große Mengen an E und A über ein oder zwei Jahre nehmen. Zuviel Vitamin A kann zu Kopfschmerz, Schwindel, Haarausfall führen, schlimmstenfalls zu Lungenkrebs. Zuviel Vitamin E kann Ursache sein für Prostatakrebs.“ Überdosieren kann man sich im übrigen nur mit Pillen, nicht mit Lebensmitteln.
Bei Nahrungsmitteln geht aber oft der Unsinn in puncto Lebensführung weiter, vor allem wenn sich Männer wie Frauen sinnlos kasteien. Klamroth: „Der komplette Verzicht auf Kohlenhydrate ist ziemlich lebensfremd. Denn das bedeutet eine enorme Einschränkung der Lebensqualität. Es führt dazu, dass die Ernährung fett und eiweißreich ist und auf Dauer Blutfettwerte, Cholesterinwerte und Harnsäure steigen. Man erzielt Abnehmerfolge, aber medizinisch gesehen ist es ungesund.“
Nicht ungesund, aber auch nicht empfehlenswert sind Heilfasten oder Entschlacken. Klamroth: „Ein gesund ernährter Körper muss nicht entschlackt und auch nicht durch Heilfasten auf Vordermann gebracht werden. Das schafft er ganz allein.“ Eine Nulldiät kann bei anfälligen Menschen sogar zu Gallensteinen führen oder die Nieren schädigen. Klamroth: „Der Effekt beim Heilfasten oder Entschlacken ist der, dass die Psyche einen Kick kriegt.“ So auch bei der viel beschworenen „Säure-Basen-Balance“, die man laut Klamroth nicht mit Medikamenten therapieren sollte. Die beste Medizin: viel Gemüse und Obst, vorrangig Wassermelone.
Nicht von der Hand zu weisen ist dagegen, „dass wir ab dem 55. Lebensjahr einen reduzierten Stoffwechsel haben“, so Robert de Dycker. „Wer das nicht berücksichtigt und weniger isst, der nimmt stetig zu und riskiert, an Altersdiabetes zu erkranken.“ Spätestens ab 55 gilt, so de Dycker und Klamroth: „Sobald der Magen zu vier Fünfteln voll ist, sollte Schluss sein.“
